Die globale Alkoholpolitik ist ein langwieriger Prozess, an dem viele Interessengruppen beteiligt sind: von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den Regierungen bis hin zu Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und – kontrovers – der Alkoholindustrie. Ein breites politisches Engagement kann politische Entscheidungsprozesse zugänglicher und gerechter machen, zum Beispiel durch öffentliche Konsultationen. Es gibt jedoch deutliche Hinweise darauf, dass die Einbeziehung der Alkoholindustrie aufgrund von Interessenkonflikten den Fortschritt bei der Alkoholkontrolle untergraben kann.
Eine Möglichkeit, wie Interessenvertreter*innen politische Ergebnisse beeinflussen können, ist der Sprachgebrauch und das »Framing«. Durch die Förderung bestimmter Ideen gegenüber anderen kann das Framing beeinflussen, wie ein politisches Problem verstanden wird und welche politischen Optionen in Betracht gezogen werden.
In unserer jüngsten Studie, die im International Journal of Health Policy and Management veröffentlicht wurde, wollten wir herausfinden, wie verschiedene Interessengruppen in der Alkoholpolitik Alkoholschäden, ihre Ursachen und mögliche Lösungen darstellen. Zu diesem Zweck haben wir die Antworten auf eine Konsultation der WHO zur Umsetzung ihrer globalen Alkoholstrategie analysiert.
Wie werden alkoholbedingte Schäden und politische Lösungen formuliert?
Die verschiedenen politischen Akteur*innen verwendeten in ihren Konsultationsantworten unterschiedliche Formulierungen. Die Formulierungen unterschieden sich in Bezug auf:
- Wie das Problem der Alkoholschäden definiert wurde
- Welches die Ursachen für alkoholbedingte Schäden sein sollen, und
- Welche politischen Lösungen vorgeschlagen wurden
Die Formulierungen wurden mit Daten und Belegen untermauert und stützten sich auf spezifische Wertesysteme.
Die Interessenvertreter*innen der Alkoholindustrie tendierten dazu, nur die individuellen Risiken des starken Alkoholkonsums und des Alkoholkonsums von gefährdeten Gruppen wie Minderjährigen zu betonen. Ein ähnliches Framing wurde auch von einer kleinen Gruppe von Regierungen verwendet, vor allem von den Vereinigten Staaten und Italien. Diese eher eng gefasste Problemdefinition wurde in der Regel mit einem Framing gepaart, das sich auf die individuelle Verantwortung und soziale Normen als Hauptgründe für den schädlichen Alkoholkonsum konzentrierte.
Folglich zielten die von diesen Interessengruppen vorgeschlagenen Lösungen in der Regel auf »gefährdete« Personen ab. Zum Beispiel durch Aufklärungskampagnen und verantwortungsvolle Marketingpraktiken der Industrie – beides verfügt über eine relativ schwache Evidenzbasis. Andererseits wurde in diesem Rahmen von einer Regulierung des Alkoholkonsums auf Bevölkerungsebene abgeraten, da dies die »moderaten Trinker*innen« unnötig beeinträchtigen und Probleme mit der illegalen Alkoholproduktion schaffen würde.
Es überrascht nicht, dass die Alkoholindustrie häufig als »Partner« bei der Alkoholkontrolle dargestellt wurde, ohne Interessenkonflikte anzuerkennen, wobei die Werte der individuellen Wahl und der unternehmerischen Freiheit betont wurden.
Die andere vorherrschende Sichtweise konzentrierte sich stattdessen auf die Risiken des Alkoholkonsums an sich und die umfassenderen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden, die der Alkoholkonsum verursacht. Diese Sichtweise fand sich in den Konsultationsantworten von NGOs, akademischen Einrichtungen und den meisten Regierungen und internationalen Organisationen.
Die Unterregulierung von Alkohol wurde als Hauptursache für Alkoholschäden angesehen, ebenso wie die politische Einflussnahme durch die Alkoholindustrie. Zu den vorgeschlagenen Lösungen gehörten daher Regulierungen, wie die »Best Buys« der WHO, und globale Lösungen wie ein verbindlicher Vertrag (ähnlich dem Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakkonsums). Zwar gab es einige Überschneidungen in den Formulierungen der verschiedenen Interessengruppen, doch die überwiegende Mehrheit der nicht der Industrie angehörenden Interessengruppen sprach sich unter Berufung auf die Werte der öffentlichen Gesundheit und der Menschenrechte gegen eine Einmischung der Industrie in die Alkoholpolitik aus.
Wie geht es weiter?
Wenn man versteht, wie Alkoholschäden und Kontrollmaßnahmen in politischen Entscheidungsprozessen formuliert werden, kann man Einblicke in die Werte und Interessen der verschiedenen Interessengruppen gewinnen. Die Forschung zeigt, dass die von den Interessenvertreter*innen der Alkoholindustrie verwendeten Formulierungen durchweg darauf abzielen, die Aufmerksamkeit auf den Einzelnen zu lenken, anstatt Umweltfaktoren und gesellschaftliche Auswirkungen des Alkoholkonsums zu thematisieren. Die WHO sollte daher sorgfältig prüfen, wie sie sicherstellen kann, dass die Zusammenarbeit mit der Industrie im Rahmen von Konsultationen die Ziele der öffentlichen Gesundheit nicht untergräbt.
Viele Nichtregierungsorganisationen und akademische Einrichtungen, die an der Konsultation teilgenommen haben, haben die WHO aufgefordert, die formale Rolle, die sie den Interessenvertretern der Industrie in der Alkoholpolitik zugesteht, zu überdenken, so wie sie es beim Tabak getan hat.
Unabhängig davon sollten die Akteur*innen der öffentlichen Gesundheit weiterhin ihre Fähigkeit stärken, irreführenden und schädlichen Darstellungen entgegenzuwirken und ihre eigenen überzeugenden, evidenzbasierten Darstellungen zu entwickeln.
Informationen zur Studie
Autor*innen: Chiara Rinaldi (E-Mail: ), May CI van Schalkwyk, Matt Egan, Markt Petticrew
Zitierung: Rinaldi C, van Schalkwyk MC, Egan M, Petticrew M. A framing analysis of consultation submissions on the WHO global strategy to reduce the harmful use of alcohol: values and interests. Int J Health Policy Manag. 2021;x(x):1–12. doi:10.34172/ijhpm.2021.68
Quelle: International Journal of Health Policy and Management
Datum der Veröffentlichung: 26. Juni 2021
Quelle: Institute of Alcohol Studies IAS
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