Hand, die ein Holzkreuz zur Steuerung einer Marionette hält

»Uncorking Big Alcohol in the EU« – Eine Bestandsaufnahme der europäischen Alkoholindustrie und ihrer Lobbyarbeit gegen die öffentliche Gesundheit in den EU-Institutionen. Der neue Bericht zeigt, dass sich die EU-Kommission zur Alkoholpolitik 19 Mal häufiger mit der Alkoholindustrie als mit der Zivilgesellschaft trifft.

In einem neuen Bericht, der von IOGT-NTO und Movendi International veröffentlicht wurde, wird die Alkoholindustrie in der EU dargestellt und beschrieben. Er zeigt auf, dass die Alkoholindustrie einen großen Lobbyapparat unterhält, um die EU-Institutionen und politischen Prozesse zu manipulieren und zu beeinflussen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Alkoholindustrie zwischen 2014 und 2022 270 Mal mit der EU-Kommission zusammengetroffen ist, während letztere sich nur 14 Mal mit der Zivilgesellschaft getroffen hat.

Die Ergebnisse sind alarmierend, aber zu erwarten«, sagt Emil Juslin, European Policy Officer bei IOGT-NTO. »Die Alkoholindustrie wird immer noch unkritisch zu Beratungen über die öffentliche Gesundheitspolitik eingeladen, obwohl sie einen inhärenten Interessenkonflikt hat, da sie von einem Produkt profitiert, das den Menschen in Europa erheblichen Schaden zufügt.«

Der Bericht mit dem Titel »Die Alkoholindustrie in der EU entkorken« beschreibt und erörtert die Praktiken der Alkoholindustrie in der EU-Politik. Er beschreibt eine Industrie, die jede Gelegenheit nutzt, um Gesundheitsbotschaften zu verwässern und Fortschritte bei einer wirksamen Gesundheitspolitik zu untergraben oder zu verzögern.

Die Ergebnisse ähneln sehr dem Vorgehen der Industrie auf nationaler Ebene und auch dem der Tabakindustrie. Das zeigt auch, warum die Alkoholindustrie in der Gesundheitspolitik nicht konsultiert werden sollte. Die Tabakindustrie zu einer Diskussion über die öffentliche Gesundheitspolitik einzuladen, würde heute als absurd angesehen werden. Leider wird die Alkoholindustrie immer noch nicht mit demselben kritischen Blick betrachtet«, so Juslin.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die starke Präsenz der Industrie die europäische Gesundheitspolitik sehr wahrscheinlich zugunsten kommerzieller Interessen von Gesundheitszielen ablenkt.

Die Unternehmen haben einfach mehr Ressourcen, um Lobbyarbeit zu betreiben, da sie dies als eine lohnende Investition betrachten, die sich auszahlt, wenn sich eine Politik als erfolgreich erweist.
Die Organisationen der Zivilgesellschaft sind bereits unterfinanziert, und es ist daher sehr schwer, mit den Lobbyanstrengungen der Industrie mitzuhalten. Das ist ein ernsthaftes Risiko, wenn diese Situation ungelöst bleibt, da kommerzielle Randgruppeninteressen eine stärkere Stimme bekommen als die Stimme für das Wohlergehen der Menschen«, erklärt Juslin in einer Pressemitteilung von IOGT-NTO.

Die wichtigsten Fakten

270

Treffen der Lobby der Alkoholindustrie mit hochrangigen EU-Beamt*innen

Die Alkoholindustrie traf zwischen 2014 und 2022 270 Mal mit hochrangigen Beamt*innen der EU-Kommission zusammen.

  • Die Alkoholindustrie traf zwischen 2014 und 2022 270 Mal mit hochrangigen Beamten der EU-Kommission zusammen. Im gleichen Zeitraum fanden nur 14 Treffen mit der Zivilgesellschaft statt.
  • Die Alkoholindustrie schätzt, dass sie jedes Jahr über 9 Millionen Euro für die EU-Lobbyarbeit ausgibt.
  • Schätzungen zufolge verfügt die Alkoholindustrie über das Äquivalent von 95 Vollzeit-Lobbyist*innen, die bei den EU-Institutionen Lobbyarbeit leisten. Demgegenüber stehen 14,5 von Nichtregierungsorganisationen des öffentlichen Gesundheitswesens.
  • Die Beobachtung der Lobbystrategien der Industrie zeigt, dass die Alkoholindustrie darauf abzielt, Raum in politischen Debatten einzunehmen, den Fokus von Gesundheitsfragen abzulenken und wissenschaftliche und evidenzbasierte politische Lösungen zu untergraben.

Das Lobby-Glück in Brüssel

Titelseite von 'Uncorking Big Alcohol in the EU'

Aufgrund der Bedeutung der europäischen Märkte für den Verkauf alkoholischer Produkte ist die Europäische Union zu einem zentralen Schauplatz für die Lobbyarbeit der Alkoholindustrie geworden. Durch zahlreiche und unterschiedliche Arten von Lobby- und anderen Tarngruppen greifen die Alkoholkonzerne in die Entwicklung alkoholpolitischer Lösungen ein und beeinflussen die Ergebnisse politischer Prozesse zugunsten ihrer privaten Profitinteressen und nicht zugunsten der Gesundheit und des Wohlergehens der in der Europäischen Union lebenden Menschen.

Die Einmischung der Lobby der Alkoholindustrie zielt sowohl auf die Politik auf EU-Ebene als auch auf die Alkoholgesetze und ‑vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten ab.

Durch stark finanzierte Lobbyarbeit auf EU-Ebene arbeiten die Alkoholkonzerne und ihre Tarnorganisationen aktiv daran, politische Lösungen zu untergraben, die das öffentliche Interesse fördern und schützen, wie beispielsweise Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit, der nachhaltigen Landwirtschaft und der Verbraucherinformation.

Die Analyse der Präsenz der Alkohol-Lobby in der EU-Arena zeigt, dass die engstirnigen Interessen der Alkoholkonzerne die politischen Diskussionen zum Nachteil des öffentlichen Interesses dominieren, das in den Hintergrund gerät«, sagt Kristína Šperková, internationale Präsidentin von Movendi International.
»Der Bericht verdeutlicht das Versagen der EU-Institutionen und der politischen Entscheidungsträger*innen, die öffentliche Politik vor der Einmischung von Sonderinteressen zu schützen.
Die Alkoholindustrie hat viel mehr Möglichkeiten, ihre Interessen durchzusetzen und hochrangige EU-Beamt*innen zu beeinflussen. Dies verzerrt jedoch die Anerkennung des Ausmaßes und des Umfangs des Schadens, der durch ihre Produkte und Praktiken verursacht wird.«

Die Alkoholindustrie ist bestrebt, in der alkoholpolitischen Debatte so viel Raum wie möglich einzunehmen und die Agenda zu bestimmen, was und wie diskutiert wird. In ihrem Diskurs gegen die Bedenken der öffentlichen Gesundheit in Bezug auf Alkohol setzt sie weiche Taktiken ein, wie zum Beispiel das Schüren von Zweifeln an bestehenden Forschungsergebnissen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, die Behauptung, dass spezifische Bemühungen zur Reduzierung von Alkoholschäden unverhältnismäßig sind, oder den Versuch, die Debatte von den schädlichen Auswirkungen des Alkohols abzulenken. Trotz eines offensichtlichen Interessenkonflikts aufgrund ihrer Profitinteressen wird die Industrie immer noch zu Fragen der öffentlichen Gesundheit konsultiert. Die Alkoholindustrie hat einen realen Einfluss auf die Alkoholpolitik in der EU, was lange Zeit ein massives Hindernis für eine wirksame europäische Alkoholpolitik war und ist.

Movendi International und IOGT-NTO beobachten und dokumentieren die Lobbypraktiken von Alkoholkonzernen in Brüssel, dem Zentrum der EU-Politikgestaltung, sowie in den EU-Mitgliedstaaten. Eine Ressourcenseite und eine Datenbank mit mehr als 200 Artikeln enthüllen seit 2004 die unethischen Lobbypraktiken in der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten.

Diese Datenbank ergänzt den Bericht und veranschaulicht die Ergebnisse des Berichts, indem sie konkrete Fälle der Einmischung der Alkoholindustrie sowohl auf EU-Ebene als auch in den EU-Mitgliedstaaten aufzeigt.

Auf EU-Ebene enthält die Datenbank zum Beispiel Fälle, in denen die Alkoholindustrie gegen Warnhinweise auf Alkohol und die EU-Strategie für gesunde Ernährung vorgeht.

EU: Alkoholindustrie lobbyiert gegen Alkohol-Gesund­heits­warnungen

Silhouette eines Mannes vor Bürofenster

Die Europäische Union (EU) überlegt, welche Gesundheitswarnhinweise auf Alkoholprodukten angebracht werden sollen, und folgt damit der Anweisung des EU-Krebsbekämpfungsplans. Die Alkoholindustrie hat einen aggressiven Kampf gegen die Kennzeichnung begonnen, indem sie wissenschaftliche Erkenntnisse vernebelt und ihre eigenen Initiativen zur sozialen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) gegen diese nachweislich wirksame Maßnahme der öffentlichen Gesundheit einsetzt.

European Union: Healthy Food Strategy Hijacked by Big Alcohol

Händedruck im Dunkeln

Recently the European Parliament's Environment and Health Committee blatantly disregarded scientific evidence on the harm caused by alcohol products, when the committee voted in favor of wine to be included in the 'Farm to Fork' healthy food strategy.

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Und auf Länderebene liefert die Datenbank Beispiele für verschiedene Lobbystrategien und Argumente, die von der Alkoholindustrie eingesetzt werden, um bestehende und gut funktionierende alkoholpolitische Systeme in Schweden, Finnland und Litauen zu unterminieren; um die Bemühungen um eine Weiterentwicklung der Alkoholpolitik in den Niederlanden zum Scheitern zu bringen; um auf schädliche Maßnahmen wie die Senkung der Biersteuer in Deutschland zu drängen; und Beispiele von Ländern, in denen die Alkoholindustrie demokratische Institutionen gekapert hat und sabotiert, dass diese dem öffentlichen Interesse entsprechen, wie in Frankreich und Großbritannien.

Bundesregierung treibt Plan zur Senkung der Biersteuer voran

Nachdenklicher Mann auf Couch

Inmitten steigender Alkoholprobleme mit der anhaltenden COVID-19-Krise plant die deutsche Regierung, die Biersteuer für ein ganzes Jahr zu senken.

Die Regierung erwägt, die Biersteuer für Brauereien im kleinen bis mittleren Bereich für ein ganzes Jahr vom 1. Januar 2021 bis zum 1. Januar 2022 zu senken. Rund 1460 Brauereien werden niedrigere Steuern zahlen, wenn der Plan durchkommt.

Neuer Bericht enthüllt beispiellosen Einfluss der Alkoholindustrie auf den französischen Präsidenten Macron

Elysee-Palast

Addictions France Association hat den fünften Bericht veröffentlicht, der die unethischen Praktiken der Alkoholindustrie in Frankreich aufdeckt. Der Bericht untersucht die Aktionen der französischen Alkohollobby von 2017 bis 2021, also während der ersten fünfjährigen Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron. Der Bericht zeigt, dass seine erste Amtszeit von einem beispiellosen Einfluss der Alkoholindustrie auf die öffentliche Gesundheitspolitik geprägt war. Ein Artikel von Le Monde enthüllt das Ausmaß, in dem die Lobby der Alkoholindustrie die französische Regierung infiltriert hat.

Der Alcohol Issues Podcast enthält auch Episoden, die konkrete Beispiele für die Einmischung der Alkoholindustrie aufzeigen, wie zum Beispiel »Der Angriff der Alkoholindustrie auf den EU-Krebsbekämpfungsplan« und »Wie die Alkoholindustrie die Bemühungen um Alkoholprävention in den Niederlanden zunichte macht«.

Big Alcohol’s Attack on the EU’s Beating Cancer Plan

Titelbild des Podcasts

The products and practices of the alcohol industry cause a massive burden of harm.

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How Big Alcohol Derails Alcohol Prevention Efforts in the Netherlands

Titelbild des Podcasts

In the Netherlands alcohol industry lobbyists have a seat at the alcohol policy table.

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Gemeinsam mit IOGT-NTO überwacht, dokumentiert, entlarvt und bekämpft Movendi International die unethischen Praktiken der Alkoholindustrie.

Sie beschreiben die Strategien, die Alkoholkonzerne und ihre Tarnorganisationen anwenden, um das Verständnis der Menschen für alkoholbedingte Schäden und deren Ursachen zu prägen, um die Erwartungen und Assoziationen der Menschen in Bezug auf Alkoholprodukte zu beeinflussen und um die Rolle zu fördern, die Alkohol im Leben der Menschen und in der Gesellschaft spielen sollte. Der durchdringende Einfluss der Strategien der Alkoholindustrie auf alle Aspekte der Gesellschaft und des Lebens der Menschen lässt sich anhand der fünf fragwürdigen Taktiken veranschaulichen.

Fünf dubiose Taktiken

  1. POLITISCHE EINMISCHUNG: Aktivitäten der Alkoholindustrie zur Beseitigung aller alkoholpolitischen Bemühungen, die den Absatz und die Gewinne gefährden.
  2. PROMOTION: Aktivitäten der Alkoholindustrie zur Förderung der Verfügbarkeit von Alkohol (vier Dimensionen), zur Aufrechterhaltung der Alkoholnorm und zur Normalisierung von Alkohol in allen Lebensbereichen.
  3. SABOTAGE: Aktivitäten der Alkoholindustrie, die darauf abzielen, die Gesetze und Institutionen der Gesellschaft zu umgehen, zu verletzen und/oder zu untergraben; und Taktiken der Alkoholindustrie, die darauf abzielen, öffentliche Institutionen daran zu hindern, im Sinne des öffentlichen Interesses zu arbeiten beziehungsweise zu reagieren.
  4. MANIPULATION: Aktivität der Alkoholindustrie zur Kontrolle, zum Schutz und zur Pflege ihres Images (Markenwert).
  5. TÄUSCHUNG: Alles, was die Alkoholindustrie tut, um zu verhindern, dass die Öffentlichkeit die tatsächlichen Auswirkungen von Alkohol erkennt.
Die Produkte und Praktiken der Alkoholkonzerne fügen den Menschen und Gesellschaften in Europa schweren Schaden zu«, erklärt Kristína Šperková, internationale Präsidentin von Movendi International.
»Der Bericht zeigt, wie nahe die EU-Beamt*innen den Interessen der Alkoholkonzerne stehen und wie weit sie von den Interessen der Menschen und Gemeinschaften in der EU entfernt sind. Deshalb ist dies ein Weckruf. Europa ist mit der größten Alkoholbelastung der Welt konfrontiert, und dennoch darf die Alkoholindustrie in Brüssel die Flure unsicher machen. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel: einen neuen Fokus auf das Menschenrecht auf Gesundheit und Sicherheit und die Verantwortung der Regierungen und EU-Institutionen, die Menschen vor den Schäden zu schützen, die von den Alkoholunternehmen verursacht werden.«

Quelle: MOVENDI International

Übersetzt mit www.DeepL.com