Nahaufnahme eines menschlichen Auges, in dessen Netzhaut sich die Google-Farben Rot, Blau, Gelb und Grün zum Buchstaben 'G' formieren.

Internetkonzerne blockieren Werbung, die Menschen mit Suchtproblemen helfen könnte. Im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) hat die Kommunikationsberatung »Feinheit AG« einen Bericht erstellt, der die Einschränkungen in der Suchmaschine von Google aufzeigt. Besonders irritierend ist, dass die Alkoholindustrie oder Casinos gegenüber Organisationen der Suchthilfe und Suchtprävention bevorzugt werden.

Stellen Sie sich vor, Sie verlieren regelmäßig Geld bei Glücksspielen im Internet. Sie können es einfach nicht lassen. Wie kommen Sie davon los? Hm, vielleicht Google fragen oder ein Video auf YouTube suchen. Aber dann: Statt auf Ratschläge stoßen Sie zuerst auf Werbung von Glücksspielanbieter*innen.

Die geschilderte Situation ist kein Fantasiegebilde, sondern kommt immer wieder vor:

Google behindert seit Jahren bezahlte Werbeanzeigen von Organisationen für Suchthilfe und Suchtprävention. Konkret ist Werbung auf bestimmte Suchbegriffe wie ›Sucht‹, ›Suchthilfe‹ oder ›süchtig‹ nicht zugelassen. Auch bezahlte Video-Kampagnen auf YouTube werden blockiert. Viele Anbieter*innen von legalen Produkten mit Suchtpotenzial können indessen ungehindert Werbung auf Wörter wie ›Casino‹ oder ›Alkohol‹ schalten.«
Moritz Friess, Kommunikationsberater, laut Feinheit

Gesundheitsschädliche Industrien werben ungehindert

Viele Anbieter*innen von legalen Produkten mit Suchtpotenzial können jedoch ungehindert werben. Das Blockieren von bezahlter Werbung zum Thema Sucht hat »Feinheit« beim Online-Marketing für Projekte verschiedener Fachorganisationen erlebt. Unter anderem:

  • Suchmaschinenoptimierung für die Beratungsplattform SafeZone.ch
  • Ja-Kampagne für die Volksinitiative »Kinder ohne Tabak«
  • Nationale Präventionskampagne zum Thema Glücksspielsucht

Neben Google Ads waren auch Anzeigen in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und TikTok betroffen. Feinheit-Partner Moritz Friess war an mehreren Projekten beteiligt:

Was mich störte, war, dass die Einschränkungen unklar und willkürlich waren. Außerdem war das Problem nur wenigen Fachleuten bekannt und konnte nicht koordiniert angegangen werden.«
Moritz Friess, Kommunikationsberater, laut Feinheit

Friess machte deshalb über die Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik (NAS) das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf das Problem aufmerksam. Und das mit Erfolg! Das BAG beauftragte »Feinheit«, einen ausführlichen und leicht verständlichen Bericht über Google Ads im Bereich Suchthilfe und Suchtprävention zu erstellen. Das BAG hat sich dabei zwei Ziele gesetzt:

  1. Wissen über die aktuelle Situation aufzubauen und
  2. möglichst konkrete Empfehlungen zu formulieren.

Was steht nun im Bericht?

Mit diesem Bericht wird erstmals dokumentiert und verbreitet, was bisher nur vereinzelt Fachleuten aus Suchthilfe und Kommunikation bekannt war. So zeichnet der Bericht nach, wie es zu den Einschränkungen von Google kommen konnte (Opioid-Krise in den USA), welche Bedeutung sie für die Suchthilfe und Suchtprävention haben (fehlendes Puzzleteil im Medienmix) und wie die Fachorganisationen derzeit damit umgehen (von Umgehung über Suchmaschinenoptimierung bis hin zu Vermeidung). Um diese Informationen zusammenzutragen, führte »Feinheit« Literaturrecherchen durch und sprach mit Fachpersonen aus verschiedenen Organisationen.

Der Bericht kommt zu dem Schluss: Der Status quo ist nicht haltbar. Darüber hinaus finden sich Empfehlungen zur Suchthilfe und Suchtprävention durch Suchmaschinen. Dabei handelt es sich einerseits um Hinweise für Fachorganisationen, andererseits um Forderungen, die sich direkt an Google richten. Für Friess ist klar:

Ideal wäre es, wenn das BAG nun mit Google ins Gespräch käme, um eine nationale Lösung zu finden. Die Fachorganisationen allein können gegenüber dem Internetgiganten kaum etwas ausrichten.«

Generell ist es aus Sicht der Agentur unerlässlich, die Regeln der großen Technologiekonzerne wie Google, Meta (Facebook und Instagram) oder ByteDance (TikTok) zu beobachten und kritisch zu hinterfragen. Daran sollten auch die Behörden ein Interesse haben, denn im digitalen Zeitalter können solche Regeln immense gesellschaftliche Auswirkungen haben.

Quelle: Newsletter Dezember 2023 von InfoDrog