Ansicht der Houses of Parliament in London, mit dem markanten Victoria Tower links und einem schlanken, gotischen Spitzturm rechts, vor einem leuchtend blauen Himmel mit weißen und grauen Wolken. Ein kleines Flugzeug ist im oberen rechten Bereich erkennbar.

Manche Menschen mögen Alkoholpolitik für langweilig halten. Aber nach einem Jahr voller politischer Indiskretionen und Meinungsumschwünge, Einmischungen und Täuschungen seitens der Industrie und natürlich herausragender Forschung im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist es ein Rätsel, wie jemand dies als langweilig empfinden kann.

Wie wir in unserem Rückblick vom letzten Jahr festgestellt haben, waren viele von uns angesichts der neuen Regierung wirklich optimistisch – insbesondere nach wiederholten Aussagen, dass »es viel zu lange an der Bereitschaft gemangelt hat, in Fragen wie Rauchen, alkoholbedingte Schäden und Fettleibigkeit eine Führungsrolle zu übernehmen«. Und fairerweise muss man sagen, dass es einige Fortschritte gegeben hat.

Zwei aufeinanderfolgende Haushalte, in denen die Alkoholsteuer an die Inflation angepasst wurde, sind keine geringe Leistung. Das gab es in den letzten zehn Jahren nicht. Zwar liegen die Steuersätze real immer noch weit unter dem Niveau von 2012, aber zumindest sind wir wieder auf einem vernünftigeren Weg. Es könnte und sollte noch mehr getan werden – beispielsweise die Kopplung der Steuersätze an die Kosten der Schäden und die gezielte Bekämpfung von billigem Alkohol im Einzelhandel –, aber zumindest in dieser Hinsicht bewegen sich die Dinge in die richtige Richtung.

Der lang erwartete 10-Jahres-Gesundheitsplan rückte auch die Kennzeichnung von Alkoholprodukten weiter nach oben auf die Tagesordnung, ein Anliegen, für das sich Gesundheitsbehörden seit langem einsetzen. Die Absurdität ist kaum zu übersehen: Orangensaft muss Nährwertangaben und Inhaltsstoffe aufweisen, Wodka – eine krebserregende Substanz – hingegen nicht. Gesundheitsminister Wes Streeting brachte es auf den Punkt: »Das ist ein bisschen albern.«

Auch wenn eine verbesserte Kennzeichnung allein die hohen alkoholbedingten Schäden im Vereinigten Königreich wahrscheinlich nicht wesentlich senken wird, haben Verbraucher*innen eindeutig das Recht zu wissen, was sie trinken – und welche Risiken damit verbunden sind. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, was auf den Etiketten stehen könnte, darunter auch, wie Warnhinweise formuliert und welche aufgenommen werden. Die Alkoholindustrie wird natürlich versuchen, aussagekräftige Botschaften zu verwässern – beispielsweise durch den Vorschlag von QR-Codes, obwohl nur 0,26 % der Verbraucher*innen diese nutzen. Dies ist ein klassischer Fall, in dem vorgegeben wird, Teil der Lösung zu sein, während man diese aktiv blockiert, und wir hoffen, dass sich die Regierung nicht so leicht täuschen lässt.

Den Besten fehlt jede Überzeugung, während die Schlechtesten vor Leidenschaft vibrieren.«
William Butler Yeats (1865 – 1939)

Trotz dieser positiven Aspekte bleibt Alkohol ein vernachlässigter Risikofaktor – eine Art Aschenputtel, das im Schatten steht. Der 10-Jahres-Gesundheitsplan hat dies deutlich hervorgehoben. Damals bezeichneten wir es als »ehrlich gesagt peinlich, einen ›Präventionsplan‹ auf den Weg zu bringen, der die wirksamsten Methoden zur Vorbeugung von alkoholbedingten Schäden ignoriert«. Leider zeigte sich dabei eine anhaltende »Unwilligkeit«, bei der Alkoholkontrolle eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Als frühe Entwürfe teilweise Marketingbeschränkungen vorsahen – wodurch Alkohol mit ungesunden Lebensmitteln und Getränken gleichgestellt worden wäre –, reagierten die Branchenverbände empört und setzten erfolgreich durch, dass diese lebensrettende Maßnahme gestrichen wurde.

Die Einmischung der Industrie war in diesem Jahr ein wiederkehrendes Thema. Die Vergabe von Alkohollizenzen wurde durch eine von der Industrie dominierte Taskforce bedroht. Doch Gesundheitsorganisationen, die Polizei, Anwohnerverbände und lokale Behörden haben sich in der Konsultationsphase vehement gegen fast alle Vorschläge der Taskforce gewehrt. Bislang scheinen die nächsten Schritte der Regierung weit weniger bedrohlich für die öffentliche Gesundheit zu sein als ursprünglich befürchtet. An Überzeugung mangelt es der Community für öffentliche Gesundheit also nicht, und wir freuen uns darauf, uns 2026 der leidenschaftlichen Vibration der Industrie zu stellen.

Januar: Todesfälle durch Alkoholkonsum nehmen weiter zu

Titelseite 'Alcohol Alert' von Januar 2025.

Das Jahr begann eher düster mit der Nachricht, dass die alkoholbedingten Todesfälle in England 2023 einen neuen Höchststand erreicht hatten und im Vergleich zu 2019 um 42 % gestiegen waren, wobei der Nordosten zum ersten Mal die Sterblichkeitsrate Schottlands überholte. Auf der anderen Seite des Atlantiks schlug der US-Generalarzt Alarm hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Alkoholkonsum und Krebsrisiko und schärfte damit das Bewusstsein für diesen Zusammenhang.

Februar: Der Interessenkonflikt im Kern von Drinkaware

Titelseite 'Alcohol Alert' von Februar 2025.

Eine Untersuchung von Private Eye deckte einen eklatanten Interessenkonflikt bei Drinkaware auf, wo multinationale Alkoholkonzerne Druck auf die von der Industrie finanzierte Wohltätigkeitsorganisation ausübten, ihre Arbeit an deren Prioritäten anzupassen. Unterdessen schaffte die neue konservative Regierung des Northern Territory in Australien die Mindestpreise pro Einheit ab, mit der Begründung, dass diese keine nennenswerten Ergebnisse erzielt hätten.

März: Wo ist die Gesundheitsmission geblieben?

Titelseite 'Alcohol Alert' von März 2025.

Der Geschäftsführer des King’s Fund stellte die Frage, ob die Gesundheitsmission verloren gegangen sei. Das vorübergehende System für den Verkauf von Alkohol zum Mitnehmen wurde beendet, nachdem eine Mehrheit der Befragten sich gegen dessen Fortführung ausgesprochen hatte. Und ein Beweis dafür, dass selbst die Alkoholpolitik Donald Trump nicht entkommen kann: Zollandrohungen gegenüber europäischem Alkohol verunsicherten die Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks.

April: Ist »schädlicher« Alkoholkonsum eine Fehlbezeichnung?

Titelseite 'Alcohol Alert' von April 2025.

Eine von der Industrie dominierte Taskforce wird eingerichtet, um Reformen im Bereich der Lizenzvergabe vorzuschlagen, die zu Wachstum im Gastgewerbe führen sollen. Es wird bekannt, dass die Democratic Unionist Party die Einführung von Mindestpreisen für Alkohol in Nordirland blockiert. Und zwei Wissenschaftler stellen die Frage, ob wir den Begriff »schädlicher« Alkoholkonsum nicht besser vermeiden sollten.

Mai: Methanolvergiftung in Laos

Titelseite 'Alcohol Alert' von Mai 2025.

Die Social Market Foundation empfiehlt eine Sondersteuer, falls England Mindestpreise einführt, wodurch über 600 Millionen Pfund eingenommen werden könnten. Der Freund einer Frau, die in Laos an einer Methanolvergiftung gestorben ist, fordert eine bessere Aufklärung zu diesem Thema in Schulen. Die Zahl der alkoholbedingten Krebstodesfälle hat sich in den USA von 1990 bis 2021 verdoppelt.

Juni: Irland verschiebt Einführung von Warnhinweisen

Titelseite 'Alcohol Alert' von Juni 2025.

Irland kündigt an, die Einführung von Warnhinweisen auf Alkoholprodukten zu verschieben, und begründet dies mit den Auswirkungen von Zöllen, obwohl allgemein davon ausgegangen wird, dass dies auf Lobbyarbeit der Industrie zurückzuführen ist. Alkohol ist laut einer Studie an einem Fünftel aller Beschwerden beteiligt, die beim britischen Parlament eingereicht werden. Eine weitere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Alkohol mit einem erhöhten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs verbunden ist.

Juli: Misserfolge des 10-Jahres-Gesundheitsplans

Titelseite 'Alcohol Alert' von Juli 2025.

Der mit Spannung erwartete 10-Jahres-Gesundheitsplan für England enthält keine der drei wirksamsten Maßnahmen zur Schadensminderung, obwohl durchgesickerte Informationen darauf hindeuteten, dass dies möglich wäre. 1 Million Menschen in England sind laut einer Studie durch die »dreifache Gefahr« von Alkoholkonsum, Rauchen und Übergewicht gefährdet. Im Parlament fordert die parlamentarische Arbeitsgruppe »Drogen, Alkohol und Justiz« eine nationale Alkoholstrategie.

August: Könnte die Promillegrenze für Autofahrer*innen gesenkt werden?

Titelseite 'Alcohol Alert' von August 2025.

Eine neue Strategie zur Verkehrssicherheit soll die Promillegrenze für Autofahrer in England und Wales senken, wo sie derzeit die höchsten Werte in Europa aufweist. In einem gemeinsamen Schreiben von 58 Organisationen wird der Bildungsminister aufgefordert, festzulegen, dass Schulen keine Unterrichtsmaterialien verwenden dürfen, die von Organisationen entwickelt wurden, die von gesundheitsschädlichen Industrien finanziert werden.

September: Alkoholbedingte Todesfälle in Schottland rückläufig

Titelseite 'Alcohol Alert' von September 2025.

Eine umfassende Untersuchung von Public Health Scotland kommt zu dem Schluss, dass Alkoholwerbung entgegen den Behauptungen der Industrie nicht nur die Markenpräferenz beeinflusst, sondern auch zu einem höheren Gesamtkonsum führt und neue Alkoholkonsument*innen anzieht. Eine der wenigen guten Nachrichten sind die neuesten Zahlen, die einen Rückgang der alkoholbedingten Todesfälle in Schottland im Jahr 2024 zeigen, was darauf hindeutet, dass die Auswirkungen der Pandemie allmählich nachlassen.

Oktober: Gefahr einer Deregulierung der Lizenzvergabe

Titelseite 'Alcohol Alert' von Oktober 2025.

Die Regierung treibt ihre Pläne zur Deregulierung der Alkohollizenzierung voran und akzeptiert dabei die meisten Vorschläge der Taskforce, was eine klare Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt. Die Mitglieder des schottischen Parlaments stimmen gegen das gesetzliche Recht auf Suchtbehandlung und kommen zu dem Schluss, dass dies nicht das »richtige Mittel« sei, um Menschen mit Suchterkrankungen zu helfen. Und die Hälfte der alkoholfreien Werbungen verstößt gegen die Werberegeln.

November: Eine langfristige Vision zur Bekämpfung alkoholbedingter Schäden

Titelseite 'Alcohol Alert' von November 2025.

Eine langfristige Vision zur Bekämpfung alkoholbedingter Schäden im Vereinigten Königreich wird veröffentlicht. Die britische Regierung erhöht im Rahmen des Haushaltsplans die Alkoholsteuer um die Inflationsrate. Eine in Schottland durchgeführte, bislang einzigartige Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Rettungskräfte regelmäßig von betrunkenen Patient*innen und Umstehenden misshandelt und sexuell belästigt werden. Und die Europäische Allianz für Alkoholpolitik, Eurocare, schließt aufgrund finanzieller Engpässe ihr Büro in Brüssel.