Computeranimierte Illustration: Menschen, die mit Tiefenschärfe über das Konzept des Teams miteinander verbunden sind.

Die Forscher*innen verwenden Längsschnittdaten sozialer Netzwerke aus der Framingham Heart Study, um zu untersuchen, inwieweit der Alkoholkonsum durch die Netzwerkstruktur beeinflusst wird.

Autor*innen: Maarten W. J. van den Ende, Han L. J. van der Maas, Sacha Epskamp und Mike H. Lees

Zitierung: van den Ende, M.W.J., van der Maas, H.L.J., Epskamp, S. et al. Alcohol consumption as a socially contagious phenomenon in the Framingham Heart Study social network. Sci Rep 14, 4499 (2024). https://doi.org/10.1038/s41598-024-54155-0

Quelle: Scientific Reports

Datum der Veröffentlichung: 24. Februar 2024

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Alkoholkonsum als soziales Ansteckungsphänomen im sozialen Netzwerk der Framingham Heart Study

Abstrakt

SIS-Modell

Das SIS-Modell bezeichnet in der mathematischen Epidemiologie, einem Teilgebiet der theoretischen Biologie, einen semi-realistischen Ansatz zur Beschreibung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten ohne Immunitätsaufbau.

Die Forscher*innen bewerten die Verbreitung des Alkoholkonsums anhand eines dreistufigen SIS-Modells, in dem Personen als Abstinente, moderate Konsument*innen und starke Alkoholkonsument*innen klassifiziert werden. Sie stellen fest, dass die Verwendung von drei Zuständen die eher kanonische Klassifizierung in zwei Zustände verbessert, da die Daten zeigen, dass alle drei Zustände sehr stabil sind und eine unterschiedliche soziale Dynamik aufweisen. Sie zeigen, dass es bei der Modellierung der Prävalenz des Alkoholkonsums wichtig ist, die Topologie der sozialen Interaktionen unter Einbeziehung der Netzwerkstruktur zu modellieren. Die Bevölkerung ist nicht homogen gemischt, und es gibt eine starke Gruppierung von Abstinenten und starken Konsument*innen.

Die Forscher*innen stellen fest, dass sowohl Abstinente als auch starke Konsument*innen einen starken Einfluss auf ihr soziales Umfeld haben; für jede Beziehung zwischen einem starken Konsumenten und einem Abstinenten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein moderater Konsument ihr Trinkverhalten übernimmt, um 40 % beziehungsweise 18 %.

40 %

Soziale Ansteckung von starkem Alkoholkonsum

Für jede Verbindung von starken Alkoholkonsument*innen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mäßige Alkoholkonsument*innen ihr Alkoholkonsumverhalten übernehmen, um 40 %.

18 %

Soziale Ansteckung von alkoholfreier Lebensweise

Für jede Verbindung von Abstinenten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mäßige Alkoholkonsument*innen ihr Alkoholkonsumverhalten übernehmen, um 18  %.

Die Forscher*innen fanden auch heraus, dass Abstinenzbeziehungen einen signifikant positiven Effekt auf die Einstellung zum Alkoholkonsum bei starken Konsument*innen haben. Anhand von Simulationen kommen die Forscher*innen zu dem Schluss, dass zwar beide Interventionen wirksam sind, dass aber die Erhöhung des Einflusses der Abstinenten wirksamer zu sein scheint als die Verringerung des Einflusses der starken Konsument*innen.

Einführung

Alkoholabhängigkeit ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels vieler Faktoren: soziale Faktoren, die von der allgemeinen Lebenszufriedenheit bis zur Verfügbarkeit der Substanz reichen, psychologische Faktoren wie Entscheidungsprozesse und Craving sowie genetische Veranlagungen. Obwohl die Auswirkungen des sozialen Umfelds auf die Alkoholabhängigkeit bereits umfassend erforscht wurden, gelten die zugrunde liegenden Wechselwirkungen nach wie vor als komplex und vielschichtig.

Der Erstkonsum wird durch den Einfluss der Eltern und den Kontakt zu konsumierenden Gleichaltrigen beeinflusst. Der Druck von Gleichaltrigen kann den Konsum fördern, während soziale Normen und Stigmatisierung die Inanspruchnahme von Hilfe erschweren können. Auf der anderen Seite kann soziale Unterstützung für die Genesung von Alkoholkonsumstörungen von entscheidender Bedeutung sein: Die Unterstützung durch die Gemeinschaft ist ein Schlüsselelement vieler Genesungsprogramme.

Obwohl es viele psychologische Theorien und formale Modelle zum Alkoholkonsum gibt, wird der Einfluss des sozialen Umfelds oft vernachlässigt. Gleichzeitig wird bei sozialen Ansätzen häufig auf die genaue Struktur des sozialen Umfelds verzichtet, da der genaue Prozess der Ansteckung durch Alkoholkonsum nicht gut verstanden wird. In neueren Studien wird jedoch zunehmend die Bedeutung der Netzwerkstruktur für Ansteckungsprozesse erkannt.

Besonders deutlich wurde dies bei der COVID-19-Pandemie, wo ein zunehmender Bedarf an Modellierungsbemühungen besteht, die die Netzwerkstruktur einbeziehen. Wie wichtig es ist, die Heterogenität der Bevölkerung zu berücksichtigen, zeigte sich auch im Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum. Hier nutzen die Forscher*innen Längsschnittdaten sozialer Netzwerke aus der Framingham Heart Study, um den Einfluss der Struktur des sozialen Umfelds auf Alkoholkonsummuster zu untersuchen.

Der Einfluss sozialer Beziehungen auf Verhaltensweisen wie Alkoholkonsum, Essgewohnheiten, Depressionen, Schlafverhalten und Rauchen wurde mit der Verbreitung von Infektionskrankheiten verglichen. Das Konzept der »sozialen Ansteckung« fasst dieses Phänomen zusammen und legt nahe, dass die in der Epidemiologie üblichen mathematischen Modelle gut geeignet sein könnten, um die Dynamik der Ausbreitung solcher Verhaltensweisen zu entschlüsseln.

Während zahlreiche Studien die soziale Übertragung verschiedener Verhaltensweisen untersucht haben, steckt die Anwendung epidemiologischer Rahmenkonzepte auf nichtübertragbare Krankheiten noch in den Kinderschuhen. Methodische Innovationen wurden entwickelt, um Faktoren wie Gruppeninteraktionen, kontextabhängige Beziehungen und multiple Netzwerke zu berücksichtigen. Soziale Ansteckungsmodelle haben sich hauptsächlich mit Adipositas, Rauchen und der Verbreitung von Informationen befasst, wobei sie sich häufig auf theoretische Netzwerkstrukturen und nicht auf empirische Daten stützten.

Durch die Analyse von Netzwerkdaten aus der Framingham Heart Study haben sich Hill und Kolleg*innen in diesem Bereich einen Namen gemacht. Die vorliegende Studie folgt ihrem Ansatz, indem sie ein epidemiologisches Modell verwendet, um zu untersuchen, wie sich Alkoholkonsum über soziale Netzwerke ausbreitet.

Darüber hinaus spiegelt die binäre Klassifizierung von Personen als Konsument*innen oder Nichtkonsument*innen das beobachtete Spektrum des Alkoholkonsums möglicherweise nicht genau wider, da ein großer Teil der Bevölkerung Alkohol relativ kontrolliert und unproblematisch konsumiert. Aus diesem Grund wurde ein dreistufiges Klassifizierungssystem – Abstinente, mäßige Konsument*innen und starke Konsument*innen – vorgeschlagen.

Ziel dieser Studie ist es, die Auswirkungen dieser nuancierten Kategorisierung und ihre Wirksamkeit für ein besseres Verständnis des Konsumverhaltens zu untersuchen. Die Forscher*innen bewerten auch die Übereinstimmung der beobachteten Daten mit den Annahmen ihres epidemiologischen Modells und identifizieren wichtige Parameter, die Aufschluss über die Mechanismen der Übertragung des Konsumverhaltens geben.

Schließlich wollen sie die Komplexität der Ausbreitung des Alkoholkonsums aufschlüsseln, indem sie die Rolle der verschiedenen Konsumkategorien analysieren. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Ausmaß des sozialen Einflusses, den jede Kategorie ausübt, und ihre jeweilige Anfälligkeit zu verstehen. Darüber hinaus werden Simulationsexperimente zur Erprobung potenzieller Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit es ihnen ermöglichen, die Wirksamkeit verschiedener Strategien zur Eindämmung der Verbreitung des Alkoholkonsums zu bewerten.

Schließlich versuchen sie, die Komplexität der Verbreitung des Alkoholkonsums durch die Analyse der Rolle der verschiedenen Konsumkategorien zu entschlüsseln. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Ausmaß des sozialen Einflusses, den jede Gruppe ausübt, und ihre jeweilige Anfälligkeit zu verstehen. Darüber hinaus werden Simulationsexperimente zur Erprobung potenzieller Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit die Bewertung der Wirksamkeit verschiedener Strategien zur Eindämmung des Alkoholkonsums ermöglichen.

Hintergrund

Modellierung von Infektionskrankheiten

Modelle für Infektionskrankheiten werden in großem Umfang zur Modellierung und Vorhersage von Epidemien in großen Populationen verwendet. Diese Modelle beschreiben die Dynamik gut gemischter Subpopulationen (zum Beispiel anfällig, infiziert, geheilt) als Sätze gewöhnlicher Differentialgleichungen. Für einige Populationen wird eine homogene Durchmischung angenommen, und obwohl diese Modelle einfach sind, geben sie die Dynamik der tatsächlichen Ausbreitung genau wieder und erfordern keine soziale Struktur oder komplexere Ausbreitungsdynamik. In diesen Modellen werden die Individuen nur nach ihrem physiologischen Zustand eingeteilt: Sie sind entweder »anfällig« (S = susceptible) für die Krankheit oder »infiziert« (I), wenn sie sich mit der Krankheit angesteckt haben. Wenn sie Immunität erworben haben, wechseln sie in den Zustand »geheilt« (R = recovered), was mit dem SIR-Modell beschrieben wird. Oder, wenn sie nach der Genesung wieder infiziert werden können, kehren sie zur »anfälligen« (S) Population zurück, was als SIS-Modell bezeichnet wird.

In diesen Modellen gibt es zwei Hauptparameter, die das Verhalten der Krankheit beschreiben: die Rate, mit der infizierte Individuen die Krankheit auf empfängliche Individuen übertragen können, und eine konstante Erholungsrate. Die Reproduktionszahl R₀, definiert als die Infektionsrate dividiert durch die Erholungsrate, kann bereits einen guten Hinweis auf die Ansteckungsfähigkeit und den zukünftigen Verlauf der Krankheit geben. Die Einfachheit dieser Modelle erlaubt es, sie analytisch zu lösen, was uns hilft, ihre Dynamik besser zu verstehen. Auf diese Weise können sie politischen Entscheidungsträger*innen helfen, präzise Vorhersagen zu treffen und Szenarien der Krankheitsausbreitung zu untersuchen, wie beispielsweise den jüngsten Ausbruch von Covid-19.

Soziale Ansteckung von Alkoholkonsum

Obwohl Alkoholkonsum nachweislich ein »sozial ansteckendes« Verhalten ist, unterscheidet er sich von Infektionskrankheiten und anderen Verhaltensweisen in einer Reihe von Punkten, die den genauen Modellierungsansatz beeinflussen. Erstens sollte ein SIS-Modell anstelle eines SIR-Modells verwendet werden, da es unmöglich ist, immun zu werden, wenn es sich um Verhalten handelt. Zweitens hat sich gezeigt, dass es eine große, stabile, allgemeine Gruppe mit mäßigem Alkoholkonsum gibt, bei der auf 98 % der Jahre mit Freizeitkonsum ein weiteres Jahr mit mäßigem Alkoholkonsum folgt. Dieser moderate Alkoholkonsum entspricht einem durchschnittlichen wöchentlichen Konsum von 1 bis 7 Getränken bei Frauen und 1 bis 14 Getränken bei Männern. Um Längsschnittmuster zu verstehen, kann es daher wichtig sein, zwischen moderatem oder Freizeitkonsum und starkem Alkoholkonsum zu unterscheiden, der mit psychischen und biophysischen Gesundheitsrisiken verbunden ist.

Die Forscher*innen zeigen, dass es wichtig ist, zwischen Abstinenten, moderaten Konsument*innen und starken Konsument*innen zu unterscheiden, nicht nur im Hinblick auf die biophysiologischen Folgen, sondern auch, um die Dynamik ihrer Verbreitung in einer Bevölkerung zu verstehen. Schließlich können Infektionskrankheiten zwar in der Regel nur durch Körperkontakt mit einer infizierten Person übertragen werden, aber Verhaltensweisen können auch durch eine Vielzahl anderer Faktoren übernommen werden. Beispiele hierfür sind kulturelle Veränderungen, wie Veränderungen in der Normalität, Unterschiede in der Verfügbarkeit, Werbung, die zum Alkoholkonsum anregt oder davon abhält, und die Auswirkungen politischer Maßnahmen. Dieser nicht-soziale oder »spontane« oder »automatische« Übergang muss daher berücksichtigt werden. Dies gilt nicht nur für die Zunahme des Alkoholkonsums, sondern auch für dessen Verringerung und den Ausstieg aus dem Konsum.

In der Epidemiologie gibt es jedoch immer mehr Belege dafür, dass die Eigenschaften der sozialen Topologie in der realen Welt, die sich aus den heterogenen Mustern der Konnektivität ergeben, einen unbestreitbaren Einfluss auf das Ausbreitungsverhalten von Epidemien haben, und die Einbeziehung expliziter Darstellungen dieser Strukturen wird seit Anfang 2000 befürwortet. Während sich einige Krankheiten einfach dadurch ausbreiten können, dass sich Menschen in der gleichen Umgebung aufhalten, geschieht dies bei sozial verbreiteten Verhaltensweisen langsam, meist über Personen, mit denen man soziale Beziehungen unterhält und mit denen man viel Zeit verbringt. Da diese sozialen Bindungen sehr heterogen sind, ist die Beschreibung des sozialen Umfelds der Individuen umso wichtiger für die Darstellung der interpersonellen Ausbreitung von Verhaltensweisen.

Eine grundlegende Umsetzung der Sozialstruktur in SIR-Modellen besteht darin, die Anzahl der Kompartimente zu erhöhen, zum Beispiel durch Gruppierung in verschiedene Alters- oder Risikogruppen oder durch räumliche Kompartimentierung. Ähnliche Ansätze wurden bei nichtübertragbaren Krankheiten angewandt. Zum Beispiel bei der Modellierung des Rauschtrinkens an Universitäten, bei der die Individuen aus jedem Ausgangsjahr in verschiedene räumliche Kompartimente aufgeteilt werden. Die homogene Durchmischung innerhalb der Personen dieser Jahrgänge bleibt erhalten, aber die Durchmischung und damit die Ansteckung zwischen Personen verschiedener Jahrgänge wird reduziert. Eine genauere Darstellung der Sozialstruktur bieten jedoch soziale Netzwerke, in denen jedes Individuum (Knoten) Verbindungen (Kanten) zu anderen Individuen hat, mit denen es in einer sozialen Beziehung steht. Die Beschränkung des Modells auf ein soziales Netzwerk bedeutet also, dass eine infizierte Person ihr Verhalten nur auf andere Personen übertragen kann, mit denen sie sozial verbunden ist.

Epidemiologische Modelle in Netzwerken

Die Modellierung von Infektionsprozessen in einem sozialen Netzwerk hat weitreichende Konsequenzen, da die Übertragung von Krankheiten nicht mehr nur von epidemiologischen Parametern abhängt, sondern auch von den Eigenschaften des Netzwerks. Die zusätzliche Komplexität der Netzwerkstruktur macht es unplausibel, die Dynamik analytisch zu lösen, ohne Vereinfachungen an der Netzwerkstruktur vorzunehmen oder sich auf Näherungen wie die paarweise Mean-Field-Approximation zu verlassen. Diese Vereinfachungen sind jedoch nur dann zuverlässig, wenn die soziale Ausbreitung deutlich geringer ist als die Rate der spontanen Übergänge. Daher sind Simulationsstudien die zuverlässigste und bevorzugte Methode zur Untersuchung der sozialen Dynamik.

Die Konnektivität des Netzwerks spielt eine entscheidende Rolle bei der Krankheitsübertragung; ein stark vernetztes Netzwerk erleichtert die schnelle Ausbreitung, während ein schlecht vernetztes Netzwerk die Krankheitsübertragung erheblich verlangsamen kann. Der Grad der Clusterbildung ist ebenfalls von Bedeutung; wenn das Netzwerk aus schlecht verbundenen Clustern besteht, kann es länger dauern, bis sich die Krankheit von einem Cluster zum nächsten ausbreitet, was zu einem langsameren Krankheitsverlauf führt als in einer gut durchmischten Bevölkerung. In einigen Fällen könnte eine Krankheit mit R > 1, die in einem unstrukturierten Modell typischerweise zu einer Epidemie führen würde, in einem Netzwerk mit einer kleinen Anzahl von ursprünglich infizierten Individuen, die nicht gut miteinander verbunden sind, aussterben. Tritt sie jedoch in ein Cluster ein, kann sie sich dort schnell ausbreiten.

Heterogenität in der Konnektivität von Einzelpersonen kann auch zu Super-Spreadern führen; gut vernetzte Personen, die infiziert werden, können die Ausbreitung erheblich verstärken. Ein weiterer Einflussfaktor ist der Grad der Durchmischung des Netzwerks. In assortativ gemischten Netzwerken ist es wahrscheinlicher, dass Personen eines bestimmten Typs mit ähnlichen Personen verbunden sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Personen mit ähnlichen Merkmalen oder Verhaltensweisen eher miteinander als mit unähnlichen Personen verbunden sind, wird als räumliche Korrelation bezeichnet. Beispielsweise ist die räumliche Korrelation hoch, wenn starke Alkoholkonsument*innen eher mit anderen starken Konsument*innen verbunden sind, als dies in einem zufällig gemischten Netzwerk zu erwarten wäre. Daher kann die räumliche Korrelation die Verbreitung von Verhaltensweisen oder Merkmalen innerhalb eines Netzwerks beeinflussen, da Einzelpersonen durch ihre sozialen Beziehungen beeinflusst werden können, ähnliche Verhaltensweisen oder Merkmale anzunehmen.

Diskussion der Ergebnisse

Die Forscher*innen analysierten den Alkoholkonsum und Netzwerkdaten aus der Framingham Heart Study und fanden Hinweise auf eine soziale Verbreitung des Alkoholkonsums unter miteinander verbundenen Personen. Auf der Grundlage dieser Daten entwickelten sie ein epidemiologisches Modell, das drei unterschiedliche und stabile Zustände des Alkoholkonsums berücksichtigt: Abstinenz, moderater und starker Alkoholkonsum. Es erfasst die Wechselwirkungen zwischen spontanem und sozial konditioniertem Konsumverhalten und liefert Übertragungsraten, mit denen sich die Auswirkungen der sozialen Ansteckung quantifizieren lassen.

Bei der Untersuchung der Netzwerkstruktur stellen sie fest, dass starke Konsument*innen und Abstinente deutlich häufiger mit anderen Personen mit ähnlichen Konsumgewohnheiten in Kontakt stehen. Insbesondere ist die Wahrscheinlichkeit, dass starke Konsument*innen und Abstinente mit ähnlichen Konsument*innen in Verbindung gebracht werden, um 43 % beziehungsweise 54 % höher. Dies unterstreicht die Bedeutung der Einbeziehung von Netzwerkmodellen in Studien zum Konsumverhalten, da epidemiologische Modelle, die von homogenen Populationen ausgehen, die Komplexität solcher Verhaltensweisen nicht genau erfassen. Darüber hinaus stellten die Forscher*innen fest, dass eine Kategorisierung in drei Zustände zu stabilen Zuständen führt, die jeweils eine unterschiedliche Infektionsdynamik aufweisen, und dass der biophysiologische Schwellenwert von 7 beziehungsweise 14 Getränken pro Woche für Frauen und Männer gut mit der Stabilität dieser Klassifizierungen in ihren Daten übereinstimmt. Dieser Schwellenwert kann daher auch für die Verhaltensdynamik als geeignet angesehen werden.

43 %

Gleich und gleich gesellt sich gern

Starke Alkoholkonsument*innen haben eine um 43 % höhere Wahrscheinlichkeit, mit Personen in Kontakt zu kommen, die einen ähnlichen Alkoholkonsum aufweisen.

54 %

Gleich und gleich gesellt sich gern

Abstinente haben eine um 54 % höhere Wahrscheinlichkeit, mit Personen in Kontakt zu kommen, die wie sie keinen Alkohol trinken.

Nach Anpassung ihres Modells stellten die Forscher*innen fest, dass sowohl Abstinente als auch starke Konsument*innen einen signifikanten Einfluss auf die Konsumgewohnheiten ihrer sozialen Kontakte hatten und dass dieser Einfluss über den Datenzeitraum von 30 Jahren konstant blieb. Sie fanden heraus, dass jede*r abstinente Freund*in die Wahrscheinlichkeit von moderaten Alkoholkonsument*innen, ebenfalls abstinent zu werden, um 18 % erhöhte, während jede*r starke Konsument*in die Wahrscheinlichkeit, selbst starke*r Konsument*in zu werden, um 40 % erhöhte. Sie beobachteten auch, dass Abstinente einen signifikant positiven Einfluss auf starke Konsument*innen hatten, mit dem Alkoholkonsum aufzuhören. Umgekehrt erhöht jede Beziehung zwischen einem Abstinenten und einem starken Alkoholkonsumenten die Wahrscheinlichkeit, mit dem Alkoholkonsum zu beginnen und moderate*r Konsument*in zu werden, erheblich. Es wurde festgestellt, dass moderate Konsument*innen einen kleinen, aber signifikanten Einfluss darauf haben, Abstinente zu ermutigen, mit dem Alkoholkonsum zu beginnen, aber keinen signifikanten Einfluss darauf haben, starken Konsument*innen zu helfen, ihren Alkoholkonsum zu reduzieren.

50 %

Soziale Verbreitung von Alkoholfreiheit

Wer sich mit Abstinenten umgibt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine vollständige Alkoholfreiheit zu erreichen, um fast 50 % pro Verbindung.

Aufgrund ihrer Ergebnisse kommen die Forscher*innen zu dem Schluss, dass soziales Alkoholtrinken eine wichtige Rolle für den unproblematischen Konsum spielt und dass auch Abstinente nicht vor Gruppendruck gefeit sind. Zudem wird die Steigerung des Alkoholkonsums bis hin zu starkem Konsum weitgehend durch das soziale Umfeld beeinflusst, nicht aber die Reduzierung des Alkoholkonsums, da die spontane Verringerung des Alkoholkonsums jährlich bei 7,5 % der Bevölkerung unabhängig von der Anzahl moderater Alkoholkontakte auftritt. Obwohl der Übergang zur völligen Abstinenz nur bei 1,8 % der Bevölkerung mit hohem Alkoholkonsum erfolgt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, eine völlige Abstinenz zu erreichen, um fast 50 % pro Kontakt, wenn man von abstinenten Personen umgeben ist.

Mit Hilfe dieses kalibrierten Modells simulieren sie die zukünftige Prävalenz von Abstinenz, moderatem und starkem Alkoholkonsum. Sie kommen zu dem Schluss, dass der starke Alkoholkonsum von 22 % im Jahr 1975 weiter auf etwa 13 % zurückgeht und die Abstinenz auf einen Wert von 43 % ansteigt, der dem moderaten Alkoholkonsum sehr nahe kommt. Darüber hinaus untersuchen sie die allgemeine epidemiologische Dynamik ihre AMHa-Modells (Abstinent, Moderat, stark (=Heavy) anhand des sozialen Netzwerks der Framingham Heart Study. Sie kommen zu dem Schluss, dass unter der Annahme, dass die Wirksamkeit der Interventionen relativ ähnlich ist, die Erhöhung des sozialen Einflusses der Abstinenten wirksamer ist als die Verringerung des sozialen Einflusses der starken Alkoholkonsument*innen.

Der Datensatz der Framingham Heart Study ist insofern einzigartig, als er ein soziales Längsschnittnetzwerk mit Konsumdaten über einen langen Zeitraum kombiniert. Darüber hinaus lebten alle Teilnehmer*innen in der gleichen Stadt, was bedeutet, dass viele soziale Verbindungen Personen sind, die auch in der Studie enthalten sind. Da es jedoch nicht das Ziel der Studie war, ein soziales Netzwerk zu erhalten, wurden viele soziale Beziehungen indirekt erfasst. Daher ist nicht immer klar, ob es sich bei den Verbindungen, die aus den unbenannten Daten gewonnen wurden, um Personen handelt, mit denen die Teilnehmer*innen tatsächlich in Kontakt stehen. Dies kann zu Ungenauigkeiten im sozialen Netzwerk im Vergleich zur Realität führen. Außerdem verwenden die Forscher*innen ein ungerichtetes Netzwerk, aber je nach Richtung der Verbindungen könnte es Unterschiede im Einfluss geben: Eltern haben einen größeren Einfluss auf ihre Kinder als umgekehrt. Eine weitere Einschränkung des Datensatzes ist seine demografische Zusammensetzung, da er hauptsächlich aus älteren Menschen besteht. Daher spiegeln die von den Forscher*innen beobachteten Verhaltensweisen und Interaktionen diese ältere Kohorte wider und sind möglicherweise nicht repräsentativ für die von jüngeren Erwachsenen oder Jugendlichen gezeigten Muster.

Darüber hinaus geht dieses epidemiologische Modell von einer linearen Beziehung zwischen der Ausbreitungswahrscheinlichkeit und der Anzahl der Verbindungen aus; während dies für die von den Autor*innen verwendeten Daten mit begrenzter Gradverteilung zutrifft, können größere Datenmengen eine komplexere Beziehung offenbaren. Darüber hinaus berücksichtigt ihr Modell nicht die nicht-markovianischen Elemente des Konsumverhaltens. Ehemalige starke Alkoholkonsument*innen, die sich erholt haben, haben ein deutlich höheres Risiko, langfristig zu ihrem früheren Verhalten zurückzukehren, als Personen, die nie stark Alkohol konsumiert haben. Dies stellt eine Herausforderung bei der Messung der Übergangsraten von Abstinenz zu moderatem oder starkem Alkoholkonsum dar, da diese Raten zwischen Personen in verschiedenen Phasen des Konsums variieren können. Hinzu kommt, dass ein erheblicher Teil der starken Alkoholkonsument*innen nie versucht, von ihrem Alkoholkonsum loszukommen, und über Jahre hinweg weiterhin stark trinkt. Umgekehrt kann eine andere Gruppe aktiv und mit unterschiedlichem Erfolg versuchen, sich zu erholen, was zu unterschiedlichen Erholungsraten innerhalb der Gruppe der starken Alkoholkonsument*innen führt.

Zukünftige Arbeiten zu diesem Thema sollten daher versuchen, die komplexe und katastrophale Natur des schweren Substanzkonsums zu erfassen, auch wenn dies eine Herausforderung darstellt. Modelle, die psychologisch fundierte Theorien des Alkoholkonsums und seiner Auswirkungen auf das soziale Umfeld einbeziehen, wären in der Lage, nicht-markovsche Dynamiken zu berücksichtigen und zwischen Individuen auf der Grundlage ihrer Geschichte zu unterscheiden. Solche Modelle müssen sorgfältig entwickelt und getestet werden, haben aber ein großes Potenzial, unser Verständnis von schwerem Substanzkonsum zu vertiefen.

Diese Modelle würden von der Einbeziehung noch größerer Datensätze mit mehr Messpunkten sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die Größe des Netzes stark profitieren. Darüber hinaus könnte die Robustheit der Modelle verbessert werden, indem sie mit verschiedenen Datensätzen sowohl auf individueller als auch auf Bevölkerungsebene validiert werden. Obwohl die Daten der Framingham Heart Study bereits einige Informationen über die Art der sozialen Beziehungen enthalten, könnten Methoden, die zwischen der sozialen Relevanz der einzelnen Beziehungen (zum Beispiel verbrachte Zeit oder gegenseitiger Einfluss) unterscheiden, die Darstellung der tatsächlichen Beziehungen verbessern. Darüber hinaus könnten Simulationsstudien, die die Auswirkungen der Netzwerkstruktur untersuchen und Superspreader, verschiedene Netzwerkszenarien und verschiedene räumliche Korrelationsfaktoren untersuchen, ein umfassenderes Verständnis der Wirksamkeit der Anpassung an soziale Umgebungen liefern, wofür sich das AMHa-Modell als geeigneter Ausgangspunkt erweisen könnte.

Quelle: Scientific Reports

Übersetzt mit www.DeepL.com