Deutschland zählt zu den drei führenden Bierkonsumnationen der Welt. Bier ist ein großes Geschäft im Land des Reinheitsgebots. Und so ist es keine Überraschung, dass »Big Alcohol« – die Alkohol-Produzenten und ‑Händler (unter anderem) – in Deutschland besonders aktiv sind.

Mittlerweile überrascht es auch nicht mehr, dass einige Aktivitäten der Alkoholindustrie tatsächlich illegal sind. »Big Alcohol« macht es wieder, haben deutsche Behörden ermittelt, die illegale Preisabsprachen feststellten.

Das Bundeskartellamt verhängte Bußen von über 90 Millionen Euro gegen einige von Deutschlands größten Einzelhandelsketten für illegale Preisabsprachen mit dem weltgrößten Bierbrauer Anheuser-Busch InBev (AB InBev).

Die Beamten erklärten, Supermarktketten wie Rewe, Metro, Netto und Edeka hätten mit der deutschen Tochtergesellschaft von AB InBev heimlich Preiserhöhungen für beliebte Biermarken verabredet, wie zum Beispiel Beck's, Hasseröder und Franziskaner.

Drei Jahre anhaltende illegale Aktivitäten

AB InBev und die Händler waren in einem Dreijahreszeitraum zwischen 2006 und 2009 an illegalen Preisabsprachen beteiligt. Mit dieser Vereinbarung über Bierpreise zwischen der Brauerei Anheuser Busch InBev Germany Holding GmbH, Bremen (AB InBev) und den Händlern sollte sichergestellt werden, dass die Wettbewerber ihre Preise gleichzeitig erhöhen.

Dieses langfristige, koordinierte und vorsätzliche Abkommen schaltete das – von der Alkoholindustrie so oft beschworene – Prinzip des freien Marktes erfolgreich aus, wonach Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen sollen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, erklärte in einer Pressemitteilung:

»Die betroffene Brauerei hat beim Absatz ihrer wichtigsten Biermarken mehrfach Erhöhungen der Ladenpreise mit den Händlern abgesprochen und die Einzelheiten, insbesondere die Stichtage und die Höhe der jeweiligen Preisanhebung, zwischen diesen koordiniert. Die Händler hatten die Erwartungshaltung, dass die Brauerei dafür sorgt, dass die Erhöhung gleichzeitig auch bei konkurrierenden Händlern umgesetzt wird. Leidtragende solcher systematischen Preisbindungspraktiken sind die Endverbraucher.«

Die Ermittlungen des Bundeskartellamts im Bierkartell begannen 2010 mit bundesweiten Razzien im Morgengrauen. Die sechsjährige Untersuchung war eine der zeitraubendsten Ermittlungen und ist nunmehr nahezu abgeschlossen.

Kein Bußgeld für AB InBev

Das Bundeskartellamt verhängte über folgende Firmen Bußgelder:

  • A. Kempf Getränkegroßhandel GmbH, Offenburg,
  • EDEKA Handelsgesellschaft Minden-Hannover mbH, Minden,
  • EDEKA Handelsgesellschaft Rhein-Ruhr mbH, Moers,
  • EDEKA Handelsgesellschaft Südbayern mbH, Gaimersheim,
  • EDEKA Handelsgesellschaft Südwest mbH, Offenburg,
  • EDEKA Nordbayern-Sachsen-Thüringen GmbH, Rottendorf,
  • METRO AG, Düsseldorf, und
  • NETTO Marken-Discount AG & Co. KG, Maxhütte.

Gegen AB InBev und das Handelsunternehmen REWE Zentral–Aktiengesellschaft, Köln, wurden wegen frühzeitiger und umfassender Kooperation mit dem Bundeskartellamt im Rahmen der Ermittlungen keine Bußgelder verhängt.

Illegale Preisabsprachen sind anscheinend übliche Geschäftsmethoden der Alkoholindustrie

Bereits 2014 wurde ein Fall illegaler Preisabsprachen zwischen den größten deutschen Bierproduzenten aufgedeckt. Das Bundeskartellamt verhängte Bußgelder über mehr als 106 Millionen Euro, nachdem es Beweise für die Preisabsprachen der Brauer, darunter auch AB InBev, vorlegen konnte.

Damals wurden hochrangige Topmanager der größten Bierproduzenten der Preisabsprache überführt.

Ziel der Vereinbarungen waren Bierpreiserhöhungen zum Vorteil der größten Produzenten und zum Nachteil der Händler, kleinerer Brauereien und der Konsumenten. Eine der vier wichtigsten Wirtschafts-Prioritäten von AB InBev sind sogenannte Hochpreismarken, der Trend hin zu teuren Spitzenprodukten, mit denen das Unternehmen kaufkräftige Zielgruppen ansprechen möchte. Damit starteten die Bierfirmen eines der größten Kartelle in der deutschen Geschichte, in dem das »Who is who« der Alkoholindustrie vertreten war. Zusammen kontrollieren sie fast 50% des deutschen Biermarktes.

Skandal deckt AB InBev-Heucheleien erneut auf

AB InBev hat sich selbst darauf festgelegt, in den kommenden zehn Jahren über eine Milliarde US-Dollar in ihren Märkten für geeignete Werbekampagnen zu investieren, die »gesellschaftliche Normen und das Verhalten einzelner beeinflussen«. 2015 allein betrug der bereinigte Gewinn für die Kapitaleigner 8,5 Milliarden US-Dollar, so ein Schreiben des Konzerns an seine Aktionäre.

Was auf den ersten Blick nach einer großen Investition aussieht, wird bei näherer Betrachtung zu einem Marketing-Coup – besonders im Lichte solcher illegalen Aktivitäten, in die AB InBev wiederholt verwickelt zu sein scheint.

Der Skandal enthüllt die Heuchelei von »Big Alcohol«: Während AB InBev damit angibt, seine Kunden durch Auswahl zu ertüchtigen, beuten sie sie durch ihre wiederholten ungesetzlichen Geschäftsmethoden aus und halten sie zum Narren.

Die Schlussfolgerung ist eindeutig: nur kurze Zeit nach den »Smart Drinking Goals« (à la »Trinke mit Vernunft«) fällt das sorgfältig errichtete Image zusammen und das Ganze ist nur eine weitere Farce, die sich nicht bewährt – nicht einmal gemessen an den Worten der Alkoholindustrie selbst, geschweige denn an evidenzbasierten Gesundheits- und Gesellschaftsstandards.