Aufruf zur 15. Bundesweiten Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien vom 18. bis 24. Februar 2024.
Etwa jedes fünfte Kind in Deutschland wächst mit einem suchtkranken Elternteil auf, das sind knapp drei Millionen Kinder und Jugendliche. Rund sechs Millionen Erwachsene sind in einer suchtbelasteten Familie groß geworden.
Auf diese Zahlen weist NACOA Deutschland – Interessenvertretung für Kinder aus suchtbelasteten Familien – immer wieder hin und will sie in der kommenden COA-Aktionswoche vom 18. bis 24. Februar 2024 in den Mittelpunkt stellen. Denn hinter diesen Zahlen stehen Millionen junger Menschen, die mit einer familiären Suchterkrankung, meist der Eltern, aufwachsen. Viele von ihnen erleben Vernachlässigung und Gewalt, können aber nicht darüber sprechen. Denn Sucht ist in unserer Gesellschaft stigmatisiert und in den betroffenen Familien oft ein Tabuthema. Das führt zur Isolation.
Viele Menschen, die im Schatten der elterlichen Sucht aufgewachsen sind, trauen sich auch als Erwachsene nicht, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Dabei leiden sie häufiger als andere unter eigenen Süchten oder anderen psychischen Erkrankungen. Mit der kommenden Aktionswoche will NACOA diesen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zurufen: »Ihr seid nicht allein. Wir sind Millionen!« NACOA will ihnen Mut machen, über ihre Sorgen zu sprechen, Hilfsangebote im Netz und vor Ort zu suchen und sich aus dem Schatten der elterlichen Sucht zu befreien.
»Wir sind Millionen« ist aber auch eine klare Botschaft an die Politik, die immer noch zu wenig für Kinder aus suchtbelasteten Familien tut. Zwar hatte die Ampelkoalition zu Beginn der Legislaturperiode versprochen, die Situation von Kindern psychisch kranker und suchtkranker Eltern zu verbessern. Und tatsächlich ist mit der begonnenen Zusammenführung der Online-Beratungsangebote von KidKit und NACOA unter www.hilfenimnetz.de, dem geplanten Ausbau und der zugesagten Förderung dieses Angebots durch das Bundesgesundheits- und das Bundesfamilienministerium ein großer und wichtiger Schritt getan. Damit wurde eine der Empfehlungen umgesetzt, die die Arbeitsgruppe Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern 2018/19 zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen psychisch kranker und suchtkranker Eltern erarbeitet hatte. Weitere konkrete Schritte müssen nun folgen.
»Wir sprechen eigentlich heute über die Suchtkranken von morgen«
Dies konstatierte Frauke Fölsche von NACOA Deutschland angesichts eines Drittels der rund 3 Millionen Kinder und Jugendlichen, die in suchtbelasteten Familien aufwachsen, und später selbst eine eigene Suchtgeschichte entwickeln. Anlass war eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages zur Alkoholprävention, die heute nachmittag stattfand.
Als besonders wirksam sieht NACOA die Maßnahmen in Kombination mit einem Alkoholwerbeverbot.«
Frauke Fölsche, NACOA
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Aktuell droht sogar eine Kürzung der Mittel auf Bundesebene. Geld für Prävention und Gesundheitsförderung ist aber unverzichtbar, um Resilienzen zu stärken, aufzuklären, Stigmata zu überwinden, den Zugang zu Hilfen zu erleichtern, ein gesundes Aufwachsen zu fördern und damit Sucht und andere psychische Erkrankungen zu vermeiden. »Wir sind Millionen« ist ein erneuter Appell an Bund, Länder und Kommunen, ihren Teil dazu beizutragen, ein flächendeckendes Hilfenetz mit regelfinanzierten Beratungs- und Betreuungsangeboten für betroffene Kinder und Jugendliche zu knüpfen. Die enorme Versorgungslücke muss endlich geschlossen werden.
»Wir sind Millionen« ist auch ein Appell an die Öffentlichkeit und die Medien, sensibel mit dem Thema und den Betroffenen umzugehen. Wer in seinem Umfeld Kinder suchtkranker Eltern wahrnimmt, ist aufgefordert, das Tabu zu brechen, zuzuhören und Hilfe anzubieten. Dies gilt insbesondere für pädagogische Fachkräfte in Kindertagesstätten, Schulen und Freizeiteinrichtungen.
Wie in jedem Jahr soll die bundesweite Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien mit zahlreichen Aktionen die politischen Forderungen unterstreichen. NACOA hat sich in den vergangenen Jahren sehr über die große Kreativität und Vielfalt der Veranstaltungen gefreut. Die Organisator*innen sind gespannt auf weitere Angebote für die kommende Aktionswoche, die auch dazu dienen soll, die konkrete Arbeit vor Ort vorzustellen. Alle Einrichtungen, Initiativen, Projekte der Jugend- und Suchthilfe sowie der Suchtselbsthilfe und ihre Verbände sind eingeladen, sich zu beteiligen und ihre Veranstaltung auf der Website der Aktionswoche einzutragen. Dort finden sich auch Anregungen und Beispiele aus den vergangenen Jahren.
Quelle: Herbstaufruf von NACOA Deutschland