Eine Gruppe fröhlicher Jugendlicher sitzt im Freien zusammen und macht ein Selfie. Alle lächeln und wirken entspannt. Im Hintergrund sind grüne Bäume und Sonnenlicht zu sehen, was eine freundliche, sommerliche Atmosphäre schafft.

Spanische Reformen zeigen, dass Jugendliche weniger Alkohol trinken, wenn das Mindestalter für den Alkoholkonsum erhöht wird. Der rückläufige Konsum führt zugleich zu besseren schulischen Leistungen und einer stabileren psychischen Gesundheit. Diese Erkenntnisse könnten auch für Deutschland relevant sein.

Autor*innen: Manuel Bagues und Carmen Villa

Zitierung: Manuel Bagues, Carmen Villa, Minimum legal drinking age and educational outcomes, Journal of Health Economics, Volume 104, 2025, 103078, ISSN 0167-6296, https://doi.org/10.1016/j.jhealeco.2025.103078.

Quelle: Journal of Health Economics

Datum der Veröffentlichung: 7. November 2025

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Obwohl der Alkoholkonsum unter europäischen Teenagern rückläufig ist, liegt er im internationalen Vergleich weiterhin auf einem auffallend hohen Niveau: In der Europäischen Schulbefragung geben fast 50 Prozent der 15- bis 16-Jährigen an, im vergangenen Monat Alkohol konsumiert zu haben, und rund 30 Prozent berichten von exzessivem Trinken. Eine neue Studie von Carmen Villa, Assistenzprofessorin am Department of Economics der Universität Zürich, zeigt nun, dass die Anhebung des Mindestalters für den Alkoholkonsum von 16 auf 18 Jahre die schulischen Leistungen und die psychische Gesundheit von Jugendlichen deutlich verbessern kann.

Deutschland versagt beim Schutz seiner Jugend vor der Alkoholindustrie

Eine Gruppe junger Schüler*innen sitzt im Klassenzimmer und lächelt in die Kamera. Einige halten Bücher oder schreiben Notizen.

Beim Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Produkten und Praktiken der Alkoholindustrie versagt Deutschland in Europa völlig. Wie die heute veröffentlichten ESPAD-Schülerdaten von 2024 zeigen, belegt Deutschland Platz 2 beim Rauschtrinken und aktuellen Alkoholkonsum Jugendlicher. Nur in Dänemark sind Kinder noch weniger geschützt.

Umfangreiche Analyse spanischer Alkoholreformen

Carmen Villa und Manuel Bagués von der University of Warwick untersuchten vier spanische Regionen (Kastilien und León, Galicien, Asturien und die Balearen), die in den letzten zwanzig Jahren ihre Alkoholgesetze verschärft haben. Diese Reformen umfassten in der Regel ein höheres Mindestalter für den Konsum, strengere Verkaufsregeln und neue Werbevorgaben. Da die Reformen in den verschiedenen Regionen zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt wurden, konnten die Forschenden das Verhalten von Jugendlichen vor und nach den Änderungen vergleichen. Grundlage der Analyse waren Daten von rund 250.000 Schüler*innen, 180.000 PISA-Teilnehmenden und 600.000 Personen aus der Volkszählung von 2021.

Weniger Alkohol, mehr Lernerfolg

Nach einer Verschärfung der Alkoholgesetze sank die Wahrscheinlichkeit, dass sich Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren im Vormonat betrunken haben, um sieben bis 17 Prozent, und das Rauschtrinken ging um 14 Prozent zurück. »Diese Effekte traten sowohl in den Selbstauskünften als auch in den Angaben zum Trinkverhalten von Freund*innen auf, was auf tatsächliche Verhaltensänderungen hindeutet«, erklärt Carmen Villa.

Der Rückgang von Rauschtrinken und Alkoholvergiftungen führte zudem zu erheblichen Bildungsgewinnen: Schüler*innen, für die ein höheres Mindestalter für den Alkoholkonsum galt, erzielten bei den PISA-Prüfungen um 4 Prozent bessere Ergebnisse. Dies entspricht etwa zwei zusätzlichen Monaten Schulbildung. Diese Verbesserung deckt sich mit Erkenntnissen der medizinischen Fachliteratur. Demnach beeinträchtigt Alkohol die kognitive Entwicklung während der Adoleszenz, einer Lebensphase, in der das Gehirn besonders empfindlich auf seine Wirkungen reagiert.

Bessere psychische Gesundheit

In jenen Regionen, in denen das gesetzliche Mindestalter für Alkoholkonsum angehoben wurde, verbesserte sich auch die psychische Gesundheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche Medikamente gegen Angstzustände und Schlaflosigkeit einnahmen, sank um 10 Prozent.

Unsere Ergebnisse weisen auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und psychischer Gesundheit hin und decken sich mit bestehenden medizinischen Erkenntnissen.«
Carmen Villa

Bemerkenswert ist, dass diese Vorteile ohne Veränderungen anderer Verhaltensweisen eintraten. Die Zeit, die die Jugendlichen für Lernen, soziale Aktivitäten, Internetnutzung oder Sport aufwandten, blieb unverändert. Ebenso ersetzten sie Alkohol nicht durch andere Substanzen wie Cannabis oder Zigaretten.

Dieses Muster deutet darauf hin, dass die beobachteten akademischen Verbesserungen direkt auf die neurokognitiven Effekte von Alkohol zurückzuführen sind und nicht auf indirekte Veränderungen des Lebensstils«, so Villa.

Potenzial für Deutschland

Die Studienergebnisse sind auch für Deutschland von Bedeutung, in dem 16-Jährige legal Bier und Wein konsumieren dürfen und die Trin‍k­quote unter Jugendlichen über dem EU-Durchschnitt liegt. Die Befunde aus Spanien legen nahe, dass strengere Altersgrenzen pädagogische Vorteile haben könnten.

Eine Erhöhung des Mindestalters für den Alkoholkonsum ist ein kosteneffizientes Instrument, um die kognitive Entwicklung von Jugendlichen zu fördern.«
Carmen Villa

Niedriges gesetzliches Mindestalter für Alkoholkonsum schadet der Jugend

Zwei Jugendliche auf Parkbank mit Alkoholflaschen

Neue Untersuchungen einer Gruppe von Ökonomen zeigen, wie das niedrige gesetzliche Mindestalter für Alkoholkonsum in Österreich zu größeren Alkoholschäden bei Jugendlichen führt. Das gesetzliche Mindestalter von 16 Jahren trägt zu einer zunehmenden gesundheitlichen Ungleichheit bei österreichischen Jugendlichen bei.

Bier, Wein und Sekt ab 18: Zustimmung für einheitliches Mindestalter wächst

Ein rot-weißes rundes Verkehrszeichen mit der schwarzen Ziffer '18', vor einem strahlend blauen Himmel mit vereinzelten Wolken. Unter dem Schild sind mehrere Hände von verschiedenen Personen zu sehen, die eine Daumen-hoch-Geste geben und damit Zustimmung oder positive Rückmeldung signalisieren.

Je früher junge Menschen mit dem Alkoholkonsum beginnen, desto größer ist das Risiko, abhängig zu werden. Derzeit dürfen Jugendliche in Deutschland ab 14 Jahren Bier, Wein und Sekt trinken – wenn eine erziehungsberechtigte Person dabei ist. Ab 16 Jahren dürfen sie diese Getränke selbst kaufen und konsumieren. In vielen anderen europäischen Ländern darf Minderjährigen überhaupt kein Alkohol verkauft werden. In Deutschland wächst die Zustimmung in der Bevölkerung, das Mindestalter für den Erwerb und Konsum aller alkoholischen Getränke einheitlich auf 18 Jahre anzuheben. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Krebsforschungszentrums.

Abstrakt

Viele europäische Länder haben in den letzten Jahrzehnten das gesetzliche Mindestalter für den Alkoholkonsum von 16 auf 18 Jahre angehoben. Diese Maßnahmen umfassen oft ein Bündel von Reformen, darunter Beschränkungen des Alkoholverkaufs an Minderjährige, Zugangsbeschränkungen zu Lokalen und Werbekontrollen. Die Forscher*innen liefern neue Erkenntnisse über die Auswirkungen der Änderungen des gesetzlichen Mindestalters für den Alkoholkonsum auf die Bildungsergebnisse, indem sie deren gestaffelte Einführung in den verschiedenen Regionen Spaniens nutzen. Der Alkoholkonsum bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren sank um 7 bis 17 % und die Prüfungsleistungen verbesserten sich um 4 % der Standardabweichung. Sie beobachten auch einen Rückgang des Konsums von Anxiolytika und Hypnosedativa um 10 %, was auf eine verbesserte psychische Gesundheit hindeutet. Es gibt keine signifikanten Veränderungen beim Substanzkonsum, bei den Freizeitgewohnheiten oder beim Lernaufwand. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit neurobiologischen Erkenntnissen, wonach Alkohol die kognitive Entwicklung direkt beeinträchtigt und angstbezogene Verhaltensweisen verstärkt. Die Reduzierung des Alkoholkonsums bei Jugendlichen stellt eine erhebliche Chance zur Verbesserung der Bildungsergebnisse in Europa dar, wo der Alkoholkonsum unter Jugendlichen nach wie vor besonders hoch ist.

 

Quelle: Universität Zürich UZH News