Fassade der Bremischen Bürgerschaft.

Vierzehnjährige, die mit Erlaubnis ihrer Eltern im Lokal Alkohol trinken: Das soll es nach dem Willen einer großen Mehrheit der Bremischen Bürgerschaft bald nicht mehr geben. Gemeinsam mit der CDU haben die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken eine Bundesratsinitiative beschlossen, die das Aus für das sogenannte »begleitete Alkoholtrinken« bewirken soll. Ziel ist eine entsprechende Änderung des Jugendschutzgesetzes.

In dem gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen heißt es, dass Alkohol schädlich für den Körper und das Gehirn ist. Insbesondere für Kinder und Jugendliche, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet, stellt er eine große Gefahr dar. Bereits geringe Mengen können zu einer erhöhten Risikobereitschaft, Enthemmtheit und häufig auch zu aggressivem Verhalten führen. Darüber hinaus kann Alkoholkonsum zahlreiche Folgeerkrankungen verursachen und das Krebsrisiko erhöhen. Laut dem Alkoholatlas 2022 lassen sich etwa 20.000 Krebsneuerkrankungen auf Alkoholkonsum zurückführen. Seit Ende der 1990er Jahre ist bekannt, dass die Gefahr, im Laufe des Lebens eine Alkoholkonsumstörung zu entwickeln, bei Jugendlichen, die vor dem 15. Lebensjahr regelmäßig Alkohol konsumiert haben, vier Mal höher ist. Das belegte eine Studie des US-amerikanischen National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism.

Porträt von Sozialsenatorin Claudia Schilling.
Bier, Wein und Sekt gehören nicht in die Hände von 14- und 15-Jährigen.«
Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD)
Dennoch existiert in Deutschland bis heute eine völlig aus der Zeit gefallene Regelung: Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) erlaubt Gaststätten und Verkaufsstellen, Jugendlichen bereits ab 14 Jahren Bier und Wein im Beisein einer sorgeberechtigten Person (§ 9 Absatz 2 JuSchG) auszuschenken oder ihnen den Konsum zu gestatten. Diese Ausnahmeregelung steht in keinem Verhältnis zu den gesundheitlichen Risiken, die mit dem Konsum von Alkohol gerade in jungen Jahren einhergehen. Alkoholkonsum ist für Jugendliche nicht weniger schädlich, wenn Erziehungsberechtige anwesend sind. Vielmehr verharmlost die derzeitige Regelung die Gefahren von Alkohol. Befragungen zeigen auch, dass die Bevölkerung in Deutschland längst bereit für eine schärfere Rechtslage ist: Eine Umfrage der Stabstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums aus 2022 ergab sogar, dass die Mehrheit der Befragten eine Anhebung des Mindestalters für den Erwerb und den Konsum von Alkohol auf 18 Jahre befürwortet.«

Bier, Wein und Sekt ab 18: Zustimmung für einheitliches Mindestalter wächst

Ein rot-weißes rundes Verkehrszeichen mit der schwarzen Ziffer '18', vor einem strahlend blauen Himmel mit vereinzelten Wolken. Unter dem Schild sind mehrere Hände von verschiedenen Personen zu sehen, die eine Daumen-hoch-Geste geben und damit Zustimmung oder positive Rückmeldung signalisieren.

Je früher junge Menschen mit dem Alkoholkonsum beginnen, desto größer ist das Risiko, abhängig zu werden. Derzeit dürfen Jugendliche in Deutschland ab 14 Jahren Bier, Wein und Sekt trinken – wenn eine erziehungsberechtigte Person dabei ist. Ab 16 Jahren dürfen sie diese Getränke selbst kaufen und konsumieren. In vielen anderen europäischen Ländern darf Minderjährigen überhaupt kein Alkohol verkauft werden. In Deutschland wächst die Zustimmung in der Bevölkerung, das Mindestalter für den Erwerb und Konsum aller alkoholischen Getränke einheitlich auf 18 Jahre anzuheben. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Krebsforschungszentrums.

Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen findet der erste Alkoholkonsum in Deutschland im Durchschnitt mit 13,8 Jahren statt. Ein europäischer Vergleich unterstreicht, dass gerade in Deutschland Handlungsbedarf besteht: Laut einer Studie von HBSC (Health Behaviour in School-aged Children) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2022 liegt der Anteil der 15-Jährigen in Deutschland, die in den letzten 30 Tagen Alkohol konsumiert haben, bei 56 % bei den Mädchen und bei 54 % bei den Jungen. Damit liegt Deutschland bei den EU-Staaten auf Platz drei (EU-Durchschnitt: 38 % bei den Mädchen und 36 % bei den Jungen).

Auf der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im Juni 2024 wurde auf Antrag Mecklenburg-Vorpommerns einstimmig beschlossen, das sogenannte »Begleitete Alkoholtrinken« für Jugendliche ab 14 Jahren abzuschaffen. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich wiederholt dafür ausgesprochen. Derzeit werden gesetzliche, versorgungs- und rechtspolitische Maßnahmen zur Prävention des Alkoholkonsums bei Jugendlichen geprüft.

Endet die Erlaubnis für elterliche Fehlentscheidungen?

Junger Mann in rosa Hoodie mit dem Zitat: Von mir aus erst ab 21. Soll das cool sein oder was? Darunter eine Grafik, die tanzende junge Menschen unter dem Schutz eines Regenschirms vor Alkohol zeigt, mit dem Text: Alkoholfrei bis 18.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwägt, das sogenannte »betreute Alkoholtrinken« für Jugendliche unter 16 Jahren in Gaststätten abzuschaffen. Das deutsche Jugendschutzgesetz gehört zu den liberalsten Alkoholgesetzen der Welt. Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren dürfen unter Aufsicht von Eltern oder Erziehungsberechtigten Bier, Wein und weinhaltige Getränke konsumieren. Dahinter steht das von der Alkoholindustrie favorisierte Konzept, dass es besser sei, einen »verantwortungsvollen Umgang« mit Alkohol zu vermitteln, als ihn zu verbieten.

Angesichts der gravierenden gesundheitlichen Folgen von frühzeitigem Alkoholkonsum hat die AG Suchthilfe der Arbeitsgemeinschaften der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) die Abschaffung des sogenannten »Begleiteten Alkoholtrinkens« nach § 9 Absatz 2 JuSchG bereits als sinnvolle verhältnispräventive Maßnahme befürwortet.

Das Abschaffen des »Begleiteten Alkoholtrinkens« ist selbstverständlich nicht ausreichend, um Jugendliche vom Alkohol fernzuhalten und der Normalisierung und Verharmlosung von Alkoholkonsum in Deutschland entgegenzuwirken. Aber es ist eine notwendige Gesetzesanpassung, um Jugendliche zu schützen und die Präventionsangebote und Sensibilisierungsarbeit insbesondere bei Jugendlichen nicht durch eine antiquierte und aus heutiger Sicht falsche Ausnahme im Jugendschutz zu konterkarieren.«, schreiben die Antragsteller*innen in ihrer Begründung.

Die Abschaffung des begleiteten Alkoholtrinkens für unter 16-Jährige ist im Sinne des Jugendschutzes überfällig und aus gesundheitspolitischer Sicht notwendig, um Jugendliche möglichst frühzeitig für die Gefahren von Alkohol zu sensibilisieren.

Dabei geht es nicht zuletzt um ein Signal an Eltern: Es ist auch ihre Aufgabe, Jugendliche so lange wie möglich von Alkohol fernzuhalten.«

Quellen: