Alkoholpolitik.de informiert mit der Pressemeldung von »Alcohol Justice« aus den USA über eine makabre Einflussnahme des Fußball-Weltverbandes FIFA auf die Regierung von Brasilien. Dieser würde mit dem Gesetz ihr hoheitliches Recht zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit genommen. Hier der Text:
San Francisco, Kalifornien (5. März 2012) – Ein Sonderkomitee der brasilianischen Abgeordnetenkammer wird Dienstag über das »Allgemeine WM-Gesetz« (»Lei Geral da Copa«) abstimmen, jedoch sind die Beziehungen zwischen der Regierung und dem FIFA-Vorstand vollständig abgekühlt, nach den Macho-Kommentaren des FIFA-Generalsekretärs Jérôme Valcke. Vergangenen Monat stellte Valcke fest: »Alkoholische Getränke sind Teil der FIFA-Weltmeisterschaft, darum werden wir sie bekommen. Entschuldigen Sie, wenn ich ein wenig arrogant klinge, aber das ist nicht verhandelbar.«
Valcke verursachte eine explosive Reaktion in Brasilien, als er Freitag bekanntgab: »Sie müssen sich einen Ruck geben, sich in den Hintern treten und einfach die WM abliefern.« Dieser arrogante Kommentar führte zu einer machtvollen Antwort des brasilianischen Sportministers Aldo Rebelo am Sonnabend: »Im Lichte dieser für jegliche Art der Zusammenarbeit unangemessenen und inakzeptablen Äußerungen akzeptiert die Brasilianische Regierung … Generalsekretär Valcke nicht länger als Gesprächspartner.« Der brasilianische Präsidentenberater Marco Aurelio Garcia goss am Sonntag noch Öl in das Feuer, in dem er Valcke als Großmaul und Strolch (»boquirroto« und »vagabundo«) bezeichnete.
Als eine Maßnahme zur Bekämpfung alkoholbezogener Gewalt im Sport und zur allgemeinen Gesundheitsförderung ist der Alkoholverkauf in brasilianischen Fußballstadien seit 2003 verbannt. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation, die Brasilien einschloss, ergab, dass 46 % der gewaltbedingten Notaufnahmen mit Alkohol verbunden waren.
Die FIFA hat Langzeitverträge mit Anheuser-Busch InBev (A-B InBev) und führt Budweiser als offizielles WM-Bier. Das Problem für die FIFA ist, dass die Austragungsorte Brasilien 2014, Russland 2018 und Katar 2022 alle Alkoholverkaufsverbote zum Schutze der Fans, insbesondere der Familien und Kinder, erlassen haben. Die Führung sowie große Teile des Anlagekapitals von A-B InBev sind in Brasilien beheimatet, darunter Geschäftsführer Carlos Brito. Der FIFA-Vorschlag fordert, dass Bier in Verkaufsständen und jeglicher Alkohol in den VIP-Bereichen erhältlich sein muss. Erhöhte Alkoholverkäufe in lizensierten Geschäften in Stadionnähe versprechen offensichtlich nicht genug Profite für A-B InBev und die FIFA. A-B InBev möchte nicht weniger als Budweiser und die einheimische Marke Brahma zurück in die Stadien, wo Gewalt durch Bier befördert wurde.
»Glückwünsche an die Brasilianische Regierung für ihr umsichtiges Verhalten im Sinne der öffentlichen Sicherheit und nationalen Souveränität. Das ist wichtiger, als nach der Pfeife der FIFA zu tanzen,« sagte Bruce Lee Livingston, Geschäftsführer von Alcohol Justice. »Die FIFA führt sich in Brasilien auf wie eine Hooligan-Gang, mit harten Sprüchen und schmutzigen Tricks gegen die Gesetzgebung,« fügte er hinzu.
Der brasilianische und internationale Widerstand gegen die Aufhebung des Alkoholverbots wächst. Der brasilianische Fußballstar und Abgeordnete des Bundesparlaments Romário de Souza Faria, ein Unterstützer des Alkoholverbots sagte, »wenn Valcke den Ausdruck ›in den Hintern treten‹ gebrauchte, halte ich das für unangemessen und unhöflich.«
Die brasilianische Verbraucherschutzorganisation IDEC führt eine Kampagne gegen das »Allgemeine WM-Gesetz« wegen zahlreicher Verbraucherschutz- und Haftungsfragen, während sich andere für Halbpreistickets für Ureinwohner, Rentner und Studenten einsetzen.
Europäische und weltweite Gesundheitsbewegungen mobilisieren ebenfalls. In Schweden sagte Sven-Olov Carlsson, Präsident von IOGT International, einer weltweiten Organisation mit Mitgliedern in Afrika, Asien und den USA: »Wir können nicht akzeptieren, dass die FIFA gewillt ist, den Spaß am Spiel, die Sicherheit von Kindern und Familien sowie die positive gesellschaftliche Entwicklung in Brasilien zu gefährden.«
»Alcohol Justice schließt sich IOGT International und anderen Verbraucherschutz- und Gesundheitsorganisationen an in der Unterstützung des Rechts auf einen Besuch des erstrangigen Sportereignisses der Welt ohne durch Alkohol verursachte Gewalt,« bestätigt Livingston. »Die FIFA muss von ihrer Schmutzarbeit für A-B InBev, in die brasilianischen Fußballstadien zurückkehren zu dürfen, zurückgepfiffen werden. Denn kein Land sollte Gesundheit und Sicherheit im Tausch für Bierverkäufe aufs Spiel setzen.«
Übersetzung: Frank Lindemann