Nahaufnahme mehrerer leerer Weingläser in drei Reihen hintereinander.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat in einer neuen Stellungnahme ihre bisherigen Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol ersetzt. Sie folgt damit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zeigen, dass es keine gesundheitlich sichere Menge an Alkohol gibt, die einen unbedenklichen Konsum ermöglicht. Die DGE empfiehlt daher, auf alkoholische Getränke zu verzichten. Wer dennoch alkoholische Getränke zu sich nimmt, sollte vor allem hohe Alkoholmengen vermeiden. Dies gilt insbesondere für junge Menschen. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende sollten generell alkoholfrei leben.

In einem Sonderdruck der »Ernährungs-Umschau« mit dem etwas gestelzten Titel »Alkohol-Zufuhr in Deutschland, gesundheitliche sowie soziale Folgen und Ableitung von Handlungsempfehlungen« möchte die DGE nicht nur Handlungsempfehlungen für das individuelle Alkoholkonsumverhalten geben, sondern auch Hinweise für gesundheitspolitische Maßnahmen, die zur Minimierung gesundheitlicher Schäden in der Bevölkerung beitragen.

Autor*innen: Margrit Richter (E-Mail: ), Jessica Tauer, Johanna Conrad, Eleonore Heil, Anja Kroke, Kiran Virmani, Bernhard Watzl für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.

Zitierung: Richter M, Tauer J, Conrad J, Heil E, Kroke A, Virmani K, Watzl B on behalf of the German Nutrition Society (DGE): Alcohol consumption in Germany, health and social consequences and derivation of recommendations for action – Position statement of the German Nutrition Society (DGE). Ernahrungs Umschau 2024; 71(10): online first.

Quelle: Ernährungs-Umschau

Datum der Veröffentlichung: 12. August 2024

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Alkohol-Zufuhr in Deutschland, gesundheitliche sowie soziale Folgen und Ableitung von Handlungsempfehlungen

Abstrakt

Titelseite des Sonderdrucks der Ernährungs-Umschau 'Alkohol-Zufuhr in Deutschland'.

Alkohol ist eine psychoaktive Droge und wurde als kausaler Faktor für mehr als 200 negative gesundheitliche Folgen wie Krankheiten und Unfälle identifiziert. Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gesundheit ist jedoch komplex; so werden bei einigen wenigen chronischen Krankheiten risikosenkende Assoziationen mit dem Alkoholkonsum beobachtet. Ziel des vorliegenden DGE-Positionspapiers ist es, unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Wirkungen von Alkohol sowie weiterer Aspekte der Nachhaltigkeit, Handlungsempfehlungen zum individuellen Trinkverhalten bezüglich alkoholischer Getränke abzuleiten sowie Hinweise für gesundheitspolitische Maßnahmen zu geben, die zur Minimierung von Gesundheitsschäden in der Bevölkerung beitragen.

Die Ergebnisse zeigen, dass es keine potenziell gesundheitsfördernde und sichere Alkoholmenge für einen unbedenklichen Konsum gibt. Die DGE empfiehlt daher, auf alkoholische Getränke zu verzichten. Wer dennoch alkoholische Getränke konsumiert, soll vor allem hohe Alkoholmengen vermeiden. Dies gilt insbesondere für junge Menschen. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende sollen auf Alkohol generell verzichten. Unter Berücksichtigung von Schätzungen der Alkoholmenge für die Minimierung des Risikos von gesundheitlichen Folgen leitet die DGE zudem Handlungsempfehlungen zum Alkoholkonsum ab.

In Deutschland sind weitere verhältnis- sowie verhaltenspräventive Maßnahmen erforderlich, um den Alkoholkonsum, damit verbundene gesundheitliche und soziale Probleme sowie die alkoholbedingte Sterblichkeit zu reduzieren. Das DGE-Positionspapier zu Alkohol ersetzt den bisher durch die DGE veröffentlichten Referenzwert für die Zufuhr von Alkohol.

Neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol

Gruppe junger Menschen im Freien beim Anstoßen mit Bierflaschen.

Das Wissenschaftliche Kuratorium der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol herausgegeben. Bisher galt für gesunde Menschen eine maximale Trinkmenge von 24 Gramm Reinalkohol pro Tag bei Männern und 12 Gramm bei Frauen als »risikoarmer Konsum«.

Keine Menge Alkohol ist gut für das Herz, sagt die World Heart Federation

Alkohol ist schlecht für das Herz

In einem neuen Positionspapier stellt der Weltherzverband (WHF) die weit verbreitete Vorstellung in Frage, dass mäßiger Alkoholkonsum das Risiko von Herzerkrankungen verringern kann, und fordert dringende und entschlossene Maßnahmen, um den beispiellosen Anstieg alkoholbedingter Todesfälle und Behinderungen weltweit zu bekämpfen.

Die DGE empfiehlt daher, auf alkoholische Getränke zu verzichten.«

Das vorliegende Positionspapier der DGE bezieht sich ausschließlich auf Alkohol in Getränken in Form von Ethanol und verwendet die Begriffe Alkohol und Ethanol synonym. Alkoholmengen in Gramm beziehen sich auf reinen Alkohol, sofern im Text nicht anders angegeben.

Ethanol / Alkohol

  • Chemische Formel: CHOH
  • Die Begriffe Ethanol und Alkohol werden oft synonym verwendet.
  • Ethanol ist ein nicht essenzieller Nährstoff, der Energie liefert.
  • Aus 1 g Alkohol entstehen 29 kJ beziehugsweise 7 kcal, wenn er im Körper abgebaut wird.
  • Mathematische Formel zur Berechnung des Alkoholgehalts eines Getränks in Gramm: Volumen des Getränks in Millilitern, multipliziert mit dem Bruch Volumengehalt durch 100, multipliziert mit dem Bruch 0,8 Gramm durch Milliliter.
    10 g Alkohol entsprechen circa 0,25 L Bier oder 0,1 L Wein.

Die Deutsche, die Österreichische und die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung gaben im Jahr 2000 einen Referenzwert für die maximal tolerierbare Alkoholzufuhr als Richtwert für einen risikoarmen Konsum heraus. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr geben Mengen für die Zufuhr von Energie und Nährstoffen an, deren Einhaltung zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit und Lebensqualität beitragen soll. Um nicht den Eindruck zu erwecken, der Konsum von Alkohol sei empfehlenswert, wird im Rahmen der Überarbeitung der Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr kein Referenzwert für Alkohol mehr veröffentlicht.

Zielgruppe des neuen Positionspapiers und der Handlungsempfehlungen sind Menschen ohne Alkoholkonsumstörung sowie (gesundheits)politische Entscheidungsträger*innen.

Folgen des Alkoholkonsums für die Gesundheit

Alkohol und seine Abbauprodukte, insbesondere Acetaldehyd, schädigen alle Organe und stören viele Stoffwechselvorgänge. Zu den Folgen des Alkoholkonsums zählen unter anderem Verletzungen durch Verkehrsunfälle und Gewalttaten, Krebs-, Herz-Kreislauf- und Lebererkrankungen sowie Suizide. Auch verschiedene Infektionskrankheiten wie Tuberkulose und HIV-Infektionen/AIDS werden durch Alkoholkonsum begünstigt. Neben den individuellen Folgen für die Person, die Alkohol konsumiert, können auch Personen in ihrem Umfeld von den Folgen des Alkoholkonsums betroffen sein, zum Beispiel durch Unfälle oder Gewalttaten.

Kurzfristige Folgen des Alkoholkonsums

Zu den akuten Wirkungen von Alkohol auf das Gehirn und das zentrale Nervensystem gehören Beeinträchtigungen der visuomotorischen Koordination, der geteilten oder fokussierten Aufmerksamkeit, der Reaktionszeit, der Reaktionshemmung und des Arbeitsgedächtnisses. Dies erhöht das Risiko von Verletzungen, Stürzen und Unfällen unter Alkoholeinfluss. Bei jungen Menschen im Alter von 10 bis 24 Jahren gibt es Hinweise auf neurotoxische Effekte nach dem Beginn des Rauschtrinkens in Hirnregionen, die für Belohnung, Reizempfindlichkeit und exekutive Kontrolle zuständig sind, was sich in kognitiven Defiziten und maladaptiven Alkoholassoziationen äußert. Diese Defizite können die Neigung junger Menschen zu riskanten Aktivitäten wie Alkohol- und Drogenkonsum weiter erhöhen, was die Entwicklung einer späteren Abhängigkeit begünstigt. Alkoholkonsum kann auch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung die kognitiven Funktionen und die Fähigkeit, alltägliche Aufgaben wie das Autofahren zu bewältigen, beeinträchtigen (umgangssprachlich als »Alkoholkater/Hangover« bezeichnet).

Alkohol kann auch die Wirkung verschiedener Medikamente beeinflussen. Je nach Wirkstoff und Darreichungsform kann die Wirkung von Arzneimitteln beschleunigt oder verzögert werden, was zu einer verminderten Wirkung oder unerwünschten Nebenwirkungen bis hin zu Koma und Tod führen kann. Dieses Problem wird verstärkt, wenn Patient*innen mehrere Medikamente einnehmen und Alkohol konsumieren.

Alkoholkonsum, insbesondere Rauschtrinken, wird mit dem Auftreten von Aggression und Gewalt (physisch, psychisch und sexualisiert) in Verbindung gebracht. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Alkohol die Schwere von Gewalt erhöhen kann. Zahlreiche Faktoren beeinflussen den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gewalt, zum Beispiel die Auswirkungen des Alkohols auf die Persönlichkeit, die Überzeugungen und Einstellungen der Menschen, die Alkohol konsumieren, die unmittelbare Trinksituation und die Alkoholtrinkkultur. Die Vermeidung des Alkoholkonsums, insbesondere des Rauschtrinkens, verringert das Risiko alkoholbedingter Gewalttaten.

Langfristige Folgen des Alkoholkonsums

Langfristig birgt der Alkoholkonsum die Gefahr der Abhängigkeit, verursacht eine erhebliche Krankheits- und Sterblichkeitslast und ist ein wichtiger Risikofaktor sowohl für übertragbare als auch für nichtübertragbare Krankheiten.

Chronisch hoher Alkoholkonsum ist mit einer Abnahme des Volumens der grauen Substanz in bestimmten Hirnregionen verbunden, was mit Beeinträchtigungen der kognitiven, Aufmerksamkeits-, emotionalen und Wahrnehmungsfunktionen einhergehen kann. Alkoholkonsum in der Kindheit, Jugend und im jungen Erwachsenenalter kann sich unter anderem aufgrund seiner Neurotoxizität langfristig negativ auf die Entwicklung des Gehirns auswirken und einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Alkoholkonsumstörung darstellen.

Neben den kurzfristigen Auswirkungen des Alkoholkonsums, die Unfälle, Verletzungen und Gewalt begünstigen, ist Alkohol an der Entstehung zahlreicher Krankheiten beteiligt. Alkoholkonsum erhöht unter anderem das Risiko, an Krebs, insbesondere Brust- und Darmkrebs, Herz-Kreislauf- und Lebererkrankungen zu erkranken.

Zu den alkoholassoziierten Erkrankungen zählen solche, die durch die direkte Wirkung des Alkohols oder seiner Abbauprodukte verursacht werden, wie zum Beispiel

  • Krebs (insbesondere Brust- und Darmkrebs),
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
  • Magen-Darm-Erkrankungen wie Leberzirrhose und Pankreatitis,
  • Diabetes mellitus und
  • neuropsychiatrische Erkrankungen wie Alzheimer, andere Demenzen und kognitiver Abbau.

Alkohol gilt als einer der vier Hauptrisikofaktoren, die zur weltweiten Belastung durch nichtübertragbare Krankheiten beitragen. Neben den nicht übertragbaren Krankheiten begünstigt Alkohol indirekt die Entstehung von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Pneumonie, HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen.

Alkoholkonsumstörungen, insbesondere Alkoholabhängigkeit, erhöhen zudem das Risiko für Mangelernährung und einen niedrigen Body-Mass-Index bis hin zu Untergewicht, zum Beispiel durch das Ersetzen von Mahlzeiten durch Alkoholkonsum, Appetitveränderungen und Störungen der Verdauung, der Absorption und des Stoffwechsels von Nährstoffen. Chronisch hoher Alkoholkonsum führt in 80 % der Fälle zu einem Thiaminmangel. Ursachen hierfür sind eine unzureichende Nährstoffzufuhr durch die bei Alkoholabhängigen häufig zu beobachtende Mangelernährung, eine verminderte intestinale Absorption und intrazelluläre Aufnahme sowie eine gestörte Verwertung von Thiamin. Unbehandelt kann ein Thiaminmangel zum Wernicke-Korsakoff-Syndrom führen, einer akut lebensbedrohlichen neurologischen Störung.

Alkoholkonsum während der Schwangerschaft schädigt den Fötus durch pränatale Exposition und erhöht das Risiko negativer Folgen, einschließlich des fetalen Alkoholsyndroms (FAS) und der fetalen Alkoholspektrumstörung (FASD). Die Auswirkungen von Alkohol auf die Gesundheit des Fötus und die sozialen Folgen im späteren Leben sind enorm. Eine registerbasierte Studie zur Quantifizierung der alkoholbedingten Gefährdung Dritter in Deutschland im Jahr 2014 schätzt die Inzidenz von FAS und FASD bei Neugeborenen auf 41 Kinder pro 10.000 Lebendgeburten beziehungsweise 177 Kinder pro 10.000 Lebendgeburten. Bezogen auf die Anzahl der Neugeborenen in Deutschland im Jahr 2014 entspricht dies 2.930 Kindern mit FAS beziehungsweise 12.650 Kindern mit FASD.

Alkohol kann durch passive Diffusion in die Muttermilch übergehen. Die Alkoholkonzentration in der Muttermilch stimmt zu allen Zeitpunkten weitgehend (etwa zu 95 %) mit der Blutalkoholkonzentration der Mutter überein. Daher sollten auch stillende Mütter Alkohol meiden. Trotz fehlender belastbarer Daten zu negativen Auswirkungen des Alkoholkonsums während der Stillzeit wird im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Mutter und Kind empfohlen, während der Stillzeit und insbesondere während des ausschließlichen Stillens alkoholfrei zu leben.

Soziale Aspekte des Alkoholkonsums

Die kurz- und langfristigen gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums wirken sich auf das soziale Umfeld und die Gesellschaft aus. Beeinträchtigungen der Gesundheit oder der Leistungsfähigkeit können zum Verlust des Arbeitsplatzes und damit zu finanziellen Problemen, zum Verlust der Wohnung und zu sozialer Ausgrenzung führen. Dies wirkt sich negativ auf das familiäre Umfeld aus, insbesondere auf die Kinder von Menschen mit einer Alkoholkonsumstörung. Alkoholbelastete Familien weisen häufig einen niedrigeren sozioökonomischen Status auf als Familien ohne Suchtprobleme. Kinder aus suchtbelasteten Familien zeigen zudem schlechtere Schulleistungen, ein ungünstigeres Gesundheitsverhalten und sind häufiger von sozialer Ausgrenzung und Stigmatisierung betroffen.

Darüber hinaus kann Alkoholkonsum zu physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt sowie zu (Verkehrs-)Unfällen führen. Dabei können sowohl die Menschen, die Alkohol trinken, als auch die Menschen in ihrem Umfeld physische und psychische Schäden bis hin zum Tod erleiden. In Deutschland ist das Ausmaß alkoholbedingter Gesundheitsschäden (Morbidität und Mortalität) bei Dritten erheblich. Im Jahr 2014 war Alkohol schätzungsweise für 1.214 tödliche Verkehrsunfälle bei Dritten (= 45 % aller tödlichen Verkehrsunfälle bei Dritten) und 55 Todesfälle durch zwischenmenschliche Gewalt (= 14,9 % aller Todesfälle durch zwischenmenschliche Gewalt) verantwortlich.

57

Milliarden Euro

kostet uns der Alkoholkonsum in Deutschland. Dagegen zahlt die Alkoholindustrie nur 3 Milliarden Euro an Steuern.

Der Gesellschaft entstehen durch den Alkoholkonsum immense Kosten für die Behandlung alkoholbedingter Krankheiten, Arbeitsunfähigkeit und Rehabilitation, aber auch durch Personen- und Sachschäden, Gewalt und Unfälle sowie Produktionsausfälle. Die (in)direkten Kosten des Alkoholkonsums in Deutschland belaufen sich auf rund 57 Milliarden Euro pro Jahr. Davon entfallen 16,6 Milliarden Euro auf direkte Kosten für das Gesundheitssystem (zum Beispiel Behandlungskosten, Krankenhausaufenthalte und Medikamente) und etwa 40 Milliarden Euro auf indirekte Kosten (zum Beispiel Produktionsausfälle durch Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Frühverrentung und vorzeitigen Tod). Demgegenüber belaufen sich die alkoholbedingten Steuereinnahmen im Jahr 2022 nur auf rund 3 Milliarden Euro.

Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zur Verringerung des Alkoholkonsums und zur Verhütung von Gesundheitsschäden

Der alkoholbezogene Gesundheitsschutz umfasst sowohl verhaltenspräventive Maßnahmen, die auf das Verhalten einzelner Personen oder Zielgruppen abzielen, als auch verhältnispräventive Maßnahmen, nämlich die Veränderung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Deren Ziele sind beispielsweise

  • den Einstieg in den Konsum zu verzögern oder gar zu verhindern,
  • die Trinkmenge und das Rauschtrinken zu reduzieren,
  • riskantes Konsumverhalten frühzeitig zu erkennen und ihm entgegenzuwirken sowie
  • einer Abhängigkeit vorzubeugen.

Eine Kombination aus verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen (Policy-Mix) gilt als besonders effektiv und effizient, um den Alkoholkonsum zu reduzieren und den damit verbundenen Folgen vorzubeugen. Eine erfolgreiche Alkoholprävention stellt damit eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe dar, für die Bund, Länder, Kommunen, Selbstverwaltung, aber auch Arbeitgeber*innen, Gewerkschaften und Einrichtungen der Suchtprävention zuständig und verantwortlich sind.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Globale Informationssystem für Alkohol und Gesundheit (GISAH) eingerichtet, um die gesundheitliche Situation und die Trends im Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum, alkoholbedingten Schäden und politischen Maßnahmen in den Ländern zu bewerten und zu überwachen. Das GISAH sammelt verschiedene Public-Health-Maßnahmen zur Reduzierung des Alkoholkonsums und zur Prävention von Gesundheitsschäden (Alcohol Control Policies). Dazu gehören beispielsweise preisliche und steuerliche Maßnahmen, Werbe- und Sponsoringbeschränkungen, Verkaufsbeschränkungen und Warnhinweise.

Bei der Umsetzung von Maßnahmen der Verhältnisprävention zum Alkoholkonsum schneidet Deutschland im internationalen Vergleich der WHO unterdurchschnittlich ab:

  • im Bereich Politik/Aufklärung liegt Deutschland auf Platz 23 von 29 Ländern,
  • im Bereich Prävention am Arbeitsplatz/in der Kommune zusammen mit Österreich auf dem vorletzten Rang von 29 Ländern,
  • bei den Maßnahmen gegen Alkohol am Steuer auf Platz 26 von 30 Ländern,
  • bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen den illegalen Handel und die illegale Herstellung von Alkohol an vorletzter Stelle von 53 Staaten und
  • bei der Einschränkung der Verfügbarkeit von Alkohol belegt Deutschland den letzten Platz von 30 Ländern.

Der hohe Alkoholkonsum in Deutschland ist einer der Gründe für die geringere Lebenserwartung der Deutschen im Vergleich zu anderen Ländern mit hohem Einkommen.

Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen

Je nach Alter und Geschlecht konsumierte 2019/2020 bis zu einem Fünftel der Erwachsenen Alkohol in Mengen, die als riskant einzustufen sind; ein Drittel der Befragten gab mindestens eine Episode des Rauschtrinkens innerhalb von 30 Tagen an. Befragungen von Kindern und Jugendlichen sowie von Schwangeren zeigen, dass auch diese Bevölkerungsgruppen alkoholische Getränke konsumieren, teilweise in riskanten Mengen oder in Form von Rauschtrinken. Die in Deutschland durchschnittlich konsumierte Alkoholmenge ist mehr als doppelt so hoch wie die weltweit durchschnittlich konsumierte Menge. Deutschland ist damit ein Alkohol-Hochkonsumland.

Deutschland ist damit ein Alkohol-Hochkonsumland.«

Alkoholkonsum wird mit mehr als 200 verschiedenen negativen Gesundheitsfolgen (Krankheiten und Unfälle) in Verbindung gebracht. Insbesondere riskanter Alkoholkonsum und Rauschtrinken vermindern die Lebensqualität und erhöhen das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Für einzelne Endpunkte wie Typ-2-Diabetes, ischämische Herzkrankheit und ischämischer Schlaganfall, Demenz und Nierenkrebs zeigen die Ergebnisse zwar teilweise eine risikoreduzierende Assoziation mit niedrigem bis moderatem Alkoholkonsum. Diese Ergebnisse sind jedoch zumindest teilweise auf methodisch unzureichende Studiendesigns zurückzuführen. Zudem erhöht die gleiche Alkoholmenge gleichzeitig das Risiko für andere Endpunkte wie Brust- und Dickdarmkrebs sowie Bluthochdruck und Lebererkrankungen. Es gibt also keinen gesundheitsfördernden oder gesundheitlich unbedenklichen Alkoholkonsum.

Es gibt keinen gesundheitsfördernden oder gesundheitlich unbedenklichen Alkoholkonsum.«

Die gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums können sich auf das soziale Umfeld auswirken, insbesondere wenn es sich um riskanten Alkoholkonsum, Rauschtrinken oder Alkoholkonsumstörungen handelt. Zu den sozialen Folgen sowohl für die Alkoholkonsument*innen als auch für ihr soziales Umfeld gehören gesundheitsschädliches Verhalten, Stigmatisierung sowie physische, psychische und sexualisierte Gewalt. Darüber hinaus verursachen alkoholbedingte Krankheiten, Personen- und Sachschäden durch Gewalt und Unfälle sowie Produktionsausfälle enorme volkswirtschaftliche Kosten, die von der Gesellschaft getragen werden und somit ebenfalls den sozialen Folgen des Alkoholkonsums zuzurechnen sind.

Die Umweltauswirkungen der Herstellung alkoholischer Getränke hängen wie bei allen Lebensmitteln von einer Vielzahl von Produktions- und Verarbeitungsschritten ab, wie zum Beispiel der Erzeugung der Rohstoffe und deren Verarbeitung sowie der Verpackung, Lagerung und dem Transport der Produkte. Für die hier vorgenommene Bewertung des Konsums alkoholischer Getränke spielt die ökologische Nachhaltigkeit eine untergeordnete Rolle.

Weniger Alkohol schützt auch den Planeten

Sechs halbdurchsichtige Jugendliche vor einem Foto der Erde aus dem Weltraum.

Laut einer neuen Studie unter der Leitung der Harvard T. H. Chan School of Public Health haben Menschen, die alkoholfrei leben oder nur geringe Mengen Alkohol zu sich nehmen, ein geringeres Risiko, vorzeitig zu sterben, und belasten die Umwelt weniger. Es handelt sich um die erste große Studie, die direkt die Auswirkungen der Befolgung der Empfehlungen des grundlegenden EAT-Lancet-Berichts 2019 untersucht.

Für die Ableitung von Empfehlungen zum Alkoholkonsum sind daher in erster Linie die Nachhaltigkeitsdimensionen Gesundheit und Soziales relevant. Auch wenn die Erhebung von Daten zum Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Krankheitsendpunkten, insbesondere der Mortalität, mit einigen methodischen Schwierigkeiten verbunden ist, zeigen die dargestellten Ergebnisse dennoch, dass der Alkoholkonsum eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krankheiten spielt:

Es gibt keine potenziell gesundheitsfördernde und sichere Alkoholmenge für einen unbedenklichen Konsum. Die DGE empfiehlt daher, keine alkoholischen Getränke zu konsumieren. Wer dennoch alkoholische Getränke zu sich nimmt, sollte vor allem hohe Alkoholmengen vermeiden. Dies gilt insbesondere für junge Menschen. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende sollten generell alkoholfrei leben.

Tabelle zeigt das Risiko für negative Gesundheitsfolgen bei unterschiedlichem Alkoholkonsum pro Woche: einzig risikofrei ist Null.
© DGE

Empfehlungen zum Alkoholkonsum – kurz und knapp:

  • Es gibt keinen gesundheitlich unbedenklichen Alkoholkonsum, deshalb sollten Erwachsene keinen oder so wenig Alkohol wie möglich trinken. Vor allem junge Menschen profitieren von einer alkoholfreien Lebensweise.
  • Für gesunde Erwachsene, die nicht schwanger sind oder stillen, gilt ein Alkoholkonsum von 1 bis 2 alkoholischen Getränken pro Woche (< 27 g Alkohol/Woche) als risikoarm, ein Alkoholkonsum von mehr als 2 bis 6 alkoholischen Getränken pro Woche (27 bis 81 g Alkohol/Woche) ist mit einem mäßigen Erkrankungsrisiko verbunden, ein Konsum von mehr als 6 alkoholischen Getränken pro Woche (> 81 g Alkohol/Woche) mit einem hohen Risiko für Folgeschäden. Es gibt keine geschlechtsspezifischen Unterschiede im Risiko für gesundheitliche Folgen bei risikoarmem und moderatem Konsum. Ein risikoarmer Konsum nach den Berechnungen des Canadian Center on Substance Use and Addiction liegt insbesondere bei Männern deutlich unter den bisher angenommenen Grenzwerten.
  • Wegen des erhöhten Risikos negativer Folgen beim Konsum größerer Alkoholmengen sollten riskante Alkoholmengen und Rauschtrinken auf jeden Fall vermieden werden.
  • Kinder und Jugendliche sollen wegen der akuten Neurotoxizität des Alkohols, der möglichen negativen Auswirkungen auf ihre körperliche und kognitive Entwicklung und des Risikos der späteren Entwicklung eines riskanten Alkoholkonsums und von Alkoholkonsumstörungen keinen Alkohol trinken.
  • Schwangere und stillende Frauen sollten wegen der Toxizität für den Fötus und den Säugling beziehungsweise das Kleinkind keinen Alkohol trinken.
  • Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die durch Alkoholkonsum ausgelöst oder verstärkt werden können, sowie Personen, die Medikamente einnehmen, sollen wegen möglicher unerwünschter Wechselwirkungen keinen Alkohol konsumieren.
  • Menschen, die bisher keinen Alkohol getrunken haben, wird empfohlen, alkoholfrei zu bleiben, da jeder Konsum das Risiko von Gesundheitsschäden erhöht.

