Millionen Menschen in Deutschland trinken zu viel Alkohol. »Obwohl der Alkoholkonsum im Vergleich zu den Vorjahren weiter gesunken ist, wird in Deutschland immer noch deutlich mehr Alkohol getrunken als im weltweiten Durchschnitt«, sagt Prof. Dr. Norbert Scherbaum, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) anlässlich der Veröffentlichung des DHS-Jahrbuch Sucht 2023. Die Gründe für den hohen Alkoholkonsum hierzulande sind vielfältig. Alkohol ist als vermeintliches »Kulturgut« gesellschaftlich breit akzeptiert. Auf 10,0 Liter Reinalkohol pro Person ab 15 Jahren beziffert das DHS-Jahrbuch Sucht 2023 den Konsum in Deutschland im Jahr 2020.
Alkoholkonsum in Deutschland immer noch zu hoch
Deutschland ist nach wie vor ein Hochkonsumland. Hierzulande konsumieren 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 – 64 Jahren Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise (30-Tage Prävalenz): Sie trinken durchschnittlich mehr als 12 Gramm (Frauen) beziehungsweise 24 Gramm (Männer) reinen Alkohol pro Tag. Das entspricht in etwa einem beziehungsweise zwei kleinen Bier (0,3 l).
Alkohol schadet der Gesundheit
Dennoch kennen zahlreiche Menschen die gesundheitlichen Risiken, die mit Alkoholkonsum einhergehen, kaum oder gar nicht.
Auch die Flasche Bier am Abend oder das Glas Wein zum Essen schaden dem Körper. Selbst geringe Mengen Alkohol können krank machen«, erläutert der Alkoholforscher und DHS-Jahrbuch-Autor Prof. Dr. Ulrich John von der Universitätsmedizin Greifswald. »Die Lebensdauer von Menschen mit einer Erkrankung, die Alkoholkonsum zwingend voraussetzt, ist auffällig kürzer als bei anderen Menschen aus der Bevölkerung.«
Weniger Alkohol bringt Plus an Lebenszeit
Wichtig zu wissen: Jeder und jede kann selbst aktiv etwas für die eigene Gesundheit tun.
Wer wenig oder gar keinen Alkohol trinkt, fühlt sich insgesamt fitter, körperlich wie mental. Und man lebt vergleichsweise länger«, so Prof. Dr. Ulrich John.
Frauen kann der Alkoholverzicht ein durchschnittliches Plus an Lebenszeit von mindestens 16 Jahren bringen. Bei Männern sind es 10 und mehr Jahre, zeigt das DHS-Jahrbuch Sucht 2023 auf.
DHS fordert alkoholpolitische Maßnahmen für mehr Gesundheit
Um mehr Menschen ein gesundes und längeres Leben zu ermöglichen, muss sich in puncto Alkohol auf gesellschaftlicher und politischer Ebene grundlegend etwas ändern, fordern die DHS-Fachleute.
Wir brauchen einerseits einen Wandel der Einstellungen. Und andererseits auch geeignete alkoholpolitische Maßnahmen. Aus der Forschung wissen wir, dass Menschen umso mehr Alkohol konsumieren, je preiswerter, je leichter zugänglich und je attraktiver er ist. Für die Gesundheit der Bevölkerung würde es viel bringen, die Alkoholwerbung und das Sponsoring umfassend zu regulieren. Auch die aktuelle 24/7-Verfügbarkeit von Alkohol einzuschränken und Steuern auf alkoholische Getränke zu erhöhen, ist zwingend notwendig«
Jahrbuch Sucht 2023
Das DHS-Jahrbuch Sucht 2023 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) bündelt die aktuellsten Zahlen und Fakten zu Alkohol, Tabak, illegalen Drogen, Glücksspiel und weiteren drogen- und suchtbezogenen Themenstellungen:
- Rauchen nach wie vor weit verbreitet
- DHS: Tabakkontrolle und Tabakprävention weiter ausbauen
- Cannabis meistkonsumierte illegale Droge in Deutschland
- Legaler Glücksspiel-Markt: Zuwächse Sportwetten liegen bei plus 409,6 %
- Coronabedingt starke Rückgänge bei Spielbanken und Geldspielautomaten
Suchtpolitik und Suchthilfe müssen Menschen im Alltag erreichen, statt Missbrauch zu tabuisieren
Das Jahrbuch Sucht ist mit seinen aktuellen Zahlen zur Verbreitung und der Abhängigkeit von Alkohol, Tabak, Glücksspiel und illegalen Drogen in Deutschland jedes Jahr eine wichtige Quelle für uns politische Entscheidungsträger*innen. Es zeigt klar und deutlich, wo wir handeln müssen. Das Suchthilfesystem braucht unsere klare Unterstützung und Stärkung, um jenen, die suchtkrank sind, gut zu helfen.«
Dies schreibt Linda Heitmann, Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und Mitglied des Gesundheitsausschusses dazu in ihrer Medienmitteilung. Und weiter:
Besonders Alkohol und Sportwetten machen die meisten Menschen in Deutschland demnach aktuell abhängig und krank. Rund 16 Jahre weniger Lebenszeit bei Frauen und 10 Jahre bei Männern wegen starken Alkoholkonsums sind erschreckend und zeigen dessen gesundheitsschädlichen Auswirkungen. Dem wollen wir durch Aufklärung über eine gesündere Lebensweise und Prävention entgegen wirken. Gleichzeitig wollen wir für einen stärkeren Jugend- und Gesundheitsschutz Alkoholwerbung reduzieren, was von einer Mehrheit der Deutschen in aktuellen Umfragen unterstützt wird.«
Quellen: Pressemitteilung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS)
Pressemitteilung von Linda Heitmann