In einem Interview mit der Rheinischen Post vom 28.08.2024 äußert sich der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, zu verschiedenen Aspekten der Suchtprävention, insbesondere zur Werbung für Suchtmittel. Blienert kritisiert die allgegenwärtige Werbung für Online-Sportwetten, die insbesondere Kinder und Jugendliche gefährde, und fordert, diese Werbung zum besseren Schutz von Jugendlichen auf die Zeit nach 23 Uhr zu beschränken.
Es geht aber nicht ums Verbieten, sondern um besseren Schutz von Kindern, Jugendlichen und Menschen mit Suchtproblemen. Denn bei all jenen wirkt Werbung leider konsumfördernd.«
Darüber hinaus spricht er sich für strengere Werbebeschränkungen für andere Suchtmittel wie Tabak und Alkohol aus. Blienert hält Verbote an bestimmten Stellen für sinnvoll, sieht in ihnen aber vor allem Schutzmaßnahmen. Er bedauert, dass in diesen Bereichen bisher wenig Fortschritte erzielt wurden, was er vor allem auf die mangelnde Unterstützung innerhalb der Regierungskoalition, insbesondere durch die FDP, zurückführt. Blienert bedauert, dass Deutschland bei der Prävention von Werbung für suchterzeugende Produkte hinter anderen Ländern wie Frankreich und Australien zurückliegt.
Die Werbung für suchtgefährdende Produkte zu beenden, ist nach Aussage so ziemlich aller Expert*innen weltweit die wirkungsvollste Prävention überhaupt, und eine der wenigen, die uns keinen Cent kostet.«
»Begleitetes Alkoholtrinken« ab 14 Jahren
Blienert kritisiert auch die bestehende Regelung, die Alkoholkonsum in Begleitung ab 14 Jahren erlaubt, und plädiert dafür, Alkoholkonsum erst ab 18 Jahren zu gestatten, wie es bei Tabakprodukten bereits der Fall ist, um die Gesundheit und Entwicklung junger Menschen besser zu schützen. Er begrüßt, dass die Gesundheitsminister*innen der Länder zumindest eine Diskussion über eine Altersgrenze von 16 Jahren begonnen haben.
Es gibt keinen Alkoholkonsum, der unbedenklich ist. Besonders stark wirkt Alkohol natürlich bei Heranwachsenden, die noch in der körperlichen Entwicklung sind. Er schädigt nachweislich das Gehirn.«
Jeder Alkoholkonsum ist schädlich
Das Wissenschaftliche Kuratorium der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), dem besonders renommierte Wissenschaftler*innen aller für die Abhängigkeit relevanten Disziplinen angehören, hat ein neues Positionspapier mit »Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol« erarbeitet. Der Vorstand der DHS, dem im Wesentlichen die Vertreter*innen der auf dem Arbeitsfeld tätigen Verbände angehören, hat diesem Papier zugestimmt und in der Zwischenzeit wurde es in der Zeitschrift »SUCHT 2/2024« veröffentlicht.
Neue Empfehlungen der Gesellschaft für Ernährung zum Alkoholkonsum
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat in einer neuen Stellungnahme ihre bisherigen Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol ersetzt. Sie folgt damit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zeigen, dass es keine gesundheitlich sichere Menge an Alkohol gibt, die einen unbedenklichen Konsum ermöglicht. Die DGE empfiehlt daher, auf alkoholische Getränke zu verzichten. Wer dennoch alkoholische Getränke zu sich nimmt, sollte vor allem hohe Alkoholmengen vermeiden. Dies gilt insbesondere für junge Menschen. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Stillende sollten generell alkoholfrei leben.
In einem Sonderdruck der »Ernährungs-Umschau« mit dem etwas gestelzten Titel »Alkohol-Zufuhr in Deutschland, gesundheitliche sowie soziale Folgen und Ableitung von Handlungsempfehlungen« möchte die DGE nicht nur Handlungsempfehlungen für das individuelle Alkoholkonsumverhalten geben, sondern auch Hinweise für gesundheitspolitische Maßnahmen, die zur Minimierung gesundheitlicher Schäden in der Bevölkerung beitragen.
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Insgesamt betont Blienert die Notwendigkeit, den Schutz von Kindern, Jugendlichen und Menschen mit Suchtproblemen zu verbessern und fordert ein Umdenken in der Drogen- und Suchtpräventionspolitik. Er betont die Notwendigkeit rascher politischer Maßnahmen und zeigt sich optimistisch, dass bei entsprechendem politischem Willen auch schnelle Umsetzungen wie beim Drug Checking möglich sind.
Quelle: Rheinische Post