Titelseite des Factsheets von Unfairtobacco zu Kinderrechten und Tabakmarketing. Daneben das Zitat einer Schülerin über eine Zigarettenwerbung: Das ist eigentlich voll cool, weil das so nach Spaß aussieht.

Im Rahmen der Initiative Kinder ohne Alkohol und Nikotin veröffentlichen 15 Gesundheits- und zivilgesellschaftliche Organisationen ein neues Factsheet. Darin wird aufgezeigt, wie Werbung für Tabak- und Nikotinprodukte Kinderrechte verletzt.

Kinder und Jugendliche in Deutschland werden täglich mit unzähligen Werbebotschaften konfrontiert, sei es auf dem Schulweg, beim Einkaufen oder beim Blick auf das Smartphone. Besonders auffällig ist das Marketing für gesundheitsschädliche Produkte wie Zigaretten, E-Zigaretten und Einweg-E-Zigaretten.

Auf Werbebildschirmen in Geschäften flimmern bunte Bilder im Wechsel und Nikotinprodukte werden direkt neben Süßigkeiten angeboten. Promotion-Aktionen oder Sponsoring bei Musikfestivals verstärken die Botschaften der Imagewerbung. Sie sollen das Lebensgefühl der Jugendlichen ansprechen und ihnen einen Lifestyle verkaufen, der mit diesen Produkten verbunden wird. Dazu erforschen Unternehmen der Tabakindustrie unter anderem das Freizeitverhalten von Jugendlichen und nutzen die Erkenntnisse für ihr Marketing.

Zahlreiche Studien belegen, dass diese Werbung wirkt. Sie macht Kinder und Jugendliche neugierig auf Tabak- und Nikotinprodukte. Die Werbung macht Lust, die Produkte auszuprobieren und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder und Jugendliche mit dem Rauchen beginnen.

Warum verletzt die Vermarktung von Tabak- und Nikotinprodukten Kinderrechte?

Die Tabak- und Nikotinindustrie wirbt für Produkte, die süchtig machen und die Gesundheit schädigen. Deshalb gefährdet das Marketing für Tabak- und Nikotinprodukte das Kindeswohl und verletzt die Rechte des Kindes auf Leben, Information, Gesundheit und Schutz vor Suchtmitteln.

Diese Rechte sind in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben, zu deren Umsetzung Deutschland verpflichtet ist. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes drängt seit zwanzig Jahren darauf, dass die Staaten das Marketing für Alkohol und Tabak regulieren oder sogar verbieten und bezieht sich dabei auch explizit auf das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakkonsums, das unter anderem ein umfassendes Verbot des Marketings für Tabak- und Nikotinprodukte vorsieht.

Aus der Gesamtheit der Kinderrechte ergibt sich: Kinder haben ein Recht auf Schutz vor der Tabakindustrie. Das bedeutet, dass Kinder und Jugendliche ein Recht auf eine Umgebung haben, die frei von Tabak- und Nikotinwerbung ist.

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf eine Umgebung, die frei von Tabak- und Nikotinwerbung ist.

Leben und Gesundheit

Tabakkonsum verursacht zahlreiche schwere Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen und Diabetes. Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 127.000 Menschen daran. Das in Zigaretten, E-Zigaretten, Einweg-E-Zigaretten und ähnlichen Produkten enthaltene Nikotin macht schnell abhängig und beeinträchtigt bei Kindern und Jugendlichen die Entwicklung des Gehirns.

Das Marketing für Tabak- und Nikotinprodukte verletzt somit die Rechte des Kindes auf Leben und Gesundheit. Das Recht auf Leben soll das Überleben und die Entwicklung des Kindes sichern. Und das Recht auf Gesundheit umfasst neben der Behandlung von Krankheiten auch die Gesundheitsvorsorge und das Recht jedes Kindes auf Selbstbestimmung über die eigene Gesundheit und den eigenen Körper.

Information und Schutz vor Suchtstoffen

Angesichts dieser weitreichenden Folgen des Tabak- und Nikotinkonsums benötigen Kinder und Jugendliche vor allem Informationen über die Risiken von Zigaretten, E-Zigaretten, Einweg-E-Zigaretten und ähnlichen Produkten.

Diese Informationen werden jedoch allzu oft durch die starke Imagewerbung für Tabak- und Nikotinprodukte verdrängt. Die Werbung enthält vielmehr Informationen, die das Wohl von Kindern und Jugendlichen gefährden. Damit verletzt Tabak- und Nikotinmarketing das Recht des Kindes auf Information, das auch den Schutz vor gesundheits- und entwicklungsbeeinträchtigenden Informationen umfasst.

Die Marketingaktivitäten der Tabak- und Nikotinindustrie haben auch in den sozialen Medien stark zugenommen. Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat die Vertragsstaaten daher aufgefordert, Werbung und Marketing für gesundheitsschädliche Produkte, darunter Tabak und andere Nikotinprodukte, im digitalen Umfeld zu unterbinden.

Auch Deutschland wurde explizit aufgefordert, »die Vermarktung von Tabakerzeugnissen an Kinder zu regulieren und die Maßnahmen zur Aufklärung Jugendlicher über die Vermeidung des Missbrauchs von Substanzen, einschließlich Tabak und Alkohol, weiter zu verstärken«.

Also Deutschland – Schaff Tabakwerbung ab!

Das Instrumentarium hierfür findet sich im Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (WHO FCTC, Art. 13). Darin erkennen die Vertragsstaaten an, dass ein umfassendes Verbot von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring den Konsum von Tabakprodukten reduzieren würde. Sie verpflichten sich, ein solches Verbot innerhalb von fünf Jahren nach Ratifizierung gesetzlich zu verankern. Für Deutschland ist diese Frist 2010 abgelaufen.

Deutschland muss seiner Verantwortung für Kinder und Jugendliche in diesem Bereich besser gerecht werden. Deutschland braucht endlich ein Gesetz, das Kinder und Jugendliche vor dem Marketing für Tabak- und Nikotinprodukte schützt.

Die zentralen Anforderungen an ein solches Gesetz hat die Initiative Kinder ohne Alkohol und Nikotin zusammengestellt.

Zentrale Anforderungen an das Gesetz

  • Werbung für Tabak- und Nikotinprodukte vollständig beenden
  • Standardisierte Verpackungen für Tabak- und Nikotinprodukte einführen
  • Tabak- und Nikotinprodukte in lizenzierten Fachgeschäften verkaufen
  • Durchsetzung des bestehenden Mindestalters von 18 Jahren

Mitzeichnende Organisationen:

  • Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e. V. (ÄARG),
  • Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e. V. (ÄGGF),
  • astra-plus Pflegeschulen, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP),
  • Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS),
  • Deutsche Krebshilfe, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ),
  • Deutsches Netz Rauchfreier Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen (DNRfK),
  • Friedensband,
  • Guttempler in Deutschland e. V.,
  • IFT-Nord Institut für Therapie und Gesundheitsforschung,
  • Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen Mecklenburg-Vorpommern,
  • Nichtraucherschutzverband Deutschland,
  • Unfairtobacco,
  • VIVID – Fachstelle für Suchtprävention Graz.

Die Initiative »Kinder ohne Alkohol und Nikotin« besteht aus Gesundheits- und zivilgesellschaftlichen Organisationen und setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche in einer Umgebung aufwachsen, die es ihnen ermöglicht, ihre Persönlichkeit frei von Alkohol- und Nikotin-Marketing zu entfalten. Weitergehende Informationen zur Initiative: https://kinder-ohne-alkohol-und-nikotin.de/

Neue Initiative fordert Gesetz zum Schutz von Kindern vor Alkohol- und Nikotin-Marketing

Aufnahme einer Gruppe nicht erkennbarer Personen, die sich in der Luft an den Händen halten.

Kinder haben ein Recht auf den bestmöglichen Schutz ihrer Gesundheit. Doch die allgegenwärtige Werbung für Alkohol und Nikotin verführt sie zum Konsum dieser gesundheitsschädlichen Produkte. Werbung erhöht die Attraktivität der beworbenen Produkte und normalisiert den Umgang mit Alkohol und Nikotin in der Gesellschaft.

Der Koalitionsvertrag 2021 – 2025 sieht vor, die »Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol, Nikotin und Cannabis« zu verschärfen.

Neue Broschüre: Frauenrechte und Tabakkontrolle

Tabakarbeiterin auf Erntekarren

Zur 19. Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle am 15.–16. Dezember gibt Unfairtobacco, gemeinsam mit 23 mitzeichnenden Gesundheits-, Entwicklungs- und Tabakkontrollorganisationen, eine Broschüre zum Thema Frauenrechte und Tabakkontrolle heraus. Darin gehen verschiedene Autor:innen dem Zusammenhang von Tabakkonsum bzw. von Tabakkontrolle und der Umsetzung von Frauenrechten sowie der Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) nach.

Quelle: Unfairtobacco