Sechs Personen in medizinischer Berufskleidung klatschen einander in die Hände.

Der 128. Deutsche Ärztetag 2024 in Mainz fordert Bund und Länder auf, umfassende Werbeverbote für Alkohol, Nikotin- und Tabakprodukte sowie Glücksspiele zu erlassen und durchzusetzen.

Dazu fordert er die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag angekündigte Verschärfung der Regelungen für Marketing und Sponsoring von Alkohol-, Tabak- und Nikotinprodukten endlich umzusetzen.

Neue Bundesregierung plant Verbesserung von Vorschriften für Alkoholwerbung

Mädchen beim High five mit Vater

Sozialdemokrat:innen (SPD), die Grünen und die Freien Demokrat:innen (FDP) haben ihre Koalitionsgespräche abgeschlossen, wie die Parteispitzen mitteilten.

Mit dieser Ankündigung wurde auch der neue Koalitionsvertrag veröffentlicht. Darin verpflichtet sich die neue Regierung in mehreren Punkten, die Alkoholpolitik zu verbessern, wobei die eindeutigste Verpflichtung darin besteht, die Vorschriften für Alkoholwerbung im Einklang mit den neuesten Erkenntnissen zu verschärfen.

Der 128. Deutsche Ärztetag fordert die zuständigen Behörden auf, die Einhaltung aller genannten Werbeverbote in den sozialen Medien insbesondere im Hinblick auf die Zielgruppe der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sicherzustellen.

Abhängigkeit und problematischer Konsum sowohl von Alkohol, Nikotin und Tabak als auch von Glücksspielen sind in Deutschland auf einem zu hohen Niveau und verursachen erhebliche gesundheitliche und soziale Schäden. Umfassende Werbeverbote sind ein wirksamer Beitrag zur Bekämpfung dieser Probleme.

Alkohol

Auch wenn der Pro-Kopf-Alkoholkonsum rückläufig ist, bleibt Deutschland ein Hochkonsumland. 17,6 Prozent der 18- bis 64-Jährigen in Deutschland weisen einen problematischen Alkoholkonsum auf.

Die freiwilligen Selbstbeschränkungen der Industrie zur Werbung für alkoholische Getränke sind ungenügend für einen effektiven Schutz vulnerabler Gruppen.
128. Deutscher Ärztetag 2024 Mainz

Alkoholwerbung ist in Deutschland allgegenwärtig. Nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Regulierung der Alkoholwerbung ein kostenwirksames und nachweislich effektives Mittel, um den Alkoholkonsum zu reduzieren. Die WHO empfiehlt daher für Europa unter anderem umfassende Werbebeschränkungen beziehungsweise ‑verbote in den verschiedenen Medien einschließlich der sozialen Medien. Die in Deutschland bestehenden Werbebeschränkungen nach dem Rundfunkstaatsvertrag oder dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sind jedoch nicht ausreichend. Die daneben bestehenden freiwilligen Selbstbeschränkungen der Industrie bei der Werbung für alkoholische Getränke reichen für einen wirksamen Schutz vulnerabler Gruppen nicht aus.

Nikotin und Tabak

Laut der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) rauchten Ende 2023 in Deutschland 33,7 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Besonders besorgniserregend ist, dass auch die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die rauchen oder E-Zigaretten konsumieren, im Jahr 2022 wieder stark angestiegen ist.

Bestehende Werbeverbote in sozialen Medien werden nur unzureichend durchgesetzt.
128. Deutscher Ärztetag 2024 Mainz

Deutschland hat sich im Rahmen der Tabakkontrollkonvention der WHO von 2004 verpflichtet, ein umfassendes Werbe- und Sponsoringverbot für Tabakprodukte umzusetzen. Im internationalen Vergleich sind die Maßnahmen zur Tabakkontrolle jedoch unzureichend umgesetzt. Das Sponsoring von nicht grenzüberschreitenden Veranstaltungen durch Hersteller von Tabak- und Nikotinprodukten, die Außenwerbung für Tabakerzeugnisse und E-Zigaretten an Verkaufsstellen sowie die Promotion (Verkaufsaktionen und Ähnliches) von Nikotinprodukten wie Tabakerhitzern sind weiterhin erlaubt. Bestehende Werbeverbote in sozialen Medien werden nur unzureichend durchgesetzt. Dies ist umso problematischer, als gerade hier viele Jugendliche aktiv sind, die durch Werbeverbote geschützt werden sollen.

Glücksspiel

Nach dem Glücksspiel-Survey 2021 liegt bei 2,3 Prozent der erwachsenen Deutschen im Alter von 18 bis 70 Jahren eine Glücksspielstörung nach DSM-V vor. Bei weiteren 5,7 Prozent ist von einem riskanten Glücksspielverhalten auszugehen. Die Studie belegt zudem einen Zusammenhang zwischen Glücksspielproblemen und riskantem Alkoholkonsum. Während der Glücksspielstaatsvertrag 2021 beispielsweise zeitliche Beschränkungen für Glücksspielwerbung vorsieht, sind Sportwetten davon weitgehend ausgenommen. Insbesondere im Bereich des Sportsponsorings sind Sportwetten- und Glücksspielanbieter*innen omnipräsent.

Im Bereich des Sportsponsorings sind Sportwetten- und Glücksspielanbieter*innen omnipräsent.
128. Deutscher Ärztetag 2024 Mainz

Laut einer Umfrage des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen 2022 fordern zwei Drittel der Bevölkerung ein Ende des Sponsorings von Sportwettenanbieter*innen (und Alkoholproduzent*innen) im Fußball, 57 Prozent wünschen sich ein generelles Werbeverbot für Glücksspiele.

Nikotin- und Alkoholprävention mit neuem Präventionsgesetz endlich auf den Weg bringen!

Porträt von Linda Heitmann. Dazu ihr Zitat: Es braucht endlich konsequente Jugendschutzregelungen für Suchtmittelwerbung.

Am Mittwoch, 1. Mai, startete die Mitmachaktion »Rauchfrei im Mai«. Dazu erklären Linda Heitmann, Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen im Bundestag und Dirk Heidenblut, Berichterstatter für Drogen- und Suchtpolitik der SPD im Gesundheitsausschuss des Bundestages:

Wir begrüßen den Aufruf zu einem gemeinsamen rauchfreien Mai sehr. Er kann dazu beitragen, die Öffentlichkeit für die gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens und Dampfens zu sensibilisieren.

Mehrheit der Deutschen für Alkohol-Werbeverbot und höheres Mindestabgabealter

Hausdach, auf dem 'BEER!' in großen Buchstaben aufgestellt istBild von Lance Anderson bei Unsplash

Werbung für alkoholische Getränke ist in Deutschland nahezu uneingeschränkt möglich. Alkoholwerbung fördert den Einstieg von Jugendlichen in den Alkoholkonsum. Jugendliche dürfen in Deutschland Bier und Wein bereits ab 16 Jahren trinken, in Begleitung von Erziehungsberechtigten schon ab 14 Jahren. Je früher junge Menschen ihr erstes alkoholisches Getränk zu sich nehmen, umso größer ist das Risiko, abhängig zu werden. Eine Umfrage des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zeigt, dass sich die Bevölkerung einen besseren Schutz der Jugend vor Alkohol wünscht.

Quelle: Beschlussprotokoll des 128. Deutschen Ärztetags