Rothaarige Frau in Kundgebung rufend. Dazu das Emblem der Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien, das eine Erwachsenenhand zeigt, der sich eine Kinderhand entgegen streckt sowie der Hashtag 'Wir sind Millionen'.

Mit einem neuen Rekord an angemeldeten Veranstaltungen startet die diesjährige COA-Aktionswoche für Kinder aus suchtbelasteten Familien vom 18. bis 24. Februar. 150 Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet machen auf die Situation der rund drei Millionen Kinder in Deutschland aufmerksam, die mit mindestens einem suchtkranken Elternteil aufwachsen.

Organisiert wird die Aktionswoche von NACOA Deutschland, der Interessenvertretung für Kinder aus suchtbelasteten Familien. Ziel ist es, den vergessenen Kindern eine Stimme zu geben. Schirmherr der diesjährigen Aktionswoche ist der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert, der gemeinsam mit NACOA-Vorstandsmitglied Christina Reich und NACOA-Schirmherr Max Mutzke die Aktionswoche auf einer Pressekonferenz im Bundesgesundheitsministerium eröffnete.

Wir sind Millionen und wir wollen uns Gehör verschaffen.«

»Wir und alle beteiligten Organisationen und Institutionen brechen in diesen Tagen das Schweigen, das in vielen betroffenen Familien herrscht«, sagte NACOA-Vorstandsmitglied Christina Reich bei der Pressekonferenz. »Wir sind Millionen und wollen uns Gehör verschaffen«, erklärte sie mit Blick auf das diesjährige Motto. Das gelte auch gegenüber der Politik. Zwar gebe es bei den Fachpolitiker*innen inzwischen ein großes Problembewusstsein, erklärte Reich. Aber außerhalb der Fachpolitik werde beispielsweise Alkohol vor allem als Kulturgut gesehen, mit dem man sich gerne in der Öffentlichkeit zeige.

Dieser Umgang mit dem Thema habe auch Auswirkungen auf die Finanzierung von Angeboten für betroffene Kinder und Jugendliche. Es gebe immer noch viel zu wenige, die meisten existierenden seien projektfinanziert, was immer wieder Unsicherheit in die Einrichtungen bringe, weil nicht sicher sei, ob Anträge bewilligt werden. »Wir brauchen auf allen Ebenen mehr Geld für diese Arbeit und sichere regelfinanzierte Angebote möglichst in allen Kommunen. Davon sind wir noch weit entfernt. Das Hilfenetz muss dichter und sicherer werden«, so Reich.

Das Hilfenetz muss dichter und sicherer werden.«

Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung:

Fast drei Millionen Kinder wachsen mit einem suchtkranken Elternteil auf. Ohne Hilfe ereilt sie viel zu oft ein ähnliches Schicksal wie ihre Eltern: Zwei von drei Kindern aus suchtbelasteten Familien werden später selbst suchtkrank oder sind psychisch beeinträchtigt. Die COA-Aktionswoche und die Wanderausstellung geben diesen Kindern eine Stimme. Es ist wichtig, dass diese Kinder gesehen und gehört werden, dass sie besser geschützt werden und dass sie Hilfe bekommen. Jeder kann helfen – Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen, Lehrer, Ärzte – und zeigen: Ich bin da und bleibe, wenn du mich brauchst!

Es ist aber auch seit Jahren eine Herausforderung, dass Kinder und Jugendliche sichere und niedrigschwellige Angebote und Hilfen finden. Deshalb ist es ein großer Fortschritt, dass wir mit ›Hilfen im Netz‹ von NACOA und KidKit seit Oktober 2023 endlich eine bundesweite und niedrigschwellige Erstberatungsplattform im Netz haben. Das ist eine große Gemeinschaftsleistung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für die ich Bundesminister Karl Lauterbach und Bundesministerin Lisa Paus herzlich danke. Wir müssen aber auch die Hilfsangebote vor Ort ausbauen und unterstützen. Ich appelliere daher an Länder, Kommunen und Krankenkassen, hier eine stabile und dauerhafte Finanzierung zu ermöglichen.«

Auch der Sänger und NACOA-Schirmherr Max Mutzke war bei der Pressekonferenz anwesend und schilderte die Reaktionen seines Umfelds, wenn er über seine Kindheit mit einer alkoholkranken Mutter spricht. Er treffe oft Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht hätten. Wenn er sein Lied »Hier bin ich Sohn« singe, in dem es um seine alkoholkranke Mutter gehe, sehe er oft Tränen im Publikum fließen. »Musik hat eine Energie, die direkt ins Herz trifft«, weiß Mutzke. Deshalb sollten gerade Kinder aus suchtbelasteten Familien die Chance bekommen, Instrumente zu lernen und ihre Gefühle über die Musik auszudrücken. Wichtig sei, dass es Orte und Einrichtungen gebe, an denen sie Spaß haben und sich frei von den Problemen zu Hause entfalten können.

Musik hat eine Energie, die direkt ins Herz trifft.«

Max Mutzke ist auch einer der Protagonisten der Fotoausstellung »Gesicht zeigen – Was erwachsene Kinder aus suchtbelasteten Familien stark gemacht hat«. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem renommierten Fotografen Hauke Dressler und erzählt die Geschichten von zehn erwachsenen Kindern unterschiedlichen Alters, die trotz der Erfahrung einer elterlichen Suchterkrankung auf ganz unterschiedliche Weise zu starken Menschen geworden sind. Das Spektrum reicht von einer FASD-Betroffenen über eine junge Tänzerin bis hin zu einem Priester und einem stolzen Hertha BSC-Fan. Die Ausstellung widmet jeder Person zwei Roll-Ups mit einem großen Porträt, einem kurzen Text und einem Link zu einem Interview, das mit der Person geführt und auf dem YouTube-Kanal von NACOA veröffentlicht wurde. Dazu kommen vier weitere Roll-Ups mit Informationen zum Thema, zu NACOA und zu Hilfsangeboten. Die insgesamt 24 Roll-Ups sind als Wanderausstellung konzipiert und werden bis zum 1. März in zwei Berliner Bibliotheken gezeigt. Danach kann sie gegen eine Schutzgebühr ausgeliehen werden.

Alle Veranstaltungen und weitere Informationen finden Sie unter www.coa-aktionswoche.de, weitere Informationen zum Thema und zur Arbeit von NACOA Deutschland unter www.nacoa.de.

Quelle: Pressemitteilung von NACOA Deutschland