Kanadas Leitfaden zu Alkohol und Gesundheit

Sechs sternförmig angeordnet liegende Bierflaschen, darüber eingeblendet eine Herzrhythmuskurve

Der Abschlussbericht fasst die Erkenntnisse zusammen, die auf der Grundlage weltweiter Evidenzüberprüfungen, mathematischer Modellierungen sowie umfangreicher Konsultationen und Diskussionen gewonnen wurden. Der Leitfaden versorgt die Menschen in Kanada mit genauen und aktuellen Informationen über das Risiko von Schäden, die mit dem Konsum von Alkohol verbunden sind. Die Ergebnisse bilden auch die Evidenzbasis für künftige alkoholpolitische Maßnahmen und Mittel zur Prävention von Alkoholkonsumstörungen.

Welt­­gesundheits­­organisation: Jeder Alkoholkonsum ist ungesund

Einzelner Tropfen hängt aus einer Flaschenöffnung.

Die mit dem Alkoholkonsum verbundenen Risiken und Schäden wurden im Laufe der Jahre systematisch evaluiert und sind gut dokumentiert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in der Zeitschrift »The Lancet Public Health« eine Erklärung veröffentlicht: Es gibt keine sichere Menge Alkohol, die die Gesundheit nicht beeinträchtigt.

Aktualisierung 19.08.2024:

Das Imperium schlägt zurück

Es dauerte keine drei Tage, bis die Alkoholindustrie jemanden fand, der bereit war, für sie vor laufender Kamera die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Professor Boris Bigalke – Kardiologe – von der Charité half aus. Mit launigem Zitat der Antike – in vino veritas – das eigentlich nur aussagt, dass Betrunkene nicht lügen könnten, bewirbt er sein Buch, in dem er das Märchen vom gesunden Glas Rotwein fürs Herz wiederholt, da er offenbar diese Nachricht seines Berufsverbandes noch nicht kennt:

Keine Menge Alkohol ist gut für das Herz, sagt die World Heart Federation

Alkohol ist schlecht für das Herz

In einem neuen Positionspapier stellt der Weltherzverband (WHF) die weit verbreitete Vorstellung in Frage, dass mäßiger Alkoholkonsum das Risiko von Herzerkrankungen verringern kann, und fordert dringende und entschlossene Maßnahmen, um den beispiellosen Anstieg alkoholbedingter Todesfälle und Behinderungen weltweit zu bekämpfen.

Auf dem Youtube-Kanal der WELT erreichte seine Meinung binnen kurzer Zeit rund 17.000 Aufrufe, vermutlich von allen Rotwein-Konsument*innen, die sich ihren Glauben an das Märchen nicht rauben lassen wollen.

Professor Bigalke arbeitet an der Berliner Charité, die ihrerseits für ihre unheilvolle Zusammenarbeit mit der Alkoholindustrie berüchtigt ist. Im Jahr 2010 ließ sie sich von Pernod und dem Brauerbund ein riesiges Transparent finanzieren, das vor Alkohol in der Schwangerschaft warnte. Ist Professor Bigalke letztlich nur ein weiterer Handlanger der Alkoholindustrie? Leider kann man ihn oder die WELT dazu nicht befragen – die Kommentarfunktion auf Youtube ist deaktiviert.

Screenshot des Youtube-Beitrags der WELT mit Professor Boris Bigalke.Die Kommentarfunktion hat DIE WELT leider deaktiviert.