Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) startet in Europa einen neuen Aktionsplan für nichtübertragbare Krankheiten – einschließlich alkoholpolitischer Maßnahmen – und fordert eine gemeinsame Politik des Handelns um die globalen Ziele zu erreichen.
Die Europäische Region der WHO hat Fortschritte in Schlüsselbereichen der Kontrolle nichtübertragbarer Krankheiten (NCD) erzielt:
- Die Sterberate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt weiter;
- Ein klarer Abwärtstrend beim Rauchen geht weiter;
- Alkoholkonsum sinkt stetig.
Doch diese europäische Gesamtbild verbirgt erhebliche Unterschiede innerhalb und zwischen den Ländern und Bevölkerungsgruppen:
Die WHO Europa schätzt, dass die Region die globalen Ziele nicht erreichen wird, die im globalen NCD-Aktionsplan festgelegt wurden, den Tabakkonsum und Bewegungsmangel zu verringern und den Anstieg der Fettleibigkeit zu stoppen, wenn keine weiteren Maßnahmen erfolgen.
»Wir wissen, dass die Behandlung nichtübertragbarer Krankheiten und deren Bedingungen unvorstellbaren Gesundheitsgewinn erzielen können. Heutiges Handeln der gesamten Regierung wird entscheiden, ob es Ländern gelingt die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung (SDG) zu erreichen. Menschen, die 2030 im mittleren Alter an vermeidbaren Ursachen sterben werden, sind heute junge Erwachsene. Es gibt keine größere Dringlichkeit, wenn wir Leben verlängern wollen«, erklärt die WHO-Regionaldirektorin für Europa, Dr. Zsuzsanna Jakab.
»Diese Last zu reduzieren erfordert auf Bevölkerungsebene gezielte Ansätze in einem breiten Spektrum von Themen – Tabakkontrolle, Alkoholkontrolle, Senkung des Verbrauchs von Salz sowie gesättigten und Transfettsäuren, und schließlich Bluthochdruck-Kontrolle.«
Beschleunigter Gesundheitsgewinn durch einen gemeinsamen Risikofaktor-Ansatz
Alkohol, einer der vier wichtigsten Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten, ist der führende Risikofaktor für die Krankheitslast in Osteuropa, im Zusammenhang mit alarmierenden Verletzungs- und Gewaltraten sowie Schwankungen der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit. Die Europäische Region insgesamt liegt im schädlichen Alkoholkonsum weltweit an der Spitze, vor allem unter Jugendlichen.
Die Europäische Region der WHO hat am Regionalkomitee-Treffen in Kopenhagen im September 2016 einen neuen Aktionsplan für nichtübertragbare Krankheiten ins Leben gerufen. Der Plan umreißt Maßnahmen zur erheblichen Reduzierung nichtübertragbarer Krankheiten, zur Verbesserung der Lebensqualität und zur gerechter verteilten gesunden Lebenserwartung.
Neben der Früherkennung von nichtübertragbaren Krankheiten spricht sich der Aktionsplan für steuerpolitische Maßnahmen und Marktbeschränkungen aus um die öffentliche Gesundheit und gesunde Lebensweisen zu fördern.
Win-win-Situation dank NCD-Prävention
Der Plan unterstreicht auch, wie Gewinne in einem Bereich Bedingungen in anderen verbessern. Um die nachhaltigen Entwicklungsziele zu erreichen, muss ein breiteres Spektrum von bestimmenden und Risikofaktoren ins Auge gefasst werden.
In Anbetracht der Tatsache, dass 66% der vorzeitigen Todesfälle in der Europäischen Region der WHO von vier großen nichtübertragbaren Krankheiten verursacht werden, zu deren wichtigsten Risikofaktoren Tabak- und Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Übergewicht und Umweltfaktoren zählen, könnten mindestens 80% aller Herzerkrankungen, Schlaganfälle und Diabetes sowie 40% von Krebserkrankungen verhindert werden.
Daher beschreibt der Plan klare Prioritäten bei Interventionen auf Bevölkerungsebene:
- Förderung gesunden Konsums durch Steuer- und Wirtschaftspolitik: Tabak, Alkohol, Essen
- Produkt-Neuformulierung und Verbesserung: Salz, Fett und Zucker
- Salzreduzierung
- Förderung aktiven Lebensstils und Mobilität
- Förderung sauberer Luft
Der Weg nach vorn
Das WHO-NCD-Projektbüro mit Sitz in Russland initiiert Aktionen in 23 Ländern, was eine erhebliche Steigerung der Kapazität darstellt, nichtübertragbaren Krankheiten in der Europäischen Region zu begegnen. Es wird erwartet, dass die Region evidenzbasierte Best Practice übt und einen sektorübergreifenden Ansatz zur Kommunikation der Politik und des Informationsaustausches fördert. Die Prioritäten werden auf dem NCD-Aktionsplan basieren, der als ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2018 zu sehen ist, bei der die Ergebnisse der UN-Erklärung von 2011 überprüft werden.
Förderung gesunden Konsums durch Steuer- und Wirtschaftspolitik
Ziel:
Steuer- und wirtschaftspolitische Kontrollen zur Regulierung der Nachfrage, des Zugangs und der Erschwinglichkeit von Tabak, Alkohol sowie Lebensmitteln und Getränken mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, Transfettsäuren, Salz und Zucker.
Begründung:
Richtlinien können Alkoholkonsum senken, wovon am meisten jüngere und schwere Alkoholkonsumenten profitieren wie auch Menschen, die dem schweren Alkoholkonsum anderer ausgesetzt sind. Die Auswirkungen der Vermarktung, einschließlich der sozialen Medien im Internet, auf den Alkoholkonsum müssen in vollem Umfang betrachtet werden, vor allem auf junge Menschen. Systeme zur Verwaltung der Alkohol-Vermarktung wie rechtliche Rahmenbedingungen können die Auswirkungen zum Nutzen der öffentlichen Gesundheit verringern.
Freiwillige Selbstverpflichtungen sind oft unwirksam und Vorschriften oder Gesetze daher oft erforderlich. Durch geschickte und erfolgreiche Vermarktung und der Veränderung des Produkt-Designs haben die Tabak- und Alkoholindustrie einen schnell wachsenden Markt für weibliche und minderjährige Raucher sowie Alkoholkonsumenten geschaffen.
Alkoholische Getränke tragen insgesamt auch zur Energieaufnahme und Gewichtszunahme bei.
Schlussfolgerung:
Maßnahmenbündel, zum Beispiel in den Bereichen Tabak- und Alkoholkontrolle, oder welche mehrere Probleme gleichzeitig angehen, sind oft kostengünstiger als sich allein auf eine einzige Aktion zu verlassen.
Dennoch wird die Erhebung von Steuern zur Beeinflussung individueller Entscheidungen zu Tabak- und Alkoholkonsum sowie den Verzehr von Lebensmitteln immer wieder als eine kosteneffektive Intervention gesehen, um gesündere Verhaltensweisen zu fördern. Solche Steuereinnahmen könnten sogleich dazu verwendet werden um öffentliche Gesundheitsprogramme zu finanzieren.