Grafische Darstellung von zwei Weingläsern und einem Schnapsglas, das über eine Kanüle mit einer Tropfflasche verbunden ist. In den Weingläsern schwimmen Herzen, im Schnapsglas eine Krebsschleife.

Mehr als 70 % der bis März 2022 veröffentlichten systematischen Übersichten und Metaanalysen zum alkoholbedingten Gesamtmortalitätsrisiko schlossen ehemalige Alkoholkonsument*innen nicht aus der Referenzgruppe aus und könnten daher durch den »Sick-Quitter-Effekt« verzerrt sein.

Autor*innen: Peter Sarich, Shuhan Gao, Yining Zhu, Karen Canfell, Marianne F. Weber

Zitierung: Sarich P, Gao S, Zhu Y, Canfell K, Weber MF. The association between alcohol consumption and all-cause mortality: An umbrella review of systematic reviews using lifetime abstainers or low-volume drinkers as a reference group. Addiction. 2024 Mar 11. doi: 10.1111/add.16446. Epub ahead of print. PMID: 38465993.

Quelle: Addiction

Datum der Veröffentlichung: 11. März 2024

Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gesamtmortalität: Ein Überblick über systematische Übersichtsarbeiten mit Abstinenten oder Personen mit geringem Alkoholkonsum als Referenzgruppe

Abstrakt

Hintergrund und Ziele

Systematische Übersichtsarbeiten über den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gesamtmortalität haben unterschiedliche Kurven für das relative Risiko ergeben, was möglicherweise auf die Wahl der Referenzgruppe zurückzuführen ist. Die Ergebnisse reichen von J-förmigen Kurven, bei denen ein niedriger Alkoholkonsum mit einem niedrigeren Risiko einhergeht, bis hin zu Kurven, bei denen das Risiko mit steigendem Alkoholkonsum monoton zunimmt.

Die Wissenschaftler*innen fassten die Erkenntnisse zum Alkoholkonsum und zur Gesamtmortalität ausschließlich aus systematischen Übersichten zusammen, in denen lebenslange Abstinente oder leichte/gelegentliche Alkoholkonsument*innen als Referenzgruppe verwendet wurden.

Methoden

Die Forscher*innen führten eine systematische Übersicht über systematische Übersichtsarbeiten zum Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gesamtmortalität in prospektiven Kohortenstudien durch, bei denen eine Referenzgruppe von lebenslang Abstinenten oder leichten/gelegentlichen Alkoholkonsument*innen verwendet wurde.

Mehrere Datenbanken (PubMed/Medline/Embase/PsycINFO/Cochrane Library) wurden bis März 2022 durchsucht. Die Übersichtsarbeiten wurden auf Verzerrungspotenzial geprüft und diejenigen ausgeschlossen, deren Referenzgruppen ehemalige Alkoholkonsument*innen enthielten.

Ergebnisse

Sogenannte J-Kurve eines Diagramms, die bei mittlerer Höhe beginnt, zunächst absteigt und zum Ende steil ansteigt. Der Tiefpunkt ist blau markiert.
Märchenquelle der Alkoholindustrie: die J-Kurve

Von den 2149 gesichteten Artikeln wurden 25 systematische Übersichtsarbeiten identifiziert, von denen 5 keine ehemaligen Alkoholkonsument*innen in der Referenzgruppe enthielten.

4 der 5 betrachteten Übersichten wiesen ein hohes Verzerrungsrisiko auf.

In drei Übersichtsarbeiten wurde eine J-förmige Beziehung zwischen Alkoholkonsum und Gesamtmortalität festgestellt, wobei das Risiko bei niedrigem Alkoholkonsum signifikant abnahm (relatives Risiko zwischen 0,84 und 0,95), während dies in zwei Übersichtsarbeiten nicht der Fall war.

Zunächst leicht, später steil ansteigende Kurve eines Diagramms.
Fakten für Politiker*innen: monoton ansteigende Kurve

Die eine Übersichtsarbeit mit geringem Verzerrungsrisiko berichtete über ein monoton ansteigendes Risiko bei höherem Konsum (relative Risikofaktoren = 1,02, 1,13, 1,33 und 1,52 für niedrigen, mittleren, hohen beziehungsweise höheren Alkoholkonsum im Vergleich zu gelegentlichem Alkoholkonsum).

Alle fünf Studien berichteten über ein signifikant erhöhtes Risiko bei höherem Alkoholkonsum (relatives Risiko zwischen 1,28 und 3,70).

Es wurden Untergruppenanalysen nach Geschlecht und Alter durchgeführt, aber für viele wichtige Faktoren gab es Lücken in der Evidenz. Umgekehrt berichteten 17 der 20 ausgeschlossenen systematischen Übersichten über ein geringeres Mortalitätsrisiko bei niedrigem Alkoholkonsum.

Schlussfolgerungen

Mehr als 70 % der bis März 2022 veröffentlichten systematischen Übersichten und Metaanalysen zum alkoholbedingten Gesamtmortalitätsrisiko schlossen ehemalige Alkoholkonsument*innen nicht aus der Referenzgruppe aus und könnten daher durch den »Sick-Quitter-Effekt« verzerrt sein.

Bedeutung und Mehrwert der Studie

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Alkohol möglicherweise mehr Todesfälle verursacht als bisher angenommen, da die Zahl der alkoholbedingten Todesfälle in den letzten 30 Jahren aufgrund des so genannten »Sick-Quitter-Effekts« vermutlich unterschätzt wurde.

Die Studie unterstreicht, dass die Regierungen dringend mehr tun müssen, um das Bewusstsein für die mit Alkohol verbundenen Risiken zu schärfen, insbesondere für verschiedene Krebsarten wie Leber- und Brustkrebs, und dass sie eine Politik unterstützen müssen, die der öffentlichen Gesundheit Vorrang vor den Interessen der Alkoholindustrie einräumt.

70 %

Verzerrte Ergebnisse in globalen systematischen Übersichten zu alkoholbedingten Gesundheitsschäden seit 1993

Der Leiter der Studie, Dr. Peter Sarich, erklärte, dass seit 1993 weltweit mehr als 70 Prozent der systematischen Übersichtsarbeiten zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Alkohol Abstinente als Vergleichsgruppe zu Alkoholkonsument*innen verwendet haben, was zu verzerrten Ergebnissen führen kann – der »Sick-Quitter-Effekt«.

Viele Personen, die in Kohortenstudien als Abstinente bezeichnet werden, sind in Wirklichkeit ehemalige starke Alkoholkonsument*innen, die gesundheitliche Schäden erlitten haben, welche sie veranlasst haben, den Alkoholkonsum aufzugeben.«
Dr. Peter Sarich, Cancer Council New South Wales

Clare Hughes, Vorsitzende des Nationalen Komitees für Ernährung, Alkohol und körperliche Aktivität des Cancer Council New South Wales, kommentierte dies wie folgt:

Diese neue Untersuchung untermauert die Erkenntnisse über die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums und unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf.
Wir möchten, dass die Regierungen in eine Kampagne investieren, um das Bewusstsein für die langfristigen Gesundheitsrisiken des Alkoholkonsums zu schärfen, und dass sie Regelungen für die Preisgestaltung, die Verfügbarkeit und die Werbung für Alkohol einführen, die nachweislich dazu beitragen, den Alkoholkonsum in der Gesellschaft zu verringern.«

Der Sick-Quitter-Effekt

Der »Sick-Quitter-Effekt« (wörtlich: Kranke Aussteiger*innen-Effekt) tritt auf, wenn Menschen mit einer durch früheren Alkoholkonsum beeinträchtigten Gesundheit in den Gesundheitsdaten als Nicht-Alkoholkonsument*innen erscheinen, obwohl sie in Wirklichkeit ehemalige Alkoholkonsument*innen sind, die aufgrund ihres Alkoholkonsums gesundheitliche Probleme haben. Wenn in einer Studie Vergleiche mit dieser Personengruppe angestellt werden, können die Schäden des Alkoholkonsums fälschlicherweise als geringer oder gar nicht vorhanden erscheinen, oder es wird sogar der Eindruck erweckt, dass der Konsum kleiner Alkoholmengen vor Schäden schützt.

Dr. Sarich sagte, dass von den 30 % der Studien, die nicht von dem »Sick-Quitter«-Problem betroffen waren, nur eine als qualitativ hochwertig eingestuft wurde und zu dem Schluss kam, dass das Sterberisiko mit steigendem Alkoholkonsum zunimmt, während es keine Hinweise auf einen schützenden Effekt bei niedrigem Alkoholkonsum gibt. In allen anderen Studien wurden die gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Alkohols möglicherweise unterschätzt.

Quelle: MOVENDI International

Übersetzt mit www.DeepL.com