Inmitten steigender Alkoholprobleme mit der anhaltenden COVID-19-Krise plant die deutsche Regierung, die Biersteuer für ein ganzes Jahr zu senken.
Die Regierung erwägt, die Biersteuer für Brauereien im kleinen bis mittleren Bereich für ein ganzes Jahr vom 1. Januar 2021 bis zum 1. Januar 2022 zu senken. Rund 1460 Brauereien werden niedrigere Steuern zahlen, wenn der Plan durchkommt.
Im Gegensatz dazu hat die deutsche Regierung beschlossen, die Tabaksteuer zu erhöhen. Außerdem sollen E-Zigaretten und Tabakerhitzer in die Liste der steuerpflichtigen Tabakwaren aufgenommen werden. Die Regierung begründet die Tabaksteuererhöhung mit dem Schutz der Gesundheit der Menschen.
Der Schutz der Gesundheit der Menschen ist eine Priorität für alle Regierungen und hat angesichts der anhaltenden Pandemie noch an Bedeutung gewonnen. Aber die Bundesregierung ignoriert weiterhin alle Fakten über die Schäden, die durch die Produkte und Praktiken der Alkoholindustrie verursacht werden.
Zum Beispiel verursacht Alkohol Krebs, ebenso wie Tabak. Die Todesrate durch alkoholbedingte Krebserkrankungen ist in Deutschland erstaunlich hoch. Laut dem Global Alcohol Status Report 2018 der WHO verursacht Alkohol jedes Jahr über 14.000 Krebstodesfälle.
Alkoholschäden belasten die Menschen und das Gemeinwesen in Deutschland insgesamt stark. Das Land ist nach wie vor »eine der süchtigsten Gesellschaften der Welt«, heißt es in einer im April 2019 veröffentlichten Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).
Diese Studie ergab,
- 74.000 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland an den Folgen von Alkohol,
- circa 21.700 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 20 Jahren wurden 2017 wegen einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert und
- 13.403 alkoholbedingte Straßenverkehrsunfälle ereigneten sich 2016, bei denen Menschen verletzt wurden.
Das von der DHS herausgegebene Jahrbuch Sucht 2021 zeigt die starke Alkoholbelastung der deutschen Gesellschaft auf.
- Der Pro-Kopf-Alkoholkonsum der Deutschen ab 15 Jahren lag im Jahr 2017 bei 10,5 Litern reinem Alkohol.
- Bei der derzeitigen Reduktionsrate würde es in Deutschland 54 Jahre dauern, um ein risikoarmes Verbrauchsniveau (6 Liter) zu erreichen.
- Insgesamt 3 Millionen Erwachsene im Alter zwischen 18 und 64 Jahren litten im Jahr 2018 in Deutschland an einer Alkoholkonsumstörung.
- Die jährlichen wirtschaftlichen Kosten von Alkoholschäden belaufen sich auf 57 Milliarden Euro. Doch die Staatseinnahmen decken mit 3,2 Milliarden Euro aus der Alkoholbesteuerung pro Jahr nur einen winzigen Bruchteil davon.
Alkoholkonsum bleibt auf hohem Niveau
Welche Trends gibt es beim Konsum von Alkohol, Tabak und illegalen Drogen in Deutschland? Welche Tendenzen zeichnen sich beim Missbrauch von Medikamenten ab? Wie entwickelt sich der Glücksspielmarkt? Das heute veröffentlichte Jahrbuch Sucht 2021 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) fasst die neuesten Zahlen, Daten und Fakten zu legalen und illegalen Suchtstoffen sowie zum Thema Glücksspiel zusammen und informiert über die Suchthilfe in Deutschland.
COVID-19 schürt das Alkoholproblem
Die COVID-19-Pandemie hat die Situation in Deutschland nur noch verschlimmert. Das Klinikum Nürnberg befragte über 3000 Erwachsene zu ihrem Alkoholkonsum und stellte fest, dass 35,5 % der Befragten angaben, mehr oder viel mehr Alkohol zu konsumieren als vor der Coronavirus-Krise. Inzwischen können die unterfinanzierten Suchtberatungsstellen mit der steigenden Nachfrage nicht mehr Schritt halten.
Der Würgegriff der Alkoholindustrie in der Alkoholpolitik
Die Tatsache, dass die Regierung inmitten der durch COVID-19 verschärften Krise der Alkoholschädigung eine Steuersenkung für Bier in Erwägung zieht, verdeutlicht den Würgegriff, in dem die Lobby der Alkoholindustrie die deutsche Alkoholpolitik hält.
Die letzten Versuche, das Alkoholproblem in Deutschland umfassend anzugehen, wurden 2009 von der Alkoholindustrie zunichte gemacht, als die damalige Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing evidenzbasierte und von der WHO empfohlene alkoholpolitische Maßnahmen vorgeschlagen hatte. Doch die Lobbyeinmischung der Alkoholindustrie und ihrer Verbündeten in der CDU/CSU ließ die weit fortgeschrittene Arbeit letztlich scheitern.
Im März dieses Jahres fand im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung zur Alkoholpolitik in Deutschland statt. Die Ausschussmitglieder befragten Experten aus verschiedenen Bereichen zur Alkoholprävention. Die Schlussfolgerung war, dass es evidenzbasierte, kosteneffektive politische Lösungen gibt, um Alkoholschäden in Deutschland zu reduzieren und zu verhindern. Was fehlt, ist der politische Wille in Deutschland und der EU, Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme voranzutreiben.
»Wir sprechen eigentlich heute über die Suchtkranken von morgen«
Dies konstatierte Frauke Fölsche von NACOA Deutschland angesichts eines Drittels der rund 3 Millionen Kinder und Jugendlichen, die in suchtbelasteten Familien aufwachsen, und später selbst eine eigene Suchtgeschichte entwickeln. Anlass war eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages zur Alkoholprävention, die heute nachmittag stattfand.
Als besonders wirksam sieht NACOA die Maßnahmen in Kombination mit einem Alkoholwerbeverbot.«
Frauke Fölsche, NACOA
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In Anbetracht der Tatsache, dass die Bundesbürger der Gesundheit und der Familie mehr Priorität einräumen als dem Konsum, und dass die Regierung Ressourcen benötigt, um sich von den Folgen der Pandemie zu erholen, spricht vieles dafür, Lösungen für die Alkoholpolitik zu entwickeln, genau wie beim Tabak.
Menschen schätzen Gesundheit und Familie am meisten
Im vergangenen Jahr, mitten in der COVID-19-Pandemie, haben laut zwei Umfragen mehr Deutsche Wert auf Gesundheit und Familie gelegt als in den Jahren zuvor. Für die Deutschen sind in Zeiten der Krise körperliches und soziales Wohlbefinden wichtiger als Konsumdenken.
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Quelle: MOVENDI International
Übersetzt mit www.DeepL.com