Eine Gruppe von 106 Gesundheitsexpert*innen aus 60 Ländern und sechs Kontinenten fordert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf, ihre Treffen mit Alkohollobbyist*innen hinter verschlossenen Türen einzustellen. Diese ermöglichen Unternehmen, die von alkoholischen Produkten profitieren, einen beispiellosen Zugang zu den für die Förderung der globalen Gesundheit Verantwortlichen.
Anlässlich der 76. Weltgesundheitsversammlung, die derzeit in Genf stattfindet, kritisieren führende Gesundheitspolitiker*innen aus aller Welt das jährliche Geheimtreffen der WHO mit Vertreter*innen der Alkoholindustrie, das nur auf Einladung stattfindet.
In einem gemeinsamen Schreiben forderten führende Vertreter*innen von Organisationen aus den Bereichen öffentliche Gesundheit, Sozialarbeit, Gewalt in der Familie, Kinderrechte und First Nations den WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus auf, nicht länger mit Alkohol-Lobbyist*innen zusammenzuarbeiten.
Alkoholkonzerne sollten nicht mit am Tisch sitzen, wenn Politiken und Programme zur Verbesserung der Gesundheit, des Wohlbefindens und der Sicherheit der Bevölkerung entwickelt, bewertet oder evaluiert werden«, heißt es in dem Schreiben.
»Die Gesundheit, das Wohlergehen und die Sicherheit unserer Familien sind viel zu wichtig«
Wiederholte Versuche der Alkoholindustrie, Reformen im Gesundheitswesen zu untergraben, wurden in Australien und weltweit beobachtet.
- In Mexiko entnehmen multinationale Alkoholkonzerne Millionen Liter Wasser aus dürregeplagten Gemeinden, um Bier herzustellen, und zwingen die Bewohner*innen, für das grundlegende Menschenrecht auf Zugang zu Wasser zu protestieren.
- In Irland haben die Alkoholkonzerne Lobbyarbeit betrieben, um den Public Health Alcohol Action Act zu untergraben, seine Wirkung zu verwässern und viele Maßnahmen zu verzögern, wie beispielsweise die Einführung verbindlicher Warnhinweise, die auf die Gesundheitsrisiken des Konsums alkoholischer Produkte hinweisen.
- In Australien versuchte ein führendes Alkoholunternehmen fünf Jahre lang, einen großen Getränkemarkt in der Nähe einer Aborigine-Gemeinde zu errichten, die in einem Gebiet mit hohen Alkoholschäden lebt.
- In vielen afrikanischen Ländern setzen multinationale Alkoholkonzerne unethische Praktiken ein, um den Alkoholkonsum zu fördern, zum Beispiel den Einsatz von »Bierwerberinnen« und aggressives Marketing, das Kinder mit Alkoholwerbung konfrontiert.
Kristína Šperková, Präsidentin von Movendi International, sagte, die Prävention und Verringerung alkoholbedingter Schäden sei für die WHO von entscheidender Bedeutung, um ihr Ziel zu erreichen, allen Menschen die gleiche Chance zu geben, ein sicheres und gesundes Leben zu führen.
Alkoholkonzerne und ihre Lobbygruppen arbeiten unermüdlich daran, vernünftige Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit und Sicherheit der Menschen weltweit zu untergraben. Sie sollten keinen beispiellosen Zugang zu denjenigen erhalten, die für die Förderung der globalen Gesundheit verantwortlich sind«, sagte sie.
»Alkohol tötet weltweit jährlich 3 Millionen Menschen, das sind 5 Prozent aller Todesfälle. Bei jungen Erwachsenen zwischen 20 und 39 Jahren ist einer von sieben Todesfällen auf Alkohol zurückzuführen. Es muss alles getan werden, um dieses Leid zu verhindern.«
Fredric Schulz, Bundesvorsitzender der Guttempler in Deutschland, wies darauf hin, dass der größte Teil der Gewinne der Alkoholindustrie mit Menschen erzielt wird, die besonders viel und intensiv konsumieren. An einem Umsatzrückgang könne die Branche deswegen gar kein Interesse haben.
Die Alkoholindustrie verkauft Alkohol. Und das macht sie sehr gut. Punkt. Sie ist keine Gesundheitseinrichtung. Davon versteht sie nichts. Auf ihre Ratschläge kann die WHO daher getrost verzichten«, fügte er hinzu.
Quelle: Guttempler in Deutschand