Lobbypedia hat einen Bericht über die deutsche Weinlobby veröffentlicht, der aufdeckt, wie die Weinindustrie gegen die lebensrettende Alkoholpolitik in Deutschland interveniert, wie viel sie für ihre politischen Einmischungen ausgibt, wie die Weinlobby strukturiert ist und wie sie irreführt, täuscht und lügt, wenn es um die Gesundheitsschädlichkeit von Wein geht.
Lobbypedia ist eine Initiative von Lobby Control.
Der Lobbypedia-Bericht über die deutsche Weinwirtschaft und ihre Tarnorganisationen ist schockierend. Der Bericht enthüllt ein Netzwerk von Tarnorganisationen und ‑gruppen, deren Ziel es ist, die Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungsträger*innen über die Schäden im Zusammenhang mit Wein zu täuschen und sich in die alkoholpolitischen Entscheidungsprozesse in Deutschland und der EU einzumischen, während sie gleichzeitig von der deutschen Regierung öffentliche Gelder für Weinwerbung erhalten. Der Bericht enthält eine umfangreiche Literaturliste.
Movendi International hat den Bericht übersetzt und für ein internationales Publikum aufbereitet, wobei kleinere Anpassungen aus Gründen der Übersetzung, Erklärung und Klarheit vorgenommen wurden. Movendi International hat auch grafische Elemente in den Bericht eingefügt, um die wichtigsten Ergebnisse hervorzuheben.
Dieser Bericht ist Teil der Arbeit von Movendi International im Rahmen der Initiative »Big Alcohol Exposed«, deren Ziel es ist, die schädlichen Praktiken der Alkoholindustrie zu beobachten, zu dokumentieren und aufzudecken und dazu beizutragen, politische Entscheidungsprozesse vor der Einmischung der Alkoholindustrie zu schützen. Wie der Lobbypedia-Bericht zeigt, ist diese Arbeit in Deutschland sehr notwendig, wo die Alkoholindustrie wichtige Institutionen vereinnahmt hat.
Dieser Bericht ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wer die Weinindustrie in Deutschland und darüber hinaus ist und wie sie das Bewusstsein für alkoholbedingte Schäden und die politischen Bemühungen um eine lebensrettende Alkoholpolitik untergräbt.
Der Deutsche Weinbauverband
Der Deutsche Weinbauverband e. V. (DWV) ist eine schlagkräftige Interessenvertretung der deutschen Winzer*innen. Bemerkenswert ist, dass der DWV gemeinsam mit dem staatlich kontrollierten Deutschen Weininstitut die Deutsche Weinakademie betreibt. Das Deutsche Weininstitut verbreitet in Politik, Wissenschaft, Medizin und Gesellschaft die wissenschaftlich überholte Behauptung, regelmäßiger (Rot-)Weinkonsum sei insgesamt gesundheitsfördernd. Darüber hinaus pflegt die deutsche Weinwirtschaft enge Kontakte zur Politik, zum Beispiel über das Parlamentarische Weinforum.
Ziele und Überblick
Die satzungsgemäßen Ziele des Deutschen Weinbauverbandes sind die Vertretung der »Gesamtinteressen seiner Mitglieder gegenüber internationalen und nationalen Institutionen« sowie den »den Absatz des deutschen Weines nach Kräften zu fördern«. Seit Anfang 2019 ist Christian Schwörer Geschäftsführer und Generalsekretär des DWV.
Lobbyausgaben und Mitglieder
226.000 €
Ausgaben der deutschen Weinlobby für politische Einmischung, 2022
Im deutschen Lobbyregister gab der Deutsche Weinbauverband an, im Jahr 2022 zwischen 25.000 und 26.000 Euro für Lobbyarbeit ausgegeben und zwei Lobbyist*innen beschäftigt zu haben.
Auch im Europäischen Lobbyregister hat der Deutsche Weinbauverband für das Jahr 2022 Lobbyausgaben zwischen 100.000 und 200.000 Euro angegeben und dass er drei Lobbyist*innen beschäftigt, die 1,5 Vollzeitäquivalente für Lobbyarbeit aufwenden.
Dem Deutschen Weinbauverband standen im Jahr 2022 über 700.000 Euro zur Verfügung, die zum größten Teil aus den Mitgliedsbeiträgen stammten. Der Deutsche Weinbauverband hat insgesamt 25 Mitglieder, von denen die meisten regionale Weinbauverbände sind.
Der Deutsche Weinbauverband selbst ist Mitglied in sieben Organisationen, wie zum Beispiel:
- Europäischer Agrarlobbyverband COPA-COGECA,
- Weltweiter Handelsverband für die Wein-, Bier- und Spirituosenindustrie FIVS,
- Europäische Frontgruppe der Weinindustrie und der transnationalen Weinunternehmen Wine in Moderation, und
- Deutscher Bauernverband.
Interne Konflikte und Verlust von Mitgliedern und Mitgliedsbeiträgen
Der Deutsche Weinbauverband arbeitet nach eigenen Angaben besonders eng mit dem Deutschen Bauernverband zusammen. Im Jahr 2021 kam es zu Streitigkeiten innerhalb des Verbandes, in deren Folge der Deutsche Raiffeisenverband als Vertreter der genossenschaftlichen Weinbaubetriebe und der Fränkische Weinbauverband austraten. Dadurch verlor der Deutsche Weinbauverband 25% der deutschen Weinproduktion und einen ähnlich hohen Anteil der Mitgliedsbeiträge.
Netzwerk der Täuschung: Verflechtungen mit dem Weinfonds, dem Weininstitut und der Weinakademie
Der Deutsche Weinbauverband ist eng mit dem Deutschen Weinfonds, dem Deutschen Weininstitut und der Deutschen Weinakademie verbunden.
Der Deutsche Weinfonds wurde 1961 mit dem »Weingesetz« als Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet, um »die Wettbewerbsfähigkeit [des deutschen Weins] gegenüber den großen Weinbauländern Frankreich und Italien zu festigen«.
2 Mio
Öffentliche Gelder für die Absatzförderung von Wein
Der Deutsche Weinfonds (DWF) ist rechtlich dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unterstellt, finanziert sich aber überwiegend aus gesetzlich festgelegten Mitgliedsbeiträgen der Weinerzeuger*innen.
Darüber hinaus unterstützt der Bund weitere Absatzförderungsmaßnahmen mit jährlich 2 Millionen Euro.
Die enge personelle Verflechtung zwischen dem Deutschen Weinbauverband und dem Deutschen Weinfonds wird deutlich, wenn man die Zusammensetzung des Verwaltungsrates des Deutschen Weinfonds und des Präsidiums des Deutschen Weinbauverbandes vergleicht: Drei der sechs Präsidiumsmitglieder des Deutschen Weinbauverbandes gehören dem Verwaltungsrat des Deutschen Weinfonds an, zwei von ihnen sind auch im Aufsichtsrat vertreten. Darüber hinaus ist der Präsident des Deutschen Weinbauverbandes, Klaus Schneider, auch Vorsitzender des Verwaltungsrates des Deutschen Weinfonds.
Das ausführende Organ des Deutschen Weinfonds ist das Deutsche Weininstitut (DWI), die »zentrale Kommunikations- und Marketingorganisation der deutschen Weinwirtschaft«.
Darüber hinaus wurde 1977 die Deutsche Weinakademie gegründet, die sich nach eigenen Angaben mit den »wissenschaftlichen Aspekten der Schwerpunktthemen Wein und Gesundheit sowie Wein und Gesellschaft« beschäftigt.
Deutsches Weininstitut
Das Deutsche Weininstitut (DWI) ist die »zentrale Kommunikations- und Marketingorganisation der deutschen Weinwirtschaft« und unterstützt als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) den Deutschen Weinfonds bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben. Hauptaufgabe ist die »Förderung der Qualität und des Absatzes der Weine aus den 13 deutschen Anbaugebieten durch wettbewerbsneutrale Marketingmaßnahmen im In- und Ausland«.
Zu den Maßnahmen gehören Marktforschung, Exportberatung, Imagekampagnen im In- und Ausland, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, sowie die Durchführung von Veranstaltungen und Schulungen.
Das Deutsche Weininstitut unterhält derzeit in zwölf Exportmärkten Auslandsbüros zur Förderung des Absatzes deutscher Weine im Ausland.
Das Deutsche Weininstitut veranstaltet jedes Jahr die Wahl und Prämierung der Deutschen Weinkönigin. Seit 1949/50 werden jedes Jahr eine Weinkönigin und zwei Weinprinzessinnen gewählt, die repräsentative Aufgaben im In- und Ausland wahrnehmen.
Julia Klöckner, Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung von 2018 bis 2021, war 1995 ebenfalls Deutsche Weinkönigin.
Die Wahlveranstaltung mit der Vorentscheidung, dem Auswahlverfahren mit Rede und Weinprobe und den Porträts der Kandidatinnen wird in der Regel im öffentlich-rechtlichen Regionalfernsehen des SWR übertragen.
Deutsche Weinakademie
Die Deutsche Weinakademie (DWA) ist ein Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Weinwirtschaft, das sich auf der Grundlage gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse mit den Themen Wein, Genuss, Lebensstil, Kultur, Gesundheit und Gesellschaft befassen soll. Darüber hinaus ist die Deutsche Weinakademie verantwortlich für die Umsetzung des Corporate Social Responsibility-Programms »Wein in Maßen« der europäischen Weinwirtschaft in Deutschland, »das die gesundheitlichen Vorteile eines moderaten Weinkonsums ebenso aufzeigt wie die möglichen Gefahren eines übermäßigen Konsums alkoholischer Getränke.«
Der Deutsche Weinfonds stellt den größten Teil der finanziellen Mittel für die Deutsche Weinakademie zur Verfügung.
Gesellschafter der Deutschen Weinakademie sind das Deutsche Weininstitut, der Deutsche Weinbauverband sowie der Bundesverband Deutscher Weinkellereien und der Deutsche Raiffeisenverband. Die Gesellschafter, allesamt Vertreter der Weinwirtschaft, berufen den ehrenamtlichen Wissenschaftlichen Beirat, der die Deutsche Weinakademie insbesondere in Fragen der gesundheitlichen Wirkung von Wein berät. Gleichwohl postuliert die Deutsche Weinakademie die Unabhängigkeit dieses Wissenschaftlichen Beirats.
Ein Blick auf die Biografien und Hintergründe der Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats zeigt, dass viele von ihnen entweder seit Jahren mit der Weinwirtschaft verbunden sind oder sich seit langem beispielsweise in wissenschaftlichen Publikationen positiv zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Alkohol geäußert haben.
- Monika Christmann gilt als »internationale Größe« in der Weinwelt und war ab 2015 drei Jahre lang Präsidentin der Internationalen Organisation für Rebe und Wein, dem Weinverband.
Im Hauptberuf ist sie Professorin und Leiterin des Instituts für Oenologie an der Hochschule Geisenheim University. - Markus Felsch ist stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats.
Im Jahr 2021 organisierte er eine zertifizierte medizinische Fortbildung im Rahmen einer »Wine in Moderation«-Veranstaltung, die bei mehreren Weinverkostungen über die gesundheitlichen Vorteile von Wein informieren sollte.
Im Hauptberuf ist er Chefarzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Marienklinik Soest. - Gerald Klose ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. Er habilitierte sich 1980 an der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg.
Klose führt seine Tätigkeit für die deutsche Weinindustrie nicht auf seiner beruflichen Website auf. - Rudolf Nickenig leitete den Deutschen Weinbauverband als Geschäftsführer und Generalsekretär über 30 Jahre lang bis 2018 und ist Mitbegründer des Wissenschaftlichen Beirats.
- Angelika Paschke-Kratzin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Lebensmittelchemie der Universität Hamburg. Sie forscht insbesondere zu Lebensmittelallergenen.
- Doris Rauhut ist Professorin und stellvertretende Leiterin des Instituts für Mikrobiologie und Biochemie an der Hochschule Geisenheim University.
Diese Universität bildete eine der »Deutschen Weinköniginnen« aus.
Die Königlich Preußische Hochschule für Obst- und Weinbau wurde 1872 von Baron Eduard von Lade in Geisenheim gegründet und ist seit dem 1. Januar 2013 die »Hochschule Geisenheim University«. - Kristian Rett ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats und Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie.
Er war Redner auf dem Kongress »Lifestyle, Diät, Wein, Gesundheit« im Oktober 2023, der überwiegend von Vertreter*innen der europäischen Weinindustrie, darunter dem Deutschen Weinbauverband, gesponsert wurde. Er ist auch Präsident der Adipositas-Stiftung Deutschland – bemerkenswerterweise ist die Tabakindustrie einer der »Partner« dieser Stiftung. - Nicolai Worm ist Mitglied der europäischen Weinwirtschaftskampagne »Wine in Moderation«, Autor des 1996 erschienenen Buches »Täglich Wein. Gesünder leben mit Wein und mediterraner Ernährung«.
Im Jahr 2022 stellte er den gut dokumentierten Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Krebs in Frage. Er war auch Referent auf dem Kongress &aquo;Lebensstil, Ernährung, Wein, Gesundheit« im Oktober 2023, der überwiegend von Vertreter*innen der europäischen Weinindustrie, darunter dem Deutschen Weinbauverband, gesponsert wurde.
Irreführende Behauptungen über den gesundheitlichen Nutzen von Wein
Was ist Mäßigung nach Ansicht der deutschen Weinwirtschaft?
Die Deutsche Weinakademie definiert »moderaten« Alkoholkonsum als bis zu 350 ml 11%igen Wein für Männer und 250 ml Wein für Frauen pro Tag. Der tägliche theoretische Pro-Kopf-Konsum liegt nach ihren eigenen Angaben bei 55 ml. Von »Mäßigung« kann bei derartigen Empfehlungen also nicht die Rede sein.
Der Wissenschaftliche Beirat der Deutschen Weinakademie postuliert auf seiner Website und in anderen Publikationen, dass Weinkonsum in »moderaten« Mengen verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen habe: Die zentrale Aussage der Deutschen Weinakademie ist, dass Menschen mit »moderatem« Alkoholkonsum eine geringere Sterblichkeit aufweisen als die Vergleichsgruppe der Alkoholabstinenten.
Diese Beziehung ist in der Forschung als J-Kurve bekannt, aber sehr umstritten.
Viele Wissenschaftler*innen kritisieren, dass alkoholabstinente Personen als Vergleichsgruppe ungeeignet sind, da ihre Alkoholabstinenz häufig auf gesundheitlichen Vorbelastungen oder früheren Alkoholkonsumstörungen und ‑abhängigkeiten beruht, so dass ihre erhöhte Sterblichkeit auf andere Risikofaktoren zurückzuführen ist – der Sick-Quitter-Effekt.
70 %
Verzerrte Ergebnisse in globalen systematischen Übersichten über Gesundheitsschäden durch Alkohol seit 1993
So zeigte eine bahnbrechende Studie aus dem Jahr 2024, dass mehr als 70 % der bis März 2022 veröffentlichten systematischen Übersichten und Metaanalysen zum alkoholbedingten Gesamtmortalitätsrisiko ehemalige Alkoholkonsument*innen nicht aus der Referenzgruppe ausschlossen und daher durch den »Sick-Quitter-Effekt« verzerrt sein dürften.
Diese neuen Forschungsergebnisse zeigen, dass Alkohol möglicherweise mehr Todesfälle verursacht als bisher angenommen, da die Zahl der durch Alkohol verursachten Todesfälle in den letzten 30 Jahren aufgrund des so genannten »Sick-Quitter-Effekts« unterschätzt worden ist.
»Sick-Quitter«-Effekt: Warum die alkoholbedingten Todesfälle in den letzten 30 Jahren unterschätzt wurden
Mehr als 70 % der bis März 2022 veröffentlichten systematischen Übersichten und Metaanalysen zum alkoholbedingten Gesamtmortalitätsrisiko schlossen ehemalige Alkoholkonsument*innen nicht aus der Referenzgruppe aus und könnten daher durch den »Sick-Quitter-Effekt« verzerrt sein.
Es gibt auch Hinweise darauf, dass Menschen mit mäßigem Alkoholkonsum insgesamt gesünder leben.
Die Deutsche Weinakademie führt eine Reihe von positiven Auswirkungen des Weinkonsums auf die Gesundheit als Grund für die geringere Sterblichkeit bei »mäßigem« Alkoholkonsum an. Ein »moderater« Alkoholkonsum senke die Rate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder ischämischem Schlaganfall sowie das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken.
Im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird der Substanz Resveratrol, die in Fruchtschalen und damit insbesondere in (Rot-)Wein enthalten ist, eine gefäß- und herzschützende Wirkung nachgesagt. Allerdings gibt es erhebliche Zweifel an der Beweislage: Zum einen wurde ein bekannter Forscher auf diesem Gebiet der Fälschung von Forschungsdaten bezichtigt, zum anderen konnten andere Studien keinen signifikanten Effekt nachweisen.
Laut Jahrbuch Sucht 2022 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat ein Forscher errechnet, dass ein Mensch 50 Liter Wein pro Tag trinken müsste, um eine Menge Resveratrol zu sich zu nehmen, die einen gesundheitsfördernden Effekt hätte.
Die Deutsche Weinakademie bezweifelt auch den wissenschaftlich eindeutig nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Alkohol und Krebs, der bereits bei geringen Konsummengen nachgewiesen ist.
Darüber hinaus führt die Deutsche Weinakademie weitere angebliche Zusammenhänge zwischen Alkohol (einschließlich Wein) und gesundheitlichen Vorteilen an: Menschen, die Alkohol »in Maßen« konsumieren, hätten weniger Nierenerkrankungen und ein geringeres Risiko für Übergewicht, nichtalkoholische Fettlebererkrankungen und Demenz.
Auch wenn in der Wissenschaft detaillierte Fragen zu den einzelnen Mechanismen der Wirkung von Alkohol (einschließlich Wein) auf den Körper und die Gesundheit diskutiert werden, ist der derzeitige Stand der Forschung eindeutig und unanfechtbar: Es besteht kein Zweifel daran, dass Wein als alkoholisches Getränk gesundheitsschädlich ist und dass es kein sicheres oder gesundes Maß an Alkoholkonsum gibt.
Werbung, die behauptet, dass Wein gesundheitsfördernd sei
Neben dem Deutschen Weinfonds als ordentliches Mitglied ist die Deutsche Weinakademie auch assoziiertes Mitglied im Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), in dem sich die Weinwirtschaft mit der deutschen Bier- und Spirituosenindustrie sowie der Pharma- und Tabakindustrie zusammengeschlossen hat.
In einer Selbstverpflichtung »zur kommerziellen Kommunikation für alkoholische Getränke« hat sich der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft verpflichtet, in seiner kommerziellen Kommunikation »keine Aussagen über die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten« zu machen. Auch wenn es sich bei den Publikationen der Deutschen Weinakademie nicht um kommerzielle Kommunikation im engeren Sinne handelt, propagiert die Deutsche Weinakademie offensiv die These, dass der Konsum von Alkohol und insbesondere von Wein in »moderaten« Mengen mit mehr gesundheitlichen Vorteilen als Nachteilen verbunden ist. Dies widerspricht der Selbstverpflichtung des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft.
Die Deutsche Weinakademie ist bestrebt, ihre Inhalte und Botschaften nicht nur auf der eigenen Website, sondern auch auf anderen Wegen zu vermitteln.
So machte Nathalie Stüben, Buchautorin und Aktivistin zum Thema Alkoholabhängigkeit, Anfang 2023 darauf aufmerksam, dass die DWA Inhalte und Veranstaltungsunterlagen für eine offizielle ärztliche Fortbildung zum Thema »Alkohol und Krebs« gesponsert hatte.
Der auflagenstärksten medizinischen Fachzeitschrift »Der Kassenarzt« liegt regelmäßig das von der DWA herausgegebene kostenlose Magazin »Vinomed« bei. In der Ausgabe vom Juni 2022 wird Weinkonsum (20 g/Tag) mit einer verringerten Sterblichkeit in Verbindung gebracht.
Nicolai Worm, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der DWA, kommt in einem zweiseitigen Beitrag zu dem Schluss, dass »leichter bis mäßiger Weinkonsum zu den Mahlzeiten im Rahmen einer mediterranen Ernährung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs sowie die Gesamtsterblichkeit senkt«.
Seit den 2010er Jahren ist es wissenschaftlicher Konsens, dass bereits geringe Mengen Alkohol gesundheitliche Risiken bergen. Die Deutsche Weinakademie geht aktiv gegen diesen Konsens vor und postuliert:
Es werden nicht nur die die wissenschaftlichen Ergebnisse zu alkoholischen Getränken und Gesundheit (J-Kurve) negiert wie auch die Wissenschaftler persönlich in Misskredit gebracht. […] Für den Beirat der DWA sind die massiven Vorbehalte gegen Organisationen und Wissenschaftler, die sich für einen sachlichen, korrekten, nicht ideologisch geprägten Umgang mit der Wirkung von Wein auf die Gesundheit einsetzen, nicht akzeptabel.«
Parlamentarisches Weinforum
Das Parlamentarische Weinforum wurde 2003 von verschiedenen Bundestagsabgeordneten gegründet, darunter die ehemalige Weinkönigin und CDU-Abgeordnete Julia Klöckner und der FDP-Politiker Volker Wissing (derzeit Bundesminister für Digitales und Verkehr).
Das Deutsche Weininstitut unterstützt nach eigenen Angaben die Arbeit des Forums, aber in welcher Form dies geschieht, wird nicht gesagt.
Ziel des Parlamentarischen Weinforums ist es, »die Weinkultur in Deutschland zu fördern und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages für aktuelle Probleme und Herausforderungen der deutschen Weinwirtschaft zu sensibilisieren«. Außerdem will das Weinforum den Ausschank deutscher Weine in öffentlichen Einrichtungen fördern und bei festlichen Anlässen steigern. Nach eigenen Angaben unterstützt das Deutsche Weininstitut das Auswärtige Amt »seit vielen Jahren bei der Auswahl von Weinen«, so dass »deutsche Weine auch in deutschen Konsulaten und Botschaften in aller Welt ausgeschenkt werden«. Gleiches gilt für andere offizielle Anlässe, das Bundestagsrestaurant und die Parlamentarische Gesellschaft.
Das Parlamentarische Weinforum ist eine zentrale Plattform für den Austausch zwischen der Weinwirtschaft und Mitgliedern des Deutschen Bundestages und anderen Politiker*innen. Eingeladen sind nicht nur Bundestagsabgeordnete, sondern auch zuständige Abteilungsleiter aus den Bundesministerien, Parlamentarische Staatssekretäre, Ausschussmitglieder und die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler.
Bereits 2003 arbeitete das Weinforum mit dem Deutschen Weininstitut zusammen. Der damalige Geschäftsführer des Deutschen Weininstituts kam eigens nach Berlin, »um die Parlamentarier in die kleine Schule der Weinverkostung mit verschiedenen Weiß- und Rotweinen einzuführen.« Auch die Deutsche Weinakademie war mit der von ihr verantworteten Branchenkampagne »Wein in Maßen« im Forum vertreten. Auch der Deutsche Weinbauverband steht im »ständigen Dialog« mit dem Parlamentarischen Weinforum.
Die Wirkung des Parlamentarischen Weinforums als Plattform für politische Einmischung brachte Gründungsmitglied Gustav Herzog auf den Punkt, als er sich 2017 darüber freute, »dass alle weinpolitischen Beschlüsse des Bundestages seit Gründung des Forums einstimmig gefasst wurden«.
Weinindustrie profitiert von Pandemie
Der Weinkonzern Naked Wines, der zur Fortress Investment Group gehört, nutzte die anhaltende Gesundheitskrise, um seine Umsätze zu steigern.
Große Investitionen wurden getätigt, um das Marketing für die Produkte von Naked Wines zu erhöhen, um die Menschen dazu zu bringen, während der Lockdowns und der COVID-19-Beschränkungen mehr Wein zu Hause zu konsumieren, wobei der erhöhte Schaden, den Alkohol während der laufenden Pandemie darstellt, ignoriert wurde.
Neuer Oxfam-Bericht: Die Menschenrechtsverletzungen der Weinindustrie
Zwangsarbeit, Hungerlöhne, überlange Arbeitszeiten und schwerwiegende Gesundheits- und Sicherheitsrisiken für die Beschäftigten in der italienischen Weinindustrie. Ein neuer Bericht von Oxfam deckt die Menschenrechtsverletzungen in der Weinindustrie in Italien, einem der größten Weinexporteure der Welt, auf.
Zu den gravierendsten Menschenrechtsverletzungen, die festgestellt wurden, gehörten Zwangsarbeit, niedrige Löhne, überlange Arbeitszeiten, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken in Weinbergen und Weinkellereien sowie fehlender Zugang zu Abhilfemaßnahmen.
Die Weinindustrie hat eine erschreckende Bilanz von Menschenrechtsverletzungen vorzuweisen.
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Quelle: MOVENDI International
Übersetzt mit www.DeepL.com