Hochwasser in Altenahr-Altenburg am 15. Juli 2021 – Bild von Martin Seifert, CC0, Wikimedia
Der Klimawandel wird sich auf jeden Aspekt unserer Gesundheit und unseres Wohlbefindens auswirken. Die möglichen Schäden gehen jedoch weit über die Fähigkeit des Körpers hinaus, mit extremer Hitze umzugehen, so wichtig dies auch sein mag.
Extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen, Dürren, Stürme und Waldbrände treten immer häufiger und heftiger auf. Sie wirken sich in vielfältiger Weise auf unsere psychische Gesundheit aus.
Der Umgang mit dem Klimawandel kann überwältigend sein. Manchmal scheint es das Beste zu sein, sich in Alkohol, Tabak, rezeptfreie und verschreibungspflichtige Medikamente oder andere psychoaktive Substanzen zu flüchten. Das ist verständlich, aber gefährlich und kann schwerwiegende Folgen haben.
Die Autor*innen skizzieren fünf Gründe, warum der Klimawandel einen riskanten Substanzkonsum fördern könnte.
1. Die psychische Gesundheit wird beeinträchtigt
Der vielleicht offensichtlichste Zusammenhang zwischen Klimawandel und riskantem Substanzkonsum ist die Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit. Dies erhöht das Risiko eines neuen oder verstärkten Substanzkonsums.
Bei Menschen mit psychischen Störungen besteht ein hohes Risiko, dass sie auch eine Substanzkonsumstörung haben. Dies geht ihren psychischen Problemen häufig voraus. Die durch den Klimawandel verursachte Zunahme der Anzahl und Art von Extremereignissen erhöht wiederum die Risiken für die psychische Gesundheit.
Beispielsweise ist extreme Hitze mit einem erhöhten Leidensdruck in der gesamten Bevölkerung verbunden. Bei extremer Hitze suchen mehr Menschen die Notaufnahme wegen psychiatrischer Probleme auf, auch wegen Alkohol- und Drogenkonsums im Allgemeinen. Dies gilt bereits für einen einzigen sehr heißen Tag.
Hitzewellen und Klimawandel können zur Zunahme von Drogen- und Alkoholkrankheiten beitragen
Forscher*innen der Columbia Public Health haben herausgefunden, dass substanzkonsumbedingte Krankenhausaufenthalte zum Teil auf höhere Temperaturen zurückzuführen sind, und dass der Klimawandel das Problem noch verschärfen könnte.
Posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen, Angstzustände und andere psychische Probleme treten häufig nach extremen Wetterereignissen auf und können noch Monate oder sogar Jahre danach anhalten, vor allem, wenn Menschen mehreren Ereignissen ausgesetzt sind. Dies kann die Wahrscheinlichkeit des Substanzkonsums als Mittel zur Bewältigung erhöhen.
2. Sorgen nehmen zu
In der Öffentlichkeit wächst das Bewusstsein dafür, dass der Klimawandel das Wohlergehen der Menschen bedroht, und die Besorgnis darüber, was geschehen wird, wenn der Klimawandel ungebremst fortschreitet.
Sich Sorgen zu machen ist nicht dasselbe wie die Kriterien einer psychischen Störung zu erfüllen. Umfragen zeigen jedoch, dass der Klimawandel komplexe emotionale Reaktionen hervorruft, insbesondere bei Kindern. Angst, Furcht, Schuldgefühle, Wut, Trauer und Hilflosigkeit kommen zu den Gefühlen der Besorgnis hinzu.
Bestimmte emotionale Zustände, wie beispielsweise Traurigkeit, werden mit langfristigem Tabakkonsum in Verbindung gebracht und machen einen Rückfall wahrscheinlicher.
3. Körperliche Verletzungen schaden uns auf viele Arten
Körperliche Verletzungen durch extreme Wetterereignisse – wie Rauchvergiftungen, Verbrennungen, Schnittwunden und Infektionen durch Überschwemmungen – erhöhen das Risiko des Substanzkonsums. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sie das Risiko einer psychischen Belastung erhöhen. Wenn Verletzungen zu langfristigen Erkrankungen oder Behinderungen führen, können die daraus resultierenden Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Depression manche Menschen dazu veranlassen, sich selbst mit Alkohol oder anderen Drogen zu behandeln.
Der Substanzkonsum selbst kann auch zu langfristigen physiologischen Schäden, Behinderungen oder anderen chronischen Gesundheitsproblemen führen. Diese sind mit höheren Raten des riskanten Substanzkonsums verbunden.
4. Unser tägliches Leben verändert sich
Ein einziges katastrophales Ereignis wie ein Sturm oder eine Überschwemmung kann über Nacht Leben zerstören und unsere Lebensweise verändern. Dasselbe gilt für die subtileren Veränderungen des Klimas und des alltäglichen Wetters. Beide können Verhaltensweisen und Routinen in einer Weise stören, die das Risiko eines neuen oder verstärkten Substanzkonsums birgt, zum Beispiel die Einnahme von Stimulanzien zur Bekämpfung von Müdigkeit.
Ein Beispiel sind hohe Temperaturen, die den Schlaf stören, die schulischen Leistungen beeinträchtigen, die körperliche Aktivität verringern und feindselige Sprache und gewalttätiges Verhalten fördern.
5. Gemeinschaften werden destabilisiert
Schließlich destabilisiert der Klimawandel die sozioökonomischen, natürlichen, strukturellen und geopolitischen Systeme, von denen das menschliche Wohlergehen, ja sogar das Überleben abhängt.
Beschädigte Infrastruktur, Verluste in der Landwirtschaft, Schulschließungen, Obdachlosigkeit und Vertreibung sind wesentliche Ursachen für psychosoziale Belastungen, die akute (kurzfristige) und chronische (langfristige) Stressreaktionen auslösen.
Stress wiederum kann das Risiko eines starken Substanzkonsums und die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls erhöhen.
Wie die Alkoholindustrie die Klimakrise anheizt
Diese Reportage enthüllt die verschiedenen Wege, auf denen die Alkoholindustrie die Klimakrise anheizt. Wasser- und Ernährungsunsicherheit, Umweltzerstörung, Umweltverschmutzung, Treibhausgasemissionen und Greenwashing sind Teil des Nachhaltigkeitsfußabdrucks der Alkoholindustrie.
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Nachhaltigkeit der Alkoholindustrie in Mexiko: Bierproduktion führt zu Wasser- und Klimakrise
Nahezu ausgetrockneter Stausee in Doctor Mora, Guanajuato, im Nordosten Mexikos
Mexiko sieht sich mit einer Wasserkrise konfrontiert, von der die nördlichen Teile des Landes besonders betroffen sind. So haben die rekordverdächtig geringen Niederschläge im nördlichen Bundesstaat Nuevo León dazu geführt, dass die Stauseen der Stadt ausgetrocknet sind und das Grundwasser zur Neige geht. Die Menschen leiden darunter, dass kein Wasser aus den Wasserhähnen kommt, und die Kinder werden aufgrund der schlechten sanitären Verhältnisse krank. Doch die Bierindustrie verbraucht weiterhin das wenig vorhandene Wasser, um ihre Bierprodukte herzustellen.
Warum sind wir so besorgt?
Störungen des Substanzkonsums sind wirtschaftlich und gesellschaftlich sehr kostspielig. Ein riskanter Substanzkonsum, der nicht die Kriterien für eine offizielle Diagnose erfüllt, kann ebenfalls Schaden anrichten.
Abgesehen von den direkten körperlichen Schäden beeinträchtigt starker Substanzkonsum die Ausbildung und den Arbeitsplatz. Er erhöht das Unfall- und Kriminalitätsrisiko und beeinträchtigt soziale Beziehungen, intime Partnerschaften und das Funktionieren der Familie.
Politiker*innen nehmen zur Kenntnis
Im Vorfeld der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai wird der Klimawandel wieder einmal die Schlagzeilen beherrschen. Die Politiker*innen wissen, dass der Klimawandel die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen untergräbt. Es ist längst an der Zeit, sie zum Handeln aufzufordern.
Neuausrichtung der Nachhaltigen Entwicklungsziele mit Fokus auf Armut, Gesundheit und Klima
Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) werden die Gesundheit der Menschen nur dann verbessern, wenn sie mit einem systemischen Wandel einhergehen, der die globalen Machtungleichgewichte beseitigt.
Die Ziele für nachhaltige Entwicklung sollen die großen globalen Probleme wie Armut und Gesundheit lösen. Jüngste Untersuchungen zeigen jedoch, dass sie nicht genügend Fortschritte machen. Nur 15 Prozent der Ziele sind auf dem richtigen Weg. Hinzu kommen neue Herausforderungen wie COVID-19 und der Klimawandel. Diese Studie schlägt vier Wege vor, wie die SDGs besser funktionieren können.
Wie wir für die Gesamtbevölkerung gesehen haben, gibt es mehrere Möglichkeiten, wie der Klimawandel zu einem Anstieg des starken Substanzkonsums führen kann. Dies bedeutet, dass mehrdimensionale Präventionsstrategien erforderlich sind. Wir müssen uns nicht nur mit dem Klimawandel im Allgemeinen auseinandersetzen, sondern wir brauchen auch Strategien, die Folgendes beinhalten:
- Unterstützung gefährdeter Personen, insbesondere junger Menschen und marginalisierter Bevölkerungsgruppen, die am stärksten von wetterbedingten Extremereignissen betroffen sind
- stärkere Ausrichtung der Gesundheitspolitik auf eine breit angelegte Gesundheitsförderung, zum Beispiel gesündere Ernährung und gemeindenahe Unterstützung der psychischen Gesundheit
- Investitionen in eine klimaresistente Infrastruktur wie hitzebeständige Gebäude und begrünte Städte, um die destabilisierenden Auswirkungen und den Stress zu vermeiden, die bekanntermaßen zu psychischen Problemen und riskantem Substanzkonsum beitragen
Es gibt derzeit keine glaubwürdige Möglichkeit, den gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Aber wenn die zunehmenden Proteste gegen den Klimawandel ein Zeichen sind, dann ist die Welt vielleicht endlich bereit für einen radikalen Wandel – und vielleicht auch für weniger riskanten Substanzkonsum.
Über die Autor*innen
- Helen Louise Berry ist Honorarprofessorin am Centre for Health Systems and Safety Research der Macquarie University in Sydney, Australien.
Sie gründete 2008 den Forschungsbereich Klimawandel und psychische Gesundheit und ist nach wie vor die meistzitierte Autorin. Sie hat einen Abschluss in Psychologie und psychiatrischer Epidemiologie der Australian National University und ist Expertin dafür, wie Klimawandel, Katastrophen sowie soziale und physische Orte die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden beeinflussen. Sie berät nationale und internationale Forschungsprogramme und war ein führendes Gründungsmitglied des wissenschaftlichen Teams von MJA-Lancet (Australian) Countdown, das Australien im übergeordneten Projekt Lancet Countdown on Health and Climate Change vertritt. Sie hat mehrere Screeningverfahren für die Bevölkerung entwickelt, darunter den Australian Community Participation Questionnaire, den Brief Weather Disaster Trauma Exposure and Impact Screen und andere, die in Gesundheits- und Interventionsstudien auf der ganzen Welt eingesetzt werden. Berry wurde durch kompetitive Forschungsförderung unterstützt und leitete einflussreiche forschungspolitische Initiativen. - Francis Vergunst ist außerordentlicher Professor für psychologische und soziale Probleme an der Universität Oslo. In seiner Forschung untersucht er den Verlauf und die Folgen früher psychischer Probleme, einschließlich der Auswirkungen des Klimawandels auf die gesunde psychische Entwicklung von Kindern. Er absolvierte ein Postgraduiertenstudium an der Universität Montreal, wo er ein CIHR-Stipendium erhielt, und promovierte in psychiatrischer Forschung an der Universität Oxford. Zu seinen weiteren Forschungsinteressen gehören Substanzkonsumverhalten, globale Gesundheit, nachhaltige Gesundheitsversorgung sowie die Wahrnehmung und Behandlung von Tieren.
Quelle: Dieser Artikel wurde von The Conversation unter einer Creative-Commons-Lizenz neu veröffentlicht. Zum Originalartikel.
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