Führende deutsche Sucht-Fachgesellschaften haben heute ein gemeinsames Positionspapier zur geplanten Cannabis-Regulierung veröffentlicht. Die Fachleute, die das gesamte Spektrum der Suchtprävention, Sucht-Selbsthilfe, Suchtberatung, Suchtforschung und Suchttherapie in Deutschland vertreten, richten fünf zentrale Forderungen an die politischen Entscheidungsträger:innen.
Damit reagieren sie auf die drogenpolitischen Pläne der Bundesregierung: SPD, Grüne und FDP wollen den Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene in lizensierten Geschäften erlauben. Unterzeichner des Positionspapiers sind die Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht), die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS), die Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie (dgsps) und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).
Um gesundheitlichen und sozialen Schäden vorzubeugen, halten die Fachleute strukturelle Maßnahmen beim staatlich regulierten Cannabisverkauf für unerlässlich.
Für Jugendliche und junge Erwachsene bestehen besondere Risiken durch den Cannabiskonsum. Daher haben Jugendschutz und Vorbeugung oberste Priorität«, sagt Prof. Dr. Falk Kiefer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG Sucht).
Hintergrund: Cannabis kann die Gehirnreifung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen negativ beeinflussen. Cannabishaltige Lebensmittel, aromatisierte Rauchmischungen und andere gefährliche Zubereitungen mit einem hohen Gehalt an rauscherzeugendem Tetrahydrocannabinol (THC) sollten nicht zum Verkauf zugelassen sein.
Handlungsbedarf sehen die Expert:innen auch mit Blick auf die Verkaufswege.
Der Verkauf muss staatlich klar geregelt sein und darf den Cannabiskonsum nicht fördern«, erläutert Prof. Dr. Norbert Scherbaum, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).
Die Fachleute fordern daher klare Werbeverbote und Vorgaben, etwa hinsichtlich der maximalen Abgabemengen. Zudem müsse in den Shops über mögliche Risiken des Cannabiskonsums informiert werden. Entstünden bei Konsumierenden gesundheitliche oder soziale Probleme, sollten frühzeitig Wege in Hilfeangebote aufgezeigt werden.
Steuereinnahmen aus dem legalen Cannabis-Verkauf müssen im Gesundheitsbereich sinnvoll verwendet werden:
Wir erwarten von der Politik, die zusätzlichen Mittel für verbesserte Prävention, Früherkennung, Frühintervention, Beratung, Begleitung, Behandlung und Selbsthilfe einzusetzen«, betont Dr. Gallus Bischof, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie (dgsps).
Eine umfassende Begleitforschung in Deutschland sei wünschenswert; ebenso wie der Ausbau des Drogen- und Gesundheitsmonitorings in Deutschland. Zusätzliche Mittel aus den Steuereinnahmen werde es daher auch in der Versorgungs- und Therapieforschung brauchen.
Wir wollen, dass wissenschaftlich und begleitend untersucht wird, ob und wie sich der Umgang mit Cannabis in der Gesellschaft verändert. So müssen Änderungen im Konsum und beim Ausmaß der Konsumfolgen genau beobachtet werden, um auch in der Prävention und Behandlung frühzeitig passend reagieren zu können«, so Prof. Dr. Ulrich W. Preuß, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS).
Die Sucht-Fachgesellschaften regen an, eine Expert:innengruppe einzurichten. Sie könne die Regierung bei der Umsetzung der neuen Regulierungen zur kontrollierten Cannabisabgabe beraten.
Quelle: Pressemitteilung der DHS