Online-Shopping, Person bezahlt mit mobiler Zahlungs-App.Im Online-Bereich gibt es große Lücken bei der Durchsetzung des Jugendschutzes.

In der Schweiz wird immer noch zu viel Alkohol illegal an Jugendliche verkauft. Vor allem im Online-Bereich braucht es wirksame Alterskontrollen. Dies zeigen die Testkäufe, die im Jahr 2023 von öffentlichen und privaten Institutionen durchgeführt wurden. Sucht Schweiz hat die Testkäufe im Auftrag des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit ausgewertet.

Titelseite des Berichts 'Alkoholtestkäufe 2023'.

Im Jahr 2023 wurden über 13.000 Alkoholtestkäufe von Bund, Kantonen, Gemeinden, Institutionen, Privatunternehmen und großen Einzelhandelsketten in Auftrag gegeben beziehungsweise durchgeführt. Die Stiftung Sucht Schweiz hat im Auftrag des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) einen Bericht über die gesamtschweizerischen Ergebnisse der Testkäufe für das Jahr 2023 erstellt. Noch nie wurden so viele Testkäufe für eine gesamtschweizerische Auswertung berücksichtigt. Insgesamt zeigen die Ergebnisse jedoch keine nennenswerte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr.

Unveränderte Situation bei Testkäufen an physischen Verkaufsstellen

  • Insgesamt wurden in 27,3 % der Fälle Bier, Wein oder Spirituosen illegal an Jugendliche verkauft (2022: 27,2 %). Dieser Wert ist unverändert.
  • In 78,2 % der Fälle (2022: 79,8 %) fragte das Verkaufs- oder Servicepersonal nach dem Alter und/oder verlangte einen Ausweis. Auch hier ist keine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr festzustellen.
  • Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Verkaufsstellentypen: Die vergleichsweise geringste Beanstandungsquote wiesen Tankstellenshops mit 17,6 % illegalen Verkäufen auf, gefolgt von Ladenketten und großen Einzelhändlern (27,4 %) und Restaurants/Cafés (28,5 %). Am schlechtesten schnitten Veranstaltungen/Events mit insgesamt 44,2 % beanstandeten Verkäufen ab.

Bei Online-Testkäufen noch deutliche Vollzugsdefizite

Im Online-Bereich gibt es große Lücken im Vollzug des Jugendschutzes. Die Ergebnisse deuten auf eine weitgehende Nichteinhaltung des Gesetzes hin: 89,7 % der 156 Jugendlichen haben nach einer Online-Bestellung in der Gastronomie Alkohol erhalten (2022: 84,0 %). In keinem Fall wurde das Alter bei der Bestellung kontrolliert und bei der Lieferung wurde nur in 14,3 % der Fälle nach dem Alter oder einem Ausweis gefragt (2022: 19,1 %).

Bei weiteren Tests in 115 Online-Shops, die sich auf den Bestellvorgang beschränkten, wurde das Alter nur in 7,8 % der Fälle (2022: 0 %) mit einer zuverlässigen Methode, das heißt anhand einer Ausweiskopie oder einer digitalen Identität, überprüft.

Lang erwartete Gesetzesänderung

Mit den Alkoholtestkäufen soll der Jugendschutz verstärkt werden. Bisher verfügen nur wenige Kantone über eine gesetzliche Grundlage, um Betriebe zu sanktionieren, die im Rahmen von Testkäufen Alkohol an Jugendliche verkaufen. Im Herbst dieses Jahres soll im Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände ein Artikel in Kraft treten, der es allen Kantonen erlaubt, Verkaufsstellen bei Testkäufen im Auftrag der kantonalen Behörden zu sanktionieren. Diese Gesetzesänderung wird dazu beitragen, den illegalen Alkoholverkauf an Jugendliche zu bekämpfen und insbesondere die Verkaufsstellen mit großen Vollzugsdefiziten in die Pflicht zu nehmen.

Deutliche Verbesserungen beim Jugendschutz notwendig

Je mehr Verkaufsstellen die Ausweispflicht in ihre Geschäftskultur integrieren, desto eher werden die Jugendschutzbestimmungen eingehalten«, betont Tania Séverin, Direktorin von Sucht Schweiz.

Insbesondere beim Online-Verkauf ist eine wirksamere Alterskontrolle erforderlich. Online-Verkaufsplattformen müssen wirksamere Mechanismen zur Altersüberprüfung einführen. Dies kann durch die Kontrolle eines Ausweises oder einer digitalen Identität zur Alterserkennung geschehen.

Auch an den physischen Verkaufsstellen sollten in Zukunft vermehrt technische Hilfsmittel eingesetzt werden: Scanner wie der Jalk ID-Scan sollten flächendeckend eingesetzt werden, da es in Stresssituationen immer noch zu Fehlberechnungen kommt.

Jugendliche kommen online problemlos an Alkohol

Junge Frau bei Online-Bestellung mit dem Smartphone

Gemäß der Auswertung aller Testkäufe an physischen Verkaufspunkten in der Schweiz haben Jugendliche im Jahr 2021 in rund einem Drittel der Fälle illegal Alkohol kaufen können. Die Maskenpflicht zeigt die Grenzen des Systems, bei dem das Personal selber abschätzen muss, ob jemand das zum Alkoholkauf erforderliche Alter erreicht hat.

Bei Bestellung übers Internet (Einzelhandel und Lieferdienste der Gastronomie) stieg die Quote der illegalen Verkäufe gar auf über 90 %. Hier finden die Jugendlichen praktisch freie Bahn für den Alkoholkauf vor, da der gesetzliche Rahmen noch nicht an diese Art des Verkaufs angepasst scheint.

Noch mehr illegale Alkohol-Verkäufe an Jugendliche während der Pandemie

Getränkeregal

Die Statistik der 6040 gesamtschweizerisch vorgenommenen Testkäufe im Jahr 2020 zeigt, dass in über 29 % der Kaufversuche durch Minderjährige der Alkohol illegal verkauft wurde, was einer Steigerung von rund 9 Prozentpunkten entspricht. Die Einschätzung des Alters ist durch die Maskenpflicht noch schwieriger geworden und die Konzentration auf die Hygienevorschriften haben den Jugendschutz mancherorts in den Hintergrund gedrängt. Dies zeigt einmal mehr die Wichtigkeit von technischen Hilfsmitteln für das Verkaufspersonal. Weitere Studien haben ergeben, dass der Jugendschutz im Internetverkauf hingegen praktisch inexistent ist.

Quelle: Medienmitteilung von Sucht Schweiz