Junge Frau bei Online-Bestellung mit dem Smartphone

Gemäß der Auswertung aller Testkäufe an physischen Verkaufspunkten in der Schweiz haben Jugendliche im Jahr 2021 in rund einem Drittel der Fälle illegal Alkohol kaufen können. Die Maskenpflicht zeigt die Grenzen des Systems, bei dem das Personal selber abschätzen muss, ob jemand das zum Alkoholkauf erforderliche Alter erreicht hat.

Bei Bestellung übers Internet (Einzelhandel und Lieferdienste der Gastronomie) stieg die Quote der illegalen Verkäufe gar auf über 90 %. Hier finden die Jugendlichen praktisch freie Bahn für den Alkoholkauf vor, da der gesetzliche Rahmen noch nicht an diese Art des Verkaufs angepasst scheint.

Im Auftrag des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) hat die Stiftung Sucht Schweiz die Ergebnisse der Alkoholtestkäufe 2021 ausgewertet. Positiv aufgefallen ist, dass immer mehr Einzelhandelsketten die Ergebnisse ihrer internen Tests zur Verfügung stellen. Testkäufe geben Aufschluss darüber, wie der Jugendschutz beim Alkoholverkauf eingehalten wird.

Klassische Testkäufe

  • Insgesamt wurde in 33,5 % der Fälle illegal Bier und Wein an unter 16-Jährige oder Spirituosen an unter 18-Jährige verkauft. Dies bedeutet eine Steigerung um 4,4 Prozentpunkte gegenüber 2020.
  • In nur noch 72,4 % der Fälle (2019: 81,7 %) hat das Verkaufs- oder Servicepersonal eine Alterskontrolle durchgeführt (mit einer mündlichen Frage und/oder per Ausweiskontrolle).
  • Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Verkaufsstellentypen: Am besten schnitten die Tankstellenshops mit 23,5 % illegalen Verkäufen ab, gefolgt von den Restaurants/Cafés mit 32,9 % und den Ladenketten und Großverteilern mit rund 34,6 %. Schlechter schnitten die Bars/Pubs mit über 38,1 % Fehlverkäufen ab.

Online-Testkäufe

Erstmals wurde auch eine große Serie von Online-Testkäufen durchgeführt. Die Resultate sind besorgniserregend (und bestätigen eine kleinere Untersuchung des Blauen Kreuzes). Hier zeigt sich folgendes Bild:

  • 93,8 % der Jugendlichen haben durch die Bestellung im Internet illegal Alkohol erhalten. 89 % der 13-Jährigen wurde der Alkohol von den Lieferant:innen direkt ausgehändigt.
  • Zwar wurde in 18,5 % der Fälle beim Bestellvorgang und in knapp 12 % bei der Auslieferung nach dem Alter gefragt, aber auch bei wahrheitsgemäßer Angabe erhielt die große Mehrheit dieser Jugendlichen dann gleichwohl den Alkohol.

Automatisches Vorweisen der Identitätskarte, Hilfe durch Scanner und Kontrolle im Internet sind nötig

Heute muss das Verkaufs- und Servicepersonal selbständig abschätzen, ob Kund:innen das für den Alkoholkauf erforderliche Alter haben und sie im Zweifelsfall nach dem Ausweis fragen. Schon vor der Maskenpflicht war dies eines der Hauptprobleme bei der Durchsetzung des Jugendschutzes, besonders bei großem Andrang und bei Veranstaltungen. Mit Maske wurde dies noch schwieriger. Nun braucht es neue Lösungen:

  • In Finnland müssen alle Kund:innen, die jünger als 30 Jahre aussehen, und in Schottland, wenn sie jünger als 25 aussehen, automatisch einen Ausweis vorweisen, um das für den Alkoholkauf erforderliche Alter nachzuweisen. Im Rest Großbritanniens wird diese Praxis weitgehend auf freiwilliger Basis angewendet. Ein System mit automatischer Vorweisung drängt sich auch für die Schweiz auf.
  • Zudem sollten auch technische Hilfsmittel zum Einsatz kommen, die sich andernorts bereits bewährt haben: Scanner wie Jalk ID-Scan sollten flächendeckend eingesetzt werden, denn noch immer kommt es trotz Vorweisen der Karte in Stress-Situationen nicht selten zu Fehlberechnungen und damit zu Fehlverkäufen.
  • Für den Online-Verkauf im Internet existieren funktionierende Jugendschutzmaßnahmen. Bestimmte Technologien ermöglichen das direkte Einscannen der Identitätskarte online. Um dies zur Regel machen zu können, müsste der gesetzliche Rahmen angepasst werden.

Strafanzeigeen gegen Supermarktketten

Wegen dieser Alkoholverkäufe an Jugendliche übers Internet hat das Blaue Kreuz Zürich Strafanzeige gegen die beiden Schweizer Supermarktketten Coop und Denner – eine Tochter der Migros, deren Genossenschafter:innen erst kürlich den Alkoholverkauf im Stammhaus abgelehnt hatten – eingereicht. Dies bestätigte die Suchthilfeorganisation am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die beiden angezeigten Detailhändler reagierten mit Ankündigungen, unter anderem in den Online-Shops für eine bessere Kontrolle technische Änderungen vornehmen zu wollen.

Wie laufen Testkäufe ab?

Bei einem Testkauf versuchen Jugendliche, die das gesetzliche Mindestalter noch nicht erreicht haben, alkoholische Getränke zu kaufen. Werden sie vom Verkaufspersonal nach ihrem Alter gefragt, sind sie verpflichtet, wahrheitsgetreu zu antworten und auf Nachfrage ihren Ausweis zu zeigen. Erhalten sie das Getränk nicht, dürfen sie nicht insistieren. Bei einem erfolgreichen Testkauf müssen sie die Getränke der erwachsenen Begleitperson aushändigen. Die Verantwortlichen der Verkaufsstelle werden nach dem Testkauf über das Ergebnis informiert und gegebenenfalls aufgefordert, das Verkaufsverbot durchzusetzen.

Für diesen Bericht wurden 8.379 im Jahr 2021 in der Schweiz realisierte Testkäufe ausgewertet. Diese wurden von zwölf Organisationen – Gemeinden, kantonale Stellen, Unternehmen, Vereinen oder spezialisierten Organisationen – zur Auswertung zur Verfügung gestellt.

Quellen: