
Alkohol gehört zu den häufigsten Ursachen für Tod und Behinderung und ist weltweit für 2,6 Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich. Das Risiko negativer gesundheitlicher Folgen beginnt bereits bei einem geringen wöchentlichen Alkoholkonsum und steigt in der Regel monoton an. Das öffentliche Bewusstsein für die meisten Arten von alkoholbedingten Gesundheitsrisiken ist gering, was zum Teil darauf zurückzuführen sein dürfte, dass Alkohol ein weit verbreitetes Konsumgut ist, das in vielen Lebensmittelgeschäften, darunter Supermärkten und Tante-Emma-Läden, neben Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken verkauft wird.
Die Produktkennzeichnung ist ein wichtiges Mittel, um Verbraucher*innen Gesundheitsinformationen zu vermitteln. Im Vergleich zu anderen kontrollierten Substanzen wie Tabak oder Cannabis unterliegt Alkohol weniger Kennzeichnungsvorschriften. In den meisten Ländern müssen Alkoholprodukte entweder keine Gesundheitswarnung tragen oder es sind nur unklare Warnhinweise vorgeschrieben, die nicht den bewährten Kennzeichnungsmethoden entsprechen.
Alkohol unterliegt einigen, aber nicht allen Kennzeichnungsvorschriften, die für Lebensmittel gelten. In den meisten Ländern sind Nährwertangaben zu Kalorien und wichtigen Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Zucker, Natrium und Fetten auf den Etiketten von Alkoholprodukten freiwillig, es sei denn, es wird eine Angabe wie »kalorienarm« gemacht. In Kanada müssen die Nährwertangaben auf Alkoholprodukten im gleichen Format wie die Nährwerttabelle angegeben werden, das für alle Lebensmittelprodukte vorgeschrieben ist. Bewertungen zeigen, dass Nährwertangaben zwar bei bestimmten Kategorien alkoholischer Getränke, wie beispielsweise trinkfertigen Alkoholprodukten, üblich sind, die Angabe von Nährwertangaben (zum Beispiel Nährwerttabellen) ohne nährwertbezogene Angaben jedoch selten ist.
Es werden verschiedene Ansätze zur Überarbeitung der nährwertbezogenen Kennzeichnung von Alkohol in Betracht gezogen, um die Transparenz des Nährwertbeitrags von Alkohol zu verbessern und das Recht der Verbraucher*innen auf Information über die Inhaltsstoffe der von ihnen konsumierten Produkte zu gewährleisten. Im Januar 2025 schlug das US-amerikanische Alcohol and Tobacco Tax and Trade Bureau vor, eine Tabelle mit »Alkoholangaben« mit dem Kalorien-, Kohlenhydrat-, Fett- und Proteingehalt pro Portion auf den Etiketten von Alkoholbehältern vorzuschreiben, wobei der Zuckergehalt optional angegeben werden kann. Diese Tabelle würde in ihrer Darstellung (Form, Farbe, Text) der in den USA für Lebensmittel vorgeschriebenen Nährwerttabelle ähneln, jedoch mit der eindeutigen Angabe »Alkohol« anstelle von »Nährwert« im Titel der Tabelle. Das Amt hat auch eine alternative lineare »textuelle« Darstellung der Informationen vorgeschlagen. Die Angabe von Nährwertinformationen auf den Etiketten von Alkoholprodukten steht im Einklang mit den jüngsten Diskussionen des Codex-Ausschusses für Lebensmittelkennzeichnung und früheren Empfehlungen des Regionalbüros für Europa der Weltgesundheitsorganisation.
Es gibt nur wenige Studien, die den Einfluss von Nährwertangaben auf die Wahrnehmung von Alkoholprodukten durch Verbraucher*innen und deren Kaufverhalten untersucht haben. Es gibt Hinweise darauf, dass nährwertbezogene Informationen zu Alkohol zu einem »Gesundheitshalo« führen könnten, der die Wahrnehmung der Verbraucher*innen hinsichtlich der »Gesundheit« von Alkohol positiv beeinflusst und die wahrgenommenen Risiken im Zusammenhang mit dem Konsum verringert. Ziel dieser Studie war es, festzustellen, ob das Vorhandensein von Nährwertangaben auf einem Alkoholbehälter die Wahrnehmung der Verbraucher*innen hinsichtlich der Gesundheit des Produkts beeinflusst, und zu testen, ob sich die Auswirkungen der Informationen je nach Darstellungsformat unterscheiden.
Die Auswirkungen von Nährwertangaben auf Alkoholverpackungen in Kanada: eine randomisierte Online-Studie
Titel: The impact of nutrition information labels on alcohol containers in Canada: an online randomized trial
Autor*innen: Lana Vanderlee, Christine M. White, David Hammond, Erin Hobin
Zitierung: Lana Vanderlee, Christine M. White, David Hammond, Erin Hobin, The impact of nutrition information labels on alcohol containers in Canada: an online randomized trial, Preventive Medicine, Volume 202, 2026, 108475, ISSN 0091-7435, https://doi.org/10.1016/j.ypmed.2025.108475.
Quelle: Preventive Medicine
Datum der Veröffentlichung: 29. November 2025
Abstrakt
Zielsetzung
Um festzustellen, ob die Nährwertangaben auf einem Alkoholbehälter die Wahrnehmung der Verbraucher*innen hinsichtlich der Gesundheit des Produkts beeinflussten und ob sich die Wirkung der Informationen je nach Darstellungsformat unterschied.
Methoden
Online-randomisierte kontrollierte Studie unter Erwachsenen in Kanada, die im November/Dezember 2024 aus einem kommerziellen Panel – analytische Stichprobe n = 3.880 – ausgewählt wurden. Die Teilnehmer*innen wurden randomisiert, um ein Weinprodukt unter einer von vier Bedingungen zu betrachten:
- Kontrolle (kein Etikett),
- Nährwerttabelle,
- textuelle Nährwertangaben,
- Tabelle mit Alkoholangaben,
und wurden gefragt: »Wie gesund wäre es, diesen Wein regelmäßig zu trinken?« (7-Punkte-Likert-Skala, von sehr ungesund bis sehr gesund). Mittels logistischer Regression wurde die Wahrscheinlichkeit verglichen, das Produkt als »ein wenig gesund/gesund/sehr gesund« zu bewerten, zwischen den verschiedenen Bedingungen.
Ergebnisse
Im Vergleich zur Kontrollgruppe (16,5 %) bewerteten die Teilnehmer*innen in der Nährwerttabelle-Gruppe das Produkt mit höherer Wahrscheinlichkeit als »ein wenig gesund/gesund/sehr gesund« (28,3 %, AOR = 1,97, 95 % CI, 1,57, 2,47), ebenso wie die Teilnehmer*innen in der Gruppe mit textlichen Nährwertangaben (23,8 %, AOR = 1,60, 95 % CI, 1,27, 2,02). Es gab keine Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der Tabelle »Alkohol-Fakten« (18,8 %).
Schlussfolgerungen
Nährwertangaben auf Alkoholprodukten können Verbraucher*innen zu der falschen Annahme verleiten, dass diese Produkte »gesünder« sind. Durch die Gestaltung der Etiketten und Merkmale, die Alkoholprodukte von alkoholfreien Lebensmitteln und Getränken unterscheiden, können unbeabsichtigte Auswirkungen verringert werden.
Wichtige Erkenntnisse
Diese Studie ergab, dass die Bereitstellung von Nährwertangaben für Alkoholprodukte in Formaten, die denen für Lebensmittel oder alkoholfreie Produkte ähneln (oder mit diesen identisch sind), dazu führte, dass Alkoholprodukte als gesünder wahrgenommen wurden. Die Ergebnisse, die den Einfluss von Nährwertangaben auf die Wahrnehmung der Gesundheit von Alkoholprodukten belegen, haben Auswirkungen auf andere nährwertbezogene Kennzeichnungen auf Alkoholprodukten. Beispielsweise erfordert die Erlaubnis, Nährstoffangaben auf Alkoholprodukten anzubringen, in der Regel Nährstoffdeklarationen auf Alkoholprodukten, was die Wirkung gesundheitsbezogener Marketingstrategien auf Etiketten wahrscheinlich verstärkt und Alkoholprodukte als sicher zu konsumieren weiter normalisiert.
Während die Untersuchung der Auswirkungen von Nährwertkennzeichnungen auf die Wahrnehmung von Alkohol noch in den Anfängen steckt, gibt es bereits eine Reihe von Veröffentlichungen zur Wirksamkeit von Gesundheitswarnungen auf Alkoholprodukten, die eine Reduzierung des Alkoholkonsums und ‑verkaufs unterstützen. Wenn die Alkoholpolitik darauf abzielt, die Risikowahrnehmung von Alkoholprodukten zu erhöhen, dürften Gesundheitswarnungen eine wichtigere Rolle spielen als Nährwertkennzeichnungen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Nährwertkennzeichnungen mit Warnhinweisen auf Alkohol interagieren und deren Wirkung verringern können; die Wechselwirkung zwischen den Kennzeichnungselementen verdient weitere Aufmerksamkeit.
Diese Studie liefert erste Hinweise darauf, dass die Angabe von Nährwertangaben, die üblicherweise auf Lebensmitteln vorgeschrieben sind, auch auf alkoholischen Getränken dazu führen kann, dass Verbraucher*innen alkoholische Getränke als gesund wahrnehmen. Der mit der Angabe von Nährwertinformationen verbundene Gesundheitshalo-Effekt könnte durch alternative Formate der Nährwertkennzeichnung etwas abgeschwächt werden, die Informationen einschränken, die falsch interpretiert werden könnten, um einen inhärenten Gesundheits- oder Nährwertvorteil des Produkts zu vermitteln. Insbesondere könnte eine alternative Nährwertkennzeichnung darauf abzielen, sicherzustellen, dass alkoholische Produkte nicht stärker mit Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken in Verbindung gebracht werden.
Doppelmoral in Brüssel: Wie die EU die Bürger*innen bei der Kennzeichnung von Alkoholprodukten hinters Licht führt

Die European Alcohol Policy Alliance (Eurocare) äußert ernsthafte Bedenken hinsichtlich der kürzlich vorgeschlagenen EU-Maßnahmen zur Kennzeichnung von Wein, insbesondere derjenigen, die alkoholfreie und alkoholarme Weine betreffen. Diese Vorschläge, die in dem von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf des »Weinpakets« enthalten sind und derzeit im Europäischen Parlament und im Rat der EU diskutiert werden, könnten in direktem Widerspruch zur Lebensmittel-Informationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) stehen.
Alkoholkennzeichnung: Das Recht auf Information

Die Europäische Aktionswoche zur Verminderung alkoholbedingter Schäden (AWARH24) fand vom 2. bis 6. Dezember 2024 mit einem Ausstellungsstand im Hauptgebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel statt. Die offizielle Eröffnung erfolgte am Abend des 3. Dezember.
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Quelle: ScienceDirect
