Im Moment ist wieder die hohe Zeit der Berichte. Das Bundeskriminalamt stellt die »Rauschgiftlage« vor und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) das »Jahrbuch Sucht 2014«. Das sind wichtige Zahlen, sollen sie doch helfen, daraus fachlich und politisch die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Sobald das Wort »politisch« auftaucht, ist die Diskussion selten noch fachlich. Denn eindeutige Ergebnisse sollten ja zu politischen Entscheidungen führen, auch wenn sie unpopulär sind.
So könnte man sehr einfach konstatieren, dass die Gefährlichkeit von Drogen allein dadurch belegt sei, dass jedes Jahr in Deutschland mehr als 1.000 Menschen direkt an den Folgen des Konsums sterben. Doch so einfach ist es nicht. Es wird über unterschiedlich gefährliche Drogen gestritten, es wird geschaut, wo die Hilfe noch verbessert werden kann, und es wird relativiert. Das ist die einzig verlässliche Größe, das Verhältnis zum Vorjahr.
Beim Alkohol wird es noch grotesker. Hier sind es mehr als 50.000 Menschen, die jährlich an den Folgen ihres Alkoholkonsums sterben. Soviel Menschen, wie eine Kleinstadt Einwohner hat. Doch selbst Mitarbeiter in den Suchtpräventionsstellen sprechen dann davon, dass zu einem »angemessenen Umgang« erzogen werden sollte. Dabei ist auch hier sehr eindeutig, dass nur ein Bündel alkoholpolitischer Maßnahmen dazu führt, dass sich etwas ändert.
Das Einstiegsalter des Konsums muss erhöht – und dann diese Maßnahme auch kontrolliert – werden, die Preise sind anzuheben (es kann doch nicht sein, dass eine Flasche Bier weniger als einen Euro kostet) und für ein gefährliches Produkt – und auch das ist nachgewiesen – darf nicht geworben werden. Das sind die wichtigsten Forderungen und wären die wirksamsten Maßnahmen.
Aber wie bereits erwähnt – 50.000 Alkoholtote sind viel, aber irgendwie interessieren sie nicht. Deshalb muss diese Konsequenz noch deutlicher beschrieben werden. Heute schrieb eine ehemalige Abhängige in der Facebook-Gruppe »Suchtselbsthilfe in Deutschland«: »Ich habe soeben erfahren, dass sich ein lieber Mitpatient totgetrunken hat. Zwei Wochen lag er in seiner Wohnung, bevor er gefunden wurde. Ich bin bestürzt und zugleich dankbar, dass ich bis heute trocken bin. Seit 2012 sind vier liebe, mir bekannte Menschen, am Alk verreckt.« Dieses Statement hatte unzählige Kommentare. Allen gemeinsam war, dass auch die anderen Teilnehmer in der Gruppe Menschen persönlich kannten, die am Alkohol gestorben sind.
Alkohol ist ein gefährliches Produkt. Alkoholabhängigkeit ist gefährlich, denn es gibt nur zwei Konsequenzen: Ausstieg oder vorzeitiger Tod. Gut, dass es so viele Menschen schaffen, frühzeitig aufzuhören. Die Gesellschaft darf nicht nachlassen, sich auch um die anderen zu kümmern.