Abendlicher Blick auf Tallinn mit eingeblendetem goldenen Euro-Zeichen

Die estnische Regierung hat beschlossen, ihre Politik der Besteuerung gesundheitsschädlicher Produkte fortzusetzen. Im Rahmen dieser Politik werden auch die Verbrauchssteuern auf Alkohol erhöht.

Estland kann eine beeindruckende Erfolgsbilanz vorweisen, wenn es darum geht, Menschen vor Alkoholschäden zu schützen und die Staatseinnahmen zu erhöhen.

Die neue estnische Regierung wird ihre Politik der Besteuerung gesundheitsschädlicher Produkte, einschließlich Alkohol und Tabak, fortsetzen. Nach den Berichten, dass die neue estnische Regierung die jährliche Preiserhöhung für Alkohol plant, haben sich mehrere Politiker*innen zu Wort gemeldet.

Die neue Regierung wird von Ministerpräsidentin Kaja Kallas von der Reformpartei geführt, die bei den jüngsten Parlamentswahlen eine zweite Amtszeit gewonnen hat. Kallas führt ihre dritte Regierung in ununterbrochener Folge seit Januar 2021, als sie erstmals Regierungschefin wurde. Die neue Gesundheitsministerin ist Riina Sikkut von den Sozialdemokraten (SDE). ERR berichtet, dass Sikkut bei der Wahl zur SDE-Spitze im Jahr 2022 Zweite hinter Läänemets wurde und in der scheidenden Koalition Wirtschafts- und Kommunikationsministerin war. Es ist das zweite Mal, dass sie das Amt der Gesundheitsministerin bekleidet, nachdem sie dies bereits zwischen 2018 und 2019 getan hat. Der neue Finanzminister ist Mart Võrklaev von Kallas' Reformpartei.

Der Kommunikationschef der Sozialdemokratischen Partei, Merlyn Sade, erklärte, die Koalitionsregierung habe sich auf einen langsamen jährlichen Anstieg der Verbrauchssteuern geeinigt. Finanzminister Võrklaev wird die genauen Zahlen bald bekannt geben.

Estland sieht Vorteile der Alkoholbesteuerung

Der designierte Finanzminister der Reformpartei, Mart Võrklaev, betonte die Notwendigkeit einer besseren Steuerpolitik zum Schutz der estnischen Bevölkerung, wie Postimees berichtet. Võrklaev fügte hinzu, dass der grenzüberschreitende Handel ein Thema sei, das die neue Regierung vorsichtig angehen müsse.

[Die Erhöhung der Verbrauchssteuer] sollte auch Teil des Steuerpakets sein, das in der Frühjahrssitzung in den Riigikogu eingebracht werden soll. Wir werden versuchen, den Grundsatz einzuhalten, dass Steueränderungen sechs Monate vor ihrem Inkrafttreten bekannt sein müssen, und wir werden auch die Steuersätze unserer Nachbarstaaten beobachten, um grenzüberschreitenden Handel zu verhindern.«
Mart Võrklaev, in Postimees: Estonia’s new govt planning annual price increase for alcohol, tobacco

33 %

Verringerung des Gesamt-Alkoholkonsums und der Schäden

Estland hat stark unter alkoholbedingten Schäden gelitten. Durch die Umsetzung einer umfassenden, evidenzbasierten Alkoholpolitik ist es dem Land jedoch gelungen, den Alkoholkonsum in den letzten zehn Jahren um ein Drittel zu senken. Infolgedessen sind die alkoholbedingten Todesfälle und Krankheiten deutlich zurückgegangen, und die gesundheitlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen haben sich verringert.

Ein zentrales Element der estnischen Alkoholpolitik ist ein systematischer und evidenzbasierter Ansatz für die Besteuerung von Alkohol.

2,4 %

Beitrag der Alkoholsteuer zu den gesamten Staatseinnahmen

Eine Erhebung des Foresight Center aus dem Jahr 2021 ergab, dass der Beitrag der Alkohol- und Tabaksteuer zum Staatshaushalt mit fast 4,8 % des Haushalts zu den größten in der EU gehört. 2019 erhielt die estnische Regierung 225 Millionen Euro aus der Verbrauchssteuer auf Alkohol.

Dies entsprach 2,4 % aller Steuereinnahmen im Staatshaushalt. Im Vergleich dazu liegt der EU-Durchschnitt bei nur 0,4 %.

Die estnische Alkoholbesteuerung leistet nicht nur einen erheblichen wirtschaftlichen Beitrag, sondern verbessert auch die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen und der Gesellschaft.

Eine Studie aus dem Jahr 2022 hat gezeigt, dass die Erhöhung der Alkoholsteuer in Estland eine Erklärung für den Erfolg bei der deutlichen Verringerung der Zahl der Alkoholtoten im Land sein könnte, insbesondere was die Verhinderung von Todesfällen durch ischämische Herzkrankheiten aufgrund von Alkohol betrifft. Die Forscher*innen verglichen Estland mit dem benachbarten Litauen. Beide Länder haben ehrgeizige alkoholpolitische Lösungen umgesetzt und es geschafft, mit Hilfe wirksamer alkoholpolitischer Maßnahmen eine Trendwende beim Alkoholkonsum und bei den Schäden zu erreichen.

Movendi International berichtet über die Entwicklung der Alkoholpolitik in Estland, weil die Erfahrungen des Landes ein weltweites Beispiel für die Auswirkungen von evidenzbasierten, systematischen und ehrgeizigen Maßnahmen zum Schutz der Menschen vor Alkoholschäden sind.

Estland: Der Beitrag der Alkoholsteuer zum Staatshaushalt ist einer der größten in der EU

Münzstapel und Spielsteine mit der Aufschrift "Steuern"

Eine Untersuchung des Foresight Center zeigt, dass der Beitrag der estnischen Alkohol- und Tabaksteuer zum Staatshaushalt mit fast 4,8 % des Haushalts zu den größten in der EU gehört. Im Jahr 2019 beliefen sich die Einnahmen aus der Alkoholverbrauchsteuer auf 225 Millionen Euro, was 2,4 % aller Steuereinnahmen im Staatshaushalt ausmachte. Im Vergleich dazu liegt der EU-Durchschnitt bei nur 0,4 %.

Erfolgreiche Alkoholpolitik senkt Gesamtmortalität in den baltischen Ländern

Mann freut sich über Erfolg

Diese Studie hat gezeigt, dass Maßnahmen zur Alkoholkontrolle in den baltischen Ländern zwischen 2001 und 2020 zu einem Rückgang der Gesamtmortalität bei Männern geführt haben. Die Gesamtsterblichkeit bei Frauen ging ebenfalls zurück, allerdings nicht signifikant.

Die Ergebnisse dieser Studie tragen zu anderen früheren Studien bei, die die Wirksamkeit von Alkoholkontrollpolitiken bei der Verringerung der Gesamtmortalität zeigen, wenn die »Best Buys« der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für diese Politiken übernommen wurden.

Grenzüberschreitender Handel als Herausforderung für eine ehrgeizige Alkoholpolitik

Gleichzeitig steht die estnische Alkoholpolitik vor einer Reihe von Herausforderungen. Alle baltischen Länder haben Probleme mit den unterschiedlichen Alkoholsteuersätzen und deren Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Alkoholhandel. Das benachbarte Lettland zum Beispiel hat einen niedrigeren Alkoholsteuersatz.

2019 führte ein Alkoholsteuerkrieg zwischen Lettland und Estland dazu, dass Lettland die Alkoholsteuern als Reaktion auf die Entscheidung Estlands, die Verbrauchssteuern auf Alkohol um 25 % zu senken, ebenfalls reduzierte. Lettland beschloss als Gegenmaßnahme, seine geplante Steuererhöhung um 30 % auf nur 5 % zu begrenzen. Das Schicksal der Alkoholpolitik in den beiden Ländern bleibt also eng miteinander verwoben.

Anfang 2020 gingen die Probleme im Alkohol-Grenzhandel zwischen Estland und Lettland weiter, da beide Länder entweder die Alkoholsteuern senkten oder beschlossen, den Satz der geplanten Alkoholsteuererhöhungen zu senken. Estland hatte im Jahr 2019 eine Steuersenkung um 25 % beschlossen. Dies löste in der baltischen Region einen Wettlauf um die niedrigste Alkoholsteuer aus. Dieser Wettlauf nach unten drohte die positiven Auswirkungen zunichte zu machen, die Estland dank seiner erstklassigen Alkoholpolitik, einschließlich Alkoholsteuererhöhungen, erzielt hatte.

Als die Coronavirus-Pandemie ausbrach, brachte die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen Estland und Lettland den Alkoholtourismus zum Erliegen. Nachdem Grenzkontrollen eingeführt wurden, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, ging die Zahl der Est*innen, die die Grenze zum benachbarten Lettland überquerten, um dort Alkohol zu kaufen, deutlich zurück.

Grenzüberschreitender Handel: eine Chance zur Zusammenarbeit

Diese Erfahrung hat den baltischen Ländern den Weg in die Zukunft gewiesen: Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Estland hat gezeigt, dass eine strengere Umsetzung von Gesetzen den grenzüberschreitenden Handel tatsächlich wirksam kontrollieren kann.

Die vergangenen Jahre haben für alle Länder des Baltikums gezeigt, dass eine enge Zusammenarbeit besser ist als ein Wettlauf nach unten, der die Steuereinnahmen untergräbt und den Alkoholkonsum und die Schädigung der Menschen im Baltikum fördert.

Eine Zusammenarbeit ist möglich und hat positive Auswirkungen im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Handel, um den Alkoholtourismus und die Taktiken der Alkoholindustrie zur Ausnutzung des grenzüberschreitenden Handels zu bekämpfen und einzuschränken.

Eine Zusammenarbeit ist auch in Bezug auf die Höhe der Alkoholsteuer möglich.

Lettische Expert*innen und politische Entscheidungsträger*inne haben begonnen, darüber zu diskutieren, dass eine lettische Alkoholsteuererhöhung mit den Nachbarländern im Baltikum koordiniert werden sollte, um ein Gleichgewicht zu schaffen und grenzüberschreitende Handelsprobleme zu verringern – ein Problem, das sich in den letzten Jahren zugespitzt und zu Alkoholschäden in der Region geführt hat.

Die Anhebung der Verbrauchssteuern auf Alkohol ist eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene alkoholpolitische Best-Buy-Lösung, die sich bei der Verhinderung von Alkoholschäden als wirksam erwiesen hat. In allen baltischen Ländern gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie eine evidenzbasierte und auf die öffentliche Gesundheit ausgerichtete Alkoholbesteuerung zur Förderung von Gesundheit und Wirtschaft beiträgt.

Quelle: MOVENDI International

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