Klaus Wowereit macht es sich gemütlich. Die Limousine des wiedergewählten Bürgermeisters hat genügend Beinfreiheit. Der Nebensitz ist frei und niemand drängelt oder drückt ihm einen Rucksack ins Gesicht. Da kann er sich dann ganz liberal geben und verlauten lassen, dass der Konsum alkoholischer Getränke in der BVG nicht verboten werde. Warum auch? Er hat mit der Situation kein Problem.

Ich sitze in der S-Bahn vom Hauptbahnhof zur Friedrichstraße und freue mich schon darauf, auszusteigen. Denn den Geruch aus der Weinflasche meines Nebenmannes am frühen Morgen zu ertragen, macht mir wirklich Mühe. Und auch die leere Bierdose, die sich, je nachdem ob der Fahrer bremst oder Gas gibt, im Gang hin und her bewegt, trägt nicht zu meiner Ausgeglichenheit bei.

Warum muss eigentlich in der U-, S- oder Straßenbahn Alkohol getrunken werden? Bezahle ich meinen Fahrschein, um von A nach B transportiert zu werden, oder bezahle ich damit auch das Recht, meine Mahlzeiten in der Bahn einzunehmen? Doch jetzt der Reihe nach: Niemand hat grundsätzlich etwas dagegen, wenn die Menschen im Nahverkehr ihr Butterbrot essen, weil sie es zu Hause nicht mehr geschafft haben. Und vom Kaffee zum Mitnehmen leben inzwischen die meisten Kioske an den Haltestellen. Warum ist es mit dem Alkohol etwas Anderes? Warum fordert die große Mehrheit der Nutzer des Öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV), dass dieser alkoholfrei sein sollte? Weil sie es leid sind, weiter die damit verbundenen Nebenwirkungen zu ertragen. Sie wollen nicht lautstark angepöbelt werden, sie wollen nicht Augen- und Ohrenzeugen zumeist dummen, dafür aber lautstarken Geschwätzes sein. Und sie wollen sich überall in Bus und Bahn bewegen können, ohne auf herumliegende Flaschen und Dosen achten zu müssen, aus denen dann noch der Rest des Getränkes ausläuft.

Es geht nicht um die Frage: Alkohol – ja oder nein? Es geht auch nicht um die Frage: Alkohol verbieten – ja oder nein? Es geht darum, dass die Fahrzeuge sauber sind, es geht darum, dass sich Fahrerinnen und Fahrer auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können, und sich nicht um das Verhalten der Kunden kümmern müssen. Es geht um ein besseres Miteinander. Und mal ganz ehrlich: Wer seine Flasche Bier »zum Abdampfen« schon im Zug und nicht in Ruhe zu Hause trinken muss, der hat Beratungsbedarf.

Einigen wir uns doch darauf: Es gibt Lebensbereiche, in denen Alkohol nichts zu suchen hat: Punkt-Nüchternheit. Dazu gehört der Straßenverkehr. Jeder, der ein Fahrzeug führt, gefährdet mit nur wenig Alkohol sich und seine Mitbürger. Schön wäre es, wenn sich auch der ÖPNV zu einem alkoholfreien Bereich entwickeln würde – die Nutzer möchten es so und werden dankbar sein.

Rolf Hüllinghorst
Bielefeld