Autor*innen: Prof. Dr. Helmut Seitz und Ingrid Thoms-Hoffmann
Verlag: Kösel, 2018, 19,90 €
Als ich den Namen eines der Autoren las, da wusste ich, dass ich ein Buch vor mir habe, welches auf dem neuesten Stand der Wissenschaft ist, welches alle Fakten zum Thema Alkohol vorstellen wird, die heute auf der Welt verfügbar sind. Dafür steht Prof. Dr. Helmut Seitz, ein engagierter Arzt, überzeugter und überzeugender Wissenschaftler und Krebsforscher.
Über die Erforschung der Krebserkrankungen kam er zur Alkoholforschung. Er weist immer wieder, auch als Mitglied des Wissenschaftlichen Kuratoriums der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), darauf hin, dass Alkoholkonsum einer der Hauptgründe für eine Krebserkrankung ist. Er ist es, der über Expertise in der Behandlung und entsprechendes Wissen verfügt.
Mit dieser international anerkannten Beschreibung des Alkoholkonsums als Hauptursache für Krebs – aber auch viele andere Erkrankungen - war die Basis für sein Eintreten für weniger Alkoholkonsum gelegt. Die »risikoarmen« Trinkmengen wurden immer wieder reduziert, da es keine gesundheitlich unbedenkliche Untergrenzen gibt.
Diese Kausalkette wird im Buch konsequent dargestellt und es dürfte keinen Leser oder keine Leserin geben, die das Buch ohne die Erkenntnis zur Seite legt, das eigene Trinkverhalten zu reflektieren.
Doch es geht dem Autorenteam nicht in erster Linie darum, das persönliche Trinkverhalten zu hinterfragen, sondern auch um die Frage, wie politisch mit dem zu hohen Alkoholkonsum umgegangen werden sollte. »Genau das scheint das Riesenproblem zu sein«, so schreiben die Autoren,
»dass die Politiker nicht wissen, wie gefährlich Alkohol ist. Sie wollen es schlicht nicht wahrhaben.«
Denn neben der persönlichen Reduzierung geht es um die gesellschaftlichen Konsequenzen. Alkohol in Deutschland verursacht Schäden in einer Höhe, die seinen wirtschaftlichen Nutzen bei weitem überschreitet.
Internationale Erfahrungen zeigen, dass die Höhe der Schäden durch einfache Maßnahmen reduziert werden können: Preiserhöhungen; Werbeeinschränkungen, Erhöhung der Altersgrenzen, Senkung der Promillegrenzen im Straßenverkehr, um nur einige Maßnahmevorschläge zu zitieren.
Wenn Helmut Seitz die Fakten im Buch zu verdanken sind, so schafft es die Autorin Ingrid Thoms-Hoffmann immer wieder, dass das Buch nicht als rein wissenschaftlich oder gar dogmatisch daherkommt, sondern dass man es sehr gut lesen kann, dass man sich auf die Argumentation einlassen kann und merkt, dass sie immer an ihre Leserinnen und Leser denkt.
Dieses Buch müsste eine Pflichtlektüre für Politikerinnen und Politiker – zumindest aber für ihre Zuarbeiter – sein. Auch die Funktionäre der Sozialversicherungsträger würden neue Einsichten gewinnen. Vor allen Dingen aber auch Ärztinnen und Ärzte. Alkoholabhängigkeit ist sowohl in den medizinischen Klassifikationssystemen beschrieben als auch durch die Renten- und Krankenversicherung als Pflichtleistung anerkannt. Wenn wir die Inhalte des Buches »Alkohol ist für jeden in jeder Menge gefährlich« und »Alkoholfolgeschäden sind, bei frühem Reagieren durch den Arzt, gut behandelbar« zur Kenntnis nehmen, dann gibt es ein Arbeitsfeld, um dass sich insbesondere die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte für ihre Patientinnen und Patienten engagieren sollten.
Wissensbasis, Nachschlagewerk und spannend geschriebenes Buch – hoffen wir, dass es eine Chance bekommt, diese Funktionen als wichtiger Begleiter für möglichst viele Menschen zu erfüllen.
Rolf Hüllinghorst
Bielefeld
Rolf Hüllinghorst war bis zu seinem Ruhestand 19 Jahre Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS).