Steigende Kosten für alkoholbedingte Schäden

Die Kosten des Alkohols sind enorm, nehmen zu und liegen wahrscheinlich weit über den bisherigen Schätzungen.

Die australischen Forscher*innen Tanya Chikritzhs und Michael Livingstone haben in ihrer Studie »Alcohol and the Risk of Injury« (Alkohol und das Verletzungsrisiko) den Beitrag von Alkohol zu Verletzungen und Unfällen anhand der verfügbaren Forschungsergebnisse untersucht.

Ihrer Einschätzung nach sind die Kosten des Alkohols enorm, nehmen zu und werden wahrscheinlich viel höher sein als die bisherigen Schätzungen.

In den letzten dreißig Jahren hat der weltweite Alkoholkonsum zugenommen. Die Forscher*innen sehen keine Anzeichen dafür, dass dieser Trend gebrochen wird; im Gegenteil, sie gehen davon aus, dass er bis 2030 um mehr als einen Liter pro Person und Jahr ansteigen wird, von 6,5 Litern pro Person im Jahr 2017 auf 7,6 Liter im Jahr 2030.

Der steigende Alkoholkonsum wird für die Regierungen, die bereits mit überlasteten Gesundheits- und Sozialdiensten zu kämpfen haben, in den kommenden Jahrzehnten eine Herausforderung darstellen

Der zunehmende Alkoholkonsum in Verbindung mit einer alternden Bevölkerung und einem höheren Konsum in Privathaushalten (aufgrund der Pandemie) wird wahrscheinlich die Verteilung und das Ausmaß alkoholbedingter Schäden in den kommenden Jahrzehnten verändern. Dies wird eine Herausforderung für Regierungen sein, die bereits mit überlasteten Gesundheits- und Sozialdiensten zu kämpfen haben, schreiben die Forscher*innen.

Die Gefahr, dass Alkohol Schaden anrichtet, hängt jedoch nicht nur von der Höhe des Konsums ab, so die Forscher*innen. Individuelle Unterschiede und Verhaltenserwartungen spielen eine Rolle, ebenso wie soziale und kulturelle Normen, etwa die Akzeptanz von Alkohol am Steuer. Externe Faktoren wie der Ort, an dem die Menschen gewöhnlich trinken (zu Hause, in einer Kneipe oder in einem Park), der Preis und die physische Verfügbarkeit von Alkohol haben ebenfalls einen Einfluss.

Die Entwicklung des Alkoholkonsums in der Bevölkerung wirkt sich auf die Häufigkeit von Verkehrsunfällen, Suiziden und Tötungsdelikten aus

Alkoholbedingte Verletzungen verursachen hohe Kosten und beanspruchen einen großen Teil der strapazierten Ressourcen des Gesundheitswesens. Studien zeigen, dass sich Veränderungen des Alkoholkonsums in der Bevölkerung auf die Häufigkeit von Verkehrsunfällen, Suiziden und Tötungsdelikten auswirken.

Gewalt steht in engem Zusammenhang mit Alkohol. Dies gilt insbesondere für das Risiko, selbst jemanden zu schlagen, aber Alkohol erhöht auch das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden. Wenn Erwachsene, die für Kinder verantwortlich sind, trinken, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Kinder Verbrennungen, Knochenbrüche oder sogar den Tod erleiden.

Kinder, die in jungen Jahren einem Trauma ausgesetzt sind, tragen auch ein höheres Risiko für spätere psychische Probleme, sexuelle Probleme, Drogenmissbrauch, Diabetes, chronische Krankheiten wie Herzkrankheiten, Diabetes oder Krebs sowie für das Abgleiten in Armut.

Bei Menschen über 70 sind Stürze die Hauptursache für verletzungsbedingte Todesfälle

Auch Sturzunfälle tragen in hohem Maße zur Morbidität und Mortalität bei. Bei Menschen über 70 ist sie die häufigste Ursache für verletzungsbedingte Todesfälle. Mit zunehmendem Alkoholkonsum besteht ein erhebliches Risiko, dass Stürze bei älteren Menschen zunehmen.

Auch Medikamente, die häufig von älteren Menschen eingenommen werden, werden durch Alkoholkonsum beeinträchtigt. Hier steht die Primärversorgung vor der Herausforderung, Patient*innen zu identifizieren, die ihren Alkoholkonsum reduzieren müssen, bevor ihnen bestimmte Medikamente verschrieben werden.

Suizid und Selbstverletzungen sind eng mit Alkohol verbunden. Schätzungen zufolge sind rund 15 % der Suizide weltweit auf Alkohol zurückzuführen: Auf Bevölkerungsebene zeigt sich, dass Gruppen mit hohem Alkoholkonsum mehr Suizide begehen; auf individueller Ebene zeigt sich, dass Menschen, die Alkohol trinken, viel häufiger Suizidgedanken hegen, sich häufiger selbst verletzen und Suizide in höherem Maße vollenden als andere.

Verletzungen im Straßenverkehr sind nach wie vor eine der Hauptursachen für Tod und Verletzungen bei jungen Menschen

Im reichen Teil der Welt sind die Verkehrsunfälle stark zurückgegangen, unter anderem dank einer Senkung der Promillegrenze. Dennoch sind Verletzungen im Straßenverkehr nach wie vor eine der Hauptursachen für Tod und Verletzungen bei jungen Menschen. Das Risiko, im Straßenverkehr verletzt zu werden, reicht von 2 % im Nahen Osten, wo Alkohol praktisch verboten ist, bis zu 38 % in Europa, wo er leicht erhältlich ist.

Ertrinken ist eine Unfallart, bei der Alkohol eine wichtige Rolle spielt. In einer systematischen Untersuchung haben Forscher festgestellt, dass etwa die Hälfte aller Todesfälle durch Ertrinken und ein Drittel aller ertrinkungsbedingten Verletzungen auf Alkohol zurückzuführen sind.

Hitze und Kälte sind Todesrisiken, die stark mit Alkohol zusammenhängen. Die Hälfte aller Menschen, die bei Hausbränden ums Leben kamen, stand unter Alkoholeinfluss. Die Anwesenheit einer Person, die unter Alkoholeinfluss stand, war der größte einzelne Risikofaktor für Verbrennungen. Das Risiko, zu erfrieren, ist für alkoholisierte Menschen deutlich höher, insbesondere für ältere Menschen in Ländern mit kälterem Klima, wie zum Beispiel in Schweden.

Alkoholvergiftungen und andere durch starken Alkoholkonsum verursachte Verletzungen sind in Ländern, in denen starker Alkoholkonsum Tradition hat, häufiger. Und für diejenigen, die andere als zum Verzehr bestimmte Produkte trinken, wie alkoholhaltige Reinigungsmittel, reines Ethanol oder Produkte wie Selbstgebrannter.

Maßnahmen zur Reduzierung des Alkoholkonsums auf Bevölkerungsebene durch Verringerung der Verfügbarkeit senken das Risiko von Verletzungen, Unfällen und Todesfällen

Arbeitsunfälle sind ein Bereich, den die Forscher*innen untersuchen wollten, aber sie kommen zu dem Schluss, dass dieser Bereich zu unerforscht ist, um ausreichende Erkenntnisse zu liefern.

Dennoch sind die Wissenschaftler*innen optimistisch: Es kann etwas getan werden. Maßnahmen zur Reduzierung des Alkoholkonsums auf Bevölkerungsebene durch Verringerung der Verfügbarkeit senken das Risiko, insbesondere wenn mehrere Maßnahmen kombiniert werden. Die Forscher*innen betonen insbesondere, wie wichtig es ist, Maßnahmen zu ergreifen, die den Alkoholkonsum am Steuer einschränken, um Verletzungen oder Todesfälle bei Menschen im Haupterwerbsalter zu verhindern